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Nach Abgasskandal: Für wen sich Diesel-Autos noch lohnen


Nach Skandal
Für wen sich Diesel-Autos noch lohnen

dpa, Andreas Kötter

Aktualisiert am 05.05.2020Lesedauer: 4 Min.
Diesel-Tankanzeige: Diesel ist an Tankstellen günstiger als Benzin, doch die Bundesregierung plant, beide Preise auf dasselbe Niveau zu bringen.Vergrößern des BildesDiesel-Tankanzeige: Diesel ist an Tankstellen günstiger als Benzin, doch die Bundesregierung plant, beide Preise auf dasselbe Niveau zu bringen. (Quelle: bizoo_n/getty-images-bilder)
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Spätestens seit dem Dieselskandal steht der Selbstzünder unter Druck. Doch für lange Strecken ist er geeigneter als zum Beispiel E-Motoren. Stellt die inzwischen nachgebesserte Diesel-Technik wieder einen Vorteil dar?

Der Diesel steht am Pranger. Verantwortlich dafür sind nicht zuletzt die Autokonzerne selbst: Sie haben ihre Autos in der Theorie sauberer, also umweltverträglicher erscheinen lassen, als sie es im Alltag tatsächlich waren. Mittlerweile aber hat die Industrie reagiert. Neue Dieselautos stoßen nach Euro-6d-Norm so wenig Schadstoffe aus wie noch kein Diesel zuvor.

Ist der Selbstzünder damit aber rehabilitiert? Und wie steht es um die zukünftige Wirtschaftlichkeit, nachdem die Bundesregierung gerade erst ein Maßnahmenpaket zum Klimaschutz verabschiedet hat?

Bessere Umweltverträglichkeit nach EU-Richtlinie

"Mit einem Diesel der neuesten Technik, nach Euro 6d-Norm, kann man sich auch unter dem Gesichtspunkt einer besseren Umweltverträglichkeit auf die Straße trauen", sagt Professor Manfred Fischedick. Das schadstoffärmste Auto dieser Welt aber sei selbst der modernste Diesel deshalb noch lange nicht.

"Wer das will, muss ein Erdgas- oder ein Elektroauto kaufen. Oder anders formuliert: Der Diesel reicht zwar, um in die Stadt zu fahren, aber nicht dafür, wirklich umweltfreundlich unterwegs zu sein", so der Energie- und Klimaforscher beim Wuppertal-Institut für Klima, Umwelt und Energie.

Constantin Hack sieht das ähnlich. "Die gesundheitsschädlichen Aspekte dürfen keinesfalls außen vor bleiben. Die hohen Stickoxid-Emissionen – insbesondere bei älteren Modellen – sind das wohl größte Problem des Diesels", warnt der Automobil-Experte des Auto Club Europa (ACE).

Tägliches Nutzungsszenario ist entscheidend

Andere sehen allerdings ganz pragmatische Gründe dafür, dass der Diesel in bestimmten Bereichen noch länger das Mittel der Wahl sein dürfte. "Der potenzielle Auto-Käufer muss sich immer die Frage stellen, ob es unter seinen Anforderungen ein Szenario gibt, bei dem er mit einem Elektro-Auto nicht zurechtkommt", so Josef Reitberger, Chefredakteur des Technik-Magazins "Chip" sowie des Elektromobilität-Portals "EFahrer.com".

"Wenn ich jeden Tag um die 600 Kilometer fahren muss, werde ich mir ein Elektroauto, das zweimal aufgeladen werden muss und damit auch eine genaue Streckenplanung verlangt, nicht antun." Wichtiger als die insgesamt gefahrenen Kilometer pro Jahr ist die tägliche Strecke.

Aber nicht nur pragmatische, auch wirtschaftliche Gründe könnten (noch) für den Diesel sprechen. "Generell wirkt sich der Preisvorteil eines Diesels gegenüber einem Benziner eher bei großvolumigen Fahrzeugen aus sowie für Vielfahrer – in der Regel ab 20.000 Kilometern pro Jahr", sagt Hack. "Denn Diesel verbrauchen etwa 15 bis 20 Prozent weniger Kraftstoff." Dies liege an der größeren Effizienz des Dieselmotors sowie an der größeren Energiedichte von Diesel, so der ACE-Autoexperte.

Wann lohnt sich ein Diesel?

Die Frage, ob sich ein Diesel noch rechne, sei insgesamt komplizierter geworden, gibt Fischedick zu bedenken. Früher sei man meist von einem Wert um die 15.000 Kilometern ausgegangen, ab dem sich ein Diesel gegenüber etwa einem vergleichbaren Benziner rechne. Dann sollten der höhere Anschaffungspreis und die höheren Steuern durch den geringeren Verbrauch beziehungsweise niedrigeren Spritpreis kompensiert werden. Das hat sich inzwischen verändert: Mancher Pkw komme nun schon ab 12.000 Kilometer in die Wirtschaftlichkeit. "Kleinere Fahrzeuge machen dagegen häufig erst bei 20.000 Kilometern wirtschaftlich Sinn."

Rechenbeispiele, die bald Makulatur sein könnten. Rücken gemäß der Pläne der Bundesregierung Diesel- und Benzinpreis tatsächlich immer näher aneinander, könne sich die Amortisationszeit eines Diesels deutlich weiter nach hinten verschieben, so der Professor.

Das E-Auto als Alternative?

"Immer mehr Länder planen zudem den Abschied von der Verbrenner-Technologie", ergänzt Hack. "Wer über den Kauf eines Neuwagens nachdenkt, für den gibt es bereits heute vielfältige Alternativen zum reinen Verbrennungsmotor". Alternativen, die durchaus ihre Tücken haben, wie ein Beispiel zeigt.

Sein Magazin habe kürzlich den Audi E-tron Quattro getestet, berichtet Chefredakteur Reitberger. "Audi bewirbt dieses Auto mit einer Reichweite von bis zu 411 Kilometer, die reale Autobahn-Reichweite liegt eher bei 300", so der Elektroauto-Experte. "Für eine Strecke von München nach Hamburg rechnet der Bordcomputer so pessimistisch, dass fünf Ladestopps vorgeschlagen werden – was bei einer Strecke von 800 Kilometern und selbst bei nur 300 Kilometer Reichweite Blödsinn ist."

Damit Elektro-Autos auch für echte Langstreckenfahrer eine Alternative zum Diesel werden, müsse nicht nur die Reichweite der Stromer vergrößert werden, sondern die Streckenplanung im Auto dynamischer, intelligenter und zuverlässiger werden.

Und auch Hack empfiehlt in diesem Zusammenhang: "Platzbedarf sowie jährliche beziehungsweise tägliche Entfernungen sind Kriterien, die bei der Auswahl unbedingt berücksichtigt werden sollten." Nicht jeder Antrieb eigne sich für jeden Einsatzzweck und -ort. Sein Rat: "Testen! Passen Fahrzeug und Antrieb wirklich zu meinen Fahrgewohnheiten und Ansprüchen?"

Diesel ist in Deutschland weiterhin gefragt

Da wundert es vielleicht gar nicht mehr so sehr, dass der Diesel zurzeit tatsächlich eine zarte, wenn vielleicht auch nicht nachhaltige Renaissance erlebt. "Die Verkaufszahlen für den Diesel sind im zweiten Quartal 2019 in Europa drastisch zurückgegangen, mit einer Ausnahme – Deutschland", so Fischedick. Hier habe die Nachfrage sogar um einige Prozentpunkte angezogen.

Er sieht dafür verschiedene Gründe: "Die neue Diesel-Technologie nach Euro 6d-Norm scheint den deutschen Käufern die Angst zu nehmen, dass sie mit ihrem Auto demnächst nicht mehr in die Innenstädte fahren dürfen." Zudem seien die Diesel-Umtauschprämien wohl ein neuer Kaufanreiz.

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagentur dpa
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