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Studie: Eignungstest für ältere Autofahrer senkt Zahl der Unfälle


Studie zu Autofahren im Alter
Pflicht-Eignungstest für Ältere senkt Zahl der Unfälle

Von dpa, nsa

Aktualisiert am 29.01.2023Lesedauer: 4 Min.
Älterer AutofahrerVergrößern des BildesÄlterer Autofahrer: Sind Senioren die besseren oder schlechteren Fahrer? (Quelle: Wolfram Kastl/dpa-bilder)
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Immer wieder werden verpflichtende Eignungstests für ältere Autofahrer diskutiert. Dass sie tatsächlich zu mehr Sicherheit im Verkehr beitragen können, zeigt nun eine Studie.

Die Zahl älterer Autofahrer in Deutschland steigt stetig. Laut Angaben des Kraftfahrt-Bundesamts gab es im Jahr 2022 insgesamt knapp 45 Millionen Führerscheinbesitzer. Rund 10,5 Millionen von ihnen waren älter als 65 Jahre.

Doch auch wenn Ältere häufig auf eine lange Fahrpraxis zurückblicken, gelten sie vielen anderen Verkehrsteilnehmer als Gefahr im Straßenverkehr. Können verpflichtende Fahreignungstests für ältere Menschen tatsächlich Abhilfe schaffen? Eine Untersuchung aus Japan liefert dazu nun neue Erkenntnisse.

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Weniger Unfälle dank Eignungstests für ältere Fahrer

Die Studie ergab, dass obligatorische Fahreignungstests bei Seniorinnen und Senioren zu weniger Autounfällen führen. Wie die Amerikanische Gesellschaft für Geriatrie (AGS) mitteilte, wurden dafür Polizeidaten zu Unfällen ausgewertet, die von Juli 2012 bis Dezember 2019 in Japan geschahen. Untersucht wurden dabei nur Menschen über 70 Jahre. In dem Zeitraum ereigneten sich in der Zielgruppe 602.885 Zusammenstöße mit Autofahrern.

Im März 2017 wurde dann eine Gesetzesänderung eingeführt, die verpflichtende kognitive Screening-Tests für ältere Fahrer vorsieht. Wenn den Seniorinnen und Senioren dabei Demenz nachgewiesen wurde, konnte ihnen der Führerschein entzogen werden. Daraufhin sind laut der Studie die Unfallzahlen bei männlichen Autofahrern kontinuierlich gesunken. Bei Autofahrerinnen war der Zusammenhang nicht so deutlich.

Unterschiede zwischen Frauen und Männern

Der Leiter der Unfallforschung der Versicherer (UDV), Siegfried Brockmann, sieht zwar in den Seniorinnen und Senioren eine ähnlich auffällige Risikogruppe wie bei jungen Fahrern von 18 bis 24 Jahren. Derzeit gebe es jedoch noch kein Problem mit übermäßig vielen Unfällen, da Menschen über 75 Jahre wesentlich seltener einen Führerschein besäßen und zudem weniger Kilometer zurücklegten.

Vor allem viele Frauen in dem Alter hätten keine Fahrerlaubnis, was auch den unterschiedlichen Rückgang der Unfallzahlen bei Senioren und Seniorinnen in Japan erklären würde. Doch in den nächsten Generationen führe der demografische Wandel wahrscheinlich dazu, dass die Zahl der Autounfälle mit betagten Menschen steigen werde.

MPU würde arme Rentner benachteiligen

Um dieser Entwicklung entgegenzuwirken, gibt es laut Brockmann eine ganze Palette an Maßnahmen. Von denen, die zum Verlust der Fahrerlaubnis führen könnten, sei jedoch keine einzige positiv bewertet worden. Hauptproblem dabei sei die "Falsch-negativ-Quote". Wenn nämlich jeder ältere Mensch einen Test machen müsse, könne nicht wie bei der medizinisch-psychologischen Untersuchung (MPU) "das ganze Besteck" aufgefahren werden.

Bei der MPU nehme man sich zwar den Tag Zeit für die Menschen, das koste den Beurteilten jedoch 700 Euro – und zwar in dem Fall dann "anlass- und verdachtslos", betonte der UDV-Leiter. Dies benachteilige vor allem arme Rentner überproportional.

Rückmeldefahrt statt Eignungstest

Daher plädiert Brockmann für ein niederschwelligeres Angebot, und zwar eine verpflichtende Rückmeldefahrt. Bei dieser Fahrt werde der Rentner beispielsweise 45 Minuten von einem Profi begleitet und beurteilt. Die Seniorinnen und Senioren sollten dabei über ihre Fahrtüchtigkeit aufgeklärt werden und müssten im nächsten Schritt aufgrund der Bewertung selbst entscheiden, ob sie den Führerschein abgeben wollen oder nicht. Diese Rückmeldefahrt dürfe nicht an den Verlust der Fahrerlaubnis gekoppelt sein, da dies, schon wegen großer Nervosität, zu vielen Falschurteilen führen würde.

Für den Allgemeinen Deutschen Automobilclub (ADAC) zeigt die Unfallstatistik, dass die Gruppe der älteren Autofahrer und Autofahrerinnen nicht überdurchschnittlich viele schwere Unfälle verursacht. Der dennoch registrierte Anstieg von Unfällen mit Senioren, die über 75 Jahre alt sind, liegt dem Verband zufolge an zwei Gründen: Erstens hat die Zahl der Menschen ab 75 Jahren mit Führerschein zugenommen und zweitens steigt der Anteil dieser Altersgruppe in der Bevölkerung.

ADAC: Alter der Autofahrer wneiger entscheidend

Das Alter der Menschen ist für den ADAC nicht entscheidend für die Teilnahme am Straßenverkehr, sondern der Gesundheitszustand und die Fahrerfahrung. Die Gruppe der älteren Fahrer und Fahrerinnen zeichne sich in der Regel durch einen situationsangepassten Fahrstil und vorausschauendes Fahren aus. Auch bisher entwickelte Testverfahren lehnt der Verband ab, da diese dazu führen könnten, dass Autofahrer irrtümlich den Führerschein verlieren.

Ein alternatives Modell wurde beim Verkehrsgerichtstag in Goslar debattiert: Eine ärztliche Meldepflicht fahruntauglicher Menschen. Die Teilnehmer der Fachtagung sprachen sich aber gegen eine solche Regelung aus. Dabei ging es neben Senioren auch um schwer kranke Menschen. Viele Verbände, darunter der TÜV-Verband und der Verkehrssicherheitsrat, begrüßten die Entscheidung. Sie fürchteten einen Vertrauensverlust zwischen Arzt und Patient.

Für Ausnahmefälle solle aber eine Rechtsgrundlage geschaffen werden, die es Ärztinnen und Ärzten erlaubt, Patienten trotz der Schweigepflicht den Behörden zu melden, forderten die Fachleute. Durch ein Urteil des Bundesgerichtshofes aus dem Jahr 1968 ist das bereits erlaubt, wenn "Gefahr in Verzug" ist, erklärte ein Sprecher des Automobilclubs von Deutschland.

Dazu müssen Ärzte zuerst den Patienten über seine Erkrankung und die damit verbundenen Gefahren des Autofahrens aufklären. Das solle nun auf sich langsam entwickelnde Krankheiten wie etwa Epilepsie ausgeweitet werden – unter der Voraussetzung, dass die therapeutischen und beratenden Möglichkeiten ausgeschöpft sind.

Auch mehr Sicherheitsmaßnahmen für Fußgänger nötig

Über die Diskussion hinaus zeigt die japanische Studie nach obligatorischen Eignungstests für Fahrer ab 70 Jahren nicht nur eine Abnahme der Autounfälle. Es stieg zugleich die Zahl der Unfälle bei Radfahrern und Fußgängern in dem Alter.

Daraus schloss Mitautor Haruhiko Inada von der Johns-Hopkins-Universität in Baltimore, dass die Sicherheitsmaßnahmen für Radfahrer und Fußgänger verstärkt werden müssten. Ältere Menschen sollten zudem auf den Verzicht des Autofahrens vorbereitet und ihnen "sichere, alternative Verkehrsmittel" zur Verfügung gestellt werden.

Verwendete Quellen
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