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Fahrtauglichkeit: EU plant Führerschein-Check für Ältere


Debatte über den "Führerschein-TÜV" ab 70

Von t-online, ccn

Aktualisiert am 26.04.2023Lesedauer: 5 Min.
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Ältere Dame im Auto: Die EU plant weitreichende Veränderungen für Senioren am Steuer. (Quelle: IMAGO/Ok Shu)
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Geht es nach der EU-Kommission, müssen ältere Autofahrer bald regelmäßig ihre Fahrtauglichkeit prüfen lassen. Die Pläne haben eine Diskussion befeuert.

In ihrer neuen Führerschein-Richtlinie plant die EU-Kommission Gravierendes: Autofahrer über 70 müssten alle fünf Jahre oder sogar häufiger ihre Fahrtauglichkeit unter Beweis stellen – sofern dieser Entwurf umgesetzt wird.

Dahinter steckt das Ziel, dass es in der EU bis zum Jahr 2050 keine Verkehrstoten mehr gibt. Schon bis 2030 soll die aktuelle Zahl der Opfer (europaweit 20.600 im Jahr) um die Hälfte sinken.

Doch der Vorschlag der Kommission enthält noch mehr Einschränkungen: Führerscheine könnten dann nur noch zeitlich befristet gelten. Für Zweiräder, Autos und Transporter (Klassen AM, A1, A2, A, B, B1 und BE) wären das 15 Jahre, Bus- und Lkw-Fahrer müssten nach fünf Jahren ihre Fahrerlaubnis verlängern.

Was bedeuten die Pläne für ältere Autofahrer? Hier sind die Antworten auf die wichtigsten Fragen:

Wie soll eine solche Überprüfung genau aussehen?

Ungewiss. Die Richtlinie will zwar europaweit vereinheitlichen, dass es Überprüfungen gibt (in einigen Ländern sind diese schon üblich) – aber über das Wie soll jedes EU-Land selbst entscheiden können. Möglich ist beispielsweise, dass betroffene Autofahrer einfach nur versichern müssen, dass Sie noch am Straßenverkehr teilnehmen können. Aber auch Gesundheitsüberprüfungen, Auffrischungskurse oder eine Fahrprüfung sind denkbar.

Dass es bald verpflichtende Tests für Senioren in Deutschland geben wird, ist unwahrscheinlich: Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) hatte sich bereits dagegen ausgesprochen. Er hatte der "Bild am Sonntag" gesagt: "Von der Idee, dass sich Senioren ab einem bestimmten Alter ohne weiteren Anlass regelmäßig einem Tauglichkeitstest unterziehen müssen, halte ich gar nichts."

Eine Sprecherin des Ministeriums sagte, Deutschland sei der Ansicht, dass Gesundheitsuntersuchungen bei Pkw- und Motorradfahrern nur anlassbezogen, also bei Vorliegen von konkreten Anhaltspunkten für körperliche oder geistige Fahreignungsmängel, erfolgen sollten. Dies gelte auch für Senioren.

Wie stehen die Menschen zu einer solchen Fahrtauglichkeitsüberprüfung?

Einer "AutoScout24"-Umfrage aus dem Jahr 2021 zufolge befürworten satte 86 Prozent, dass die Fahrtauglichkeit von älteren Menschen hin und wieder überprüft werden müsste. Über 65-Jährige wurden dabei allerdings nicht befragt.

Bei den Lesern von t-online waren die Reaktionen zwiegespalten:

Fahrtauglichkeitsüberprüfungen in Deutschland – was ist die aktuelle Lage?

Seit dem 19. Januar 2013 gibt es im Deutschland eine neue Führerscheinrichtlinie. Danach sind alle Führerscheine, die nach dem 19. Januar 2013 ausgestellt wurden, nur noch 15 Jahre gültig. Nach Ablauf dieser Frist müssen sie erneuert werden. Doch mit der Erneuerung ist keine ärztliche Untersuchung verbunden. Die Fahrerlaubnis gilt so gesehen auf Lebenszeit.

Eine Ausnahme gibt es: Kommt es zu schweren Unfällen oder Auffälligkeiten im Straßenverkehr, kann ein Gericht einen Gutachter bestellen, der die Tauglichkeit untersucht. In solchen Fällen können die Behörden auch den Führerschein entziehen.

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Auffrischung: Viele Fahrschulen und Verkehrsclubs bieten spezielle Kurse für erfahrene Autofahrer an. (Quelle: imago stock&people)

"Senioren-TÜV" – gibt es das schon in anderen Ländern?

Ja, bereits in einigen EU-Ländern ist das die Regel: so etwa in Dänemark (ärztliches Attest ab 75 zur Verlängerung der Fahrerlaubnis, ab 80 jährliche Neubeantragung), Spanien (alle fünf Jahre eine medizinische Untersuchung ab 65) oder Italien (ab 50 Jahren Verlängerung des Führerscheins alle fünf Jahre, über 70 alle drei Jahre und ab 80 alle zwei Jahre, inklusive Gesundheitscheck).

Aber auch in Großbritannien (alle drei Jahre Verlängerung der Fahrerlaubnis mit Auflistung aller medizinischen Probleme) oder in der Schweiz (Kontrolluntersuchung für Fahrer ab 70) wollen die Behörden genau wissen, wie es um die älteren Autofahrer steht.

Was sagen die Verkehrsclubs?

Der ADAC lehnt die Knüpfung der Fahrerlaubnis an regelmäßige Untersuchungen ab. "Was sollte dabei geprüft werden? Hör- und Sehtests würden nicht ausreichen", sagte der Leiter der juristischen Zentrale beim ADAC, Markus Schäpe, im Januar. Es müssten weitere Eigenschaften wie Konzentrationsvermögen oder Reaktionsgeschwindigkeit komplex untersucht werden. Zudem seien etwa in Italien Senioren nicht weniger an Unfällen beteiligt als in Deutschland. Hinzu kommt laut einer Sprecherin, dass ein positives Testergebnis dazu verleiten kann, die eigenen Fähigkeiten weit über den Testzeitpunkt hinaus zu überschätzen. Der ADAC empfiehlt daher, sich freiwillig regelmäßig ärztlich untersuchen zu lassen, vor allem das Sehvermögen.

Im Januar wurde auf dem Verkehrsgerichtstag darüber diskutiert, ob es eine Meldepflicht von fahrungeeigneten Personen durch Ärzte geben solle. Wenn ein Arzt also das Gefühl hat, sein Patient könnte aufgrund seiner Gesundheit nicht mehr in der Lage sein, Auto zu fahren, müsste er dies an die Fahrerlaubnisbehörden melden. Der Automobilclub von Deutschland (AvD) lehnt eine Änderung der bisherigen Rechtspraxis entschieden ab, befürwortet allerdings die Förderung regelmäßiger freiwilliger Seh- und Reaktionstests oder auch Pkw-Sicherheitstrainings. Deren Ergebnisse müssten aber vertraulich bleiben.

Wie sicher oder unsicher fahren ältere Menschen?

Hier beeinflussen mehrere Faktoren das Gesamtbild: Gemessen am Anteil von Menschen über 65 Jahren an der Gesamtbevölkerung (22,1 Prozent) ist deren Schuld an Unfällen mit Personenschaden gering, nämlich 17,4 Prozent, schreibt der ADAC. "Ältere Menschen haben damit im Vergleich zu ihrem Bevölkerungsanteil eine unterproportionale Unfallbeteiligung. Generell kann man sogar feststellen, dass ältere Menschen im Straßenverkehr eher gefährdet sind, als dass sie eine Gefahr darstellen", heißt es vom Deutschen Verkehrssicherheitsrat.

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Zwar lassen mit fortschreitendem Alter Seh- und Hörfähigkeit nach, auch Konzentrationsfähigkeit, Beweglichkeit und Kraft nehmen ab. Doch das gleichen Senioren dadurch aus, dass sie erstens seltener, zweitens aber auch besonnener und drittens mit viel Erfahrung im Auto unterwegs sind.

Fahrleistungsbezogen ist das Unfallrisiko höher

Doch die Statistiken zeigen auch: Wenn Menschen über 65 an einem Unfall beteiligt sind, tragen sie in 68,2 Prozent, also mehr als zwei Dritteln der Fälle die Hauptschuld, bei den über 75-Jährigen sind es sogar 75,9 Prozent, schreibt "Auto Motor und Sport". Fahrleistungsbezogen sei das Unfallrisiko laut Deutscher Verkehrswacht darum sogar höher als bei den Jungen. Außerdem seien die Unfallfolgen schlimmer, da die körperliche Widerstandskraft nachlasse.

Siegfried Brockmann, Leiter der Unfallforschung der Versicherer, schlägt eine verpflichtende "Rückmeldefahrt" ab 75 Jahren vor. Dies sei eine Fahrstunde zum Beispiel bei einem Fahrlehrer. Die Senioren bekämen eine Rückmeldung über die Fahrt und eine Empfehlung, welche Strecken sie besser nicht mehr fahren sollten. Die Fahrerlaubnis bleibe aber in jedem Fall bestehen. Auch die Deutsche Verkehrswacht ist für obligatorische Rückmeldefahrten ab einem Alter von 75 Jahren, wie ein Sprecher sagte.

Wie erkennt man, dass man nicht mehr fahrtauglich ist?

Gewissheit kann Ihnen eine sogenannte Rückmeldefahrt geben, die Verkehrsclubs und Fahrschulen anbieten. Hier analysiert ein Experte ganz genau, wo es Defizite gibt. Ein negatives Ergebnis führt nicht dazu, dass der Führerschein entzogen wird.

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Noch einfacher und obendrein kostenfrei ist der Schnell-Check, den die Alzheimer Forschung Initiative e.V. entwickelt hat. Damit können sich Ältere selbst auf Warnsignale kontrollieren. Dazu müssen Sie nur zehn Fragen beantworten. Seien Sie dabei aber ehrlich zu sich selbst.

  1. Verlieren Sie beim Fahren manchmal die Orientierung?
  2. Haben Sie Schwierigkeiten, andere Verkehrsteilnehmer, Ampeln oder Verkehrszeichen zu erkennen und rechtzeitig darauf zu reagieren?
  3. Haben Sie Probleme, das Gas-, Kupplungs- oder Bremspedal zu betätigen?
  4. Hören Sie Motorengeräusche, Schaltung oder Signale anderer Verkehrsteilnehmer (manchmal) spät oder schlecht?
  5. Finden Sie es schwierig, den Kopf zu drehen und über Ihre Schulter zu blicken?
  6. Werden Sie im dichten Verkehr oder auf unbekannten Straßen nervös?
  7. Hupen andere Autofahrer häufig wegen Ihres Fahrverhaltens?
  8. Verursachen Sie in letzter Zeit häufiger kleinere oder "Beinahe"-Unfälle?
  9. Fühlen Sie sich beim Fahren unsicher?
  10. Werden Sie schläfrig oder wird Ihnen schwindelig, nachdem Sie Ihre Medikamente eingenommen haben?

Wenn Sie mindestens eine der Fragen mit "Ja" beantwortet haben, sollten Sie einen Arzt aufsuchen. Er kann prüfen, ob Ihre Schwierigkeit am Steuer mit Ihrem Befinden zusammenhängt, und Sie bei weiteren Schritten beraten.

Wenn Sie sich selbst beim Fahren nicht mehr sicher fühlen, können Sie den Führerschein auch freiwillig abgeben.

Verwendete Quellen
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