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Wer lügt, kommt durch | Wenn der Diesel-Fahrer zur Betrugs-Software wird


Wer lügt, kommt durch
Wenn der Diesel-Fahrer zur Betrugs-Software wird

MeinungHenri-Nannen-Schule

31.05.2018Lesedauer: 2 Min.
Meinung
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Betrügt auch ohne Software-Manipulation: Der Mensch.Vergrößern des Bildes
Betrügt auch ohne Software-Manipulation: Der Mensch. (Quelle: imago-images-bilder)

Das Hamburger Regelwerk für die ersten „Diesel-Durchfahrtsbeschränkungen“ ist gut gemeint, umfassend, wissenschaftlich basiert. Doch es gibt eine Lücke im System: das Schlitzohr am Steuer. Ein Kommentar.

Wenn Hacker in Datennetze von Unternehmen und Behörden eindringen, dann hat das auch etwas Gutes: Die Lücken der Systeme werden offenbar, die Betreiber wissen, was sie rasch verbessern sollten.

Gleiches gilt für das bundesweit erste Diesel-Fahrverbot, seit heute in Hamburg in Kraft. Es ist recht lückenhaft, bietet Meine-Diesel-Emissionen-sind-mir-wurscht-Fahrern also allerhand Möglichkeiten, ohne größere Einschränkungen weiterzufahren wie bisher. Da auch andere Städte vergleichbare Verbote planen, sollten ihre Behörden sich genau ansehen, was in Hamburg funktioniert und was nicht.

Rund 168.000 Diesel-PKW In Hamburg erfüllen nicht die Abgasnorm Euro 6, dürfen also einen Teil der Max-Brauer-Allee nicht mehr befahren, eine der Hamburger Hauptverkehrsstraßen. Ausgenommen davon sind Rettungsfahrzeuge, Müllwagen, Lieferwagen und Taxen, falls sie einen Fahrgast dort abholen oder absetzen wollen.

Ausgenommen vom Verbot sind aber auch „Anlieger“. Gemeint sind damit nicht nur Anwohner, sondern alle, die ein „Anliegen“ in die Straße führt: Sie wollen jemanden besuchen, dort einkaufen, zum Arzt, in die Kirche, was auch immer. Alles ist zulässig – außer dem Wunsch, die Straße nur durchfahren zu wollen.

Projekt mit Journalistenschülern
Zum Start der Dieselfahrverbote in Hamburg berichten die Schülerinnen und Schüler des 38. Lehrgangs der Henri-Nannen-Schule in Hamburg über Folgen und Hintergründe des Fahrverbots. Die Schule wurde 1978 gegründet und ist die Journalistenschule des Gruner+Jahr-Verlags, der Zeit und des Spiegels. Autoren dieser Texte sind: Gregor Becker, Alexandra Duong, Félice Gritti, Luisa Hommerich, Julia Kopatzki, Timo Lehmann, Roland Lindenblatt, Katharina Meyer zu Eppendorf, Max Polonyi, Jakob Pontius, Yannick Ramsel, Maximilian Rieger, Claudio Rizzello, Tobias Scharnagl, Veronika Völlinger, Cara Westerkamp und Andreas Wolfers.

Theoretisch könnte also jeder Fahrer bei einer polizeilichen Kontrolle behaupten, sein Fahrtziel läge innerhalb der Verbotsstrecke – und schon würde er zum unbehelligten Anlieger. Können und sollen die Beamten dann tatsächlich kontrollieren, ob jemand wie behauptet beim Supermarkt stoppt? Solche Art der Überwachung erscheint nicht sehr realistisch. Kurzum: Wer lügt, kommt durch.

Eine zweite Schwäche des Streckenverbots sind die ausgeschilderten Ausweichstrecken. Aus verkehrspolitischer Sicht ist es sinnvoll, dafür größere, zumeist mehrspurige Straßen auszuwählen. In Hamburg führt dies zu Umwegen von vier, fünf Kilometer Länge. Natürlich gibt es deutlich kürzere Wege. Nur führen die durch dichter bebaute Wohngebiete. Gut möglich, dass ortskundige Fahrer diese Abkürzungen wählen – und damit die von Gutachtern akribisch berechneten Konzepte neuer Verkehrsführung kurzerhand aushebeln.

Die Behörden anderer Städte, die vergleichbare Diesel-Fahrverbote planen, sollten daher vor allem bedenken: Die Lücke im System ist das Schlitzohr am Steuer.

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