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Wie Smart-TV-GerÀte ihre Nutzer ausspionieren
Smart-TV-GerĂ€te verraten das Fernsehverhalten ihrer Nutzer â pausenlos und unbemerkt. In den USA gehört der Weiterverkauf der Zuschauerdaten bereits zum GeschĂ€ft auf dem Fernsehmarkt. Passiert das auch in Deutschland?
Smarte Fernseher sammeln pausenlose Informationen ĂŒber ihre Nutzer. Fernsehsender können dadurch zum Beispiel beobachten, wie lange Leute ein Programm schauen und wann sie es wieder verlassen. "Das ist ein Fass ohne Boden", sagt Peter Siering, der fĂŒr das Computer- und Technikmagazin cât untersucht hat, welche Informationen Smart-TV-GerĂ€te preisgeben, mit wem sie kommunizieren und welchen Einfluss man darauf nehmen kann.
"Es ist schon verblĂŒffend, dass ein Fernseher, wenn man ihn einrichtet, mit 50 Servern im Internet Kontakt aufnimmt." Bereits beim Sendersuchlauf registrierten die Technikexperten eine Kommunikation zwischen FernsehgerĂ€t und Server, danach ging das digitale Geplaudere munter weiter: "Jeder Druck auf der Fernbedienung wurde ĂŒbertragen, jeder Zugriff aufs Internet."
Das bedeutet der rote Knopf auf der Fernbedienung
Besonders anfĂ€llig fĂŒr verrĂ€terische Signale ist das, was den Fernseher so smart macht: Mit dem Hybrid Broadcast Broadband TV (HbbTV) lassen sich per Rundfunk ĂŒbertragene Programme durch interaktive Inhalte ergĂ€nzen â etwa, um Mediatheken zugĂ€nglich zu machen, Programminformationen anzubieten oder, im Fall der Shopping-KanĂ€le, auch fĂŒr Bestellungen.
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Nutzer erkennen HbbTV-Angebote an einem Hinweis im Fernsehbild, dass weitere Informationen ĂŒber das BetĂ€tigen des roten Knopfes abrufbar seien.
Besonders negativ fielen bei der cât-Untersuchung die Programme der ARD auf, die ein gemeinsames HbbTV-Angebot nutzen: "Wenn man per rotem Knopf tiefer einsteigt, ĂŒbertragen sie jeden Tastendruck an den HbbTV-Server. Das sollte es den Betreibern erlauben, individuelle Benutzersessions nachzuspielen."
"Nicht verfolgen" keine Option
Richtig gegensteuern kann der Fernsehzuschauer nicht. Zwar bieten die meisten FernsehgerĂ€te die Möglichkeit, PrivatsphĂ€re-Einstellungen zu verĂ€ndern, aber nur in sehr begrenztem MaĂe. So fanden die cât-Tester heraus, dass die gewĂ€hlte Option "Nicht verfolgen" keinen sichtbaren Einfluss zeigte. "Hier setzen sich die Anstalten offenbar ĂŒber den Wunsch des Nutzers hinweg."
Das Problem der permanenten DatenĂŒbertragung bei smarten FernsehgerĂ€ten ist nicht neu, aber weitgehend unbekannt. "Bei einem Smart-TV gehen die Leute nicht davon aus, dass Daten erfasst und weitergegeben werden", so der Internetexperte Jörg Schieb in einem Blogeintrag zum Thema. "Ich bin sicher: Den meisten Smart-TV-Zuschauern dĂŒrfte das weder geheuer, noch Recht sein."
Datenverkauf bald auch in Deutschland?
In den USA ist das Sammeln, Auswerten und Weiterverkaufen der Nutzerdaten mittlerweile das eigentliche GeschĂ€ft bei Smart-TVs. WĂ€hrend FernsehgerĂ€te immer gĂŒnstiger werden, verdienen Hersteller mit dem Verkauf der Nutzerdaten.
Dass das in Deutschland ohne weiteres möglich sein wird, bezweifelt Michael Gundall, Fernsehexperte bei der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz: "Die deutschen Datenschutzgesetze sind da relativ streng." Bei der Nutzung von Smart-TV-GerĂ€ten empfiehlt er die Nutzungsbedingungen nicht ungelesen zu akzeptieren, sondern nach Möglichkeit einzuschrĂ€nken. Abgesehen davon mĂŒsse sich jeder selbst die Frage stellen, ob er die Vorteile von Smart-TV in Anspruch nehmen wolle oder nicht.
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Smarte Alternative fĂŒr mehr Datenschutz
Eine Alternative wĂ€re auch, sich gar nicht erst ein smartes TV-GerĂ€t zuzulegen, sondern beim alten Fernseher zu bleiben, der den Onlinedienst HbbTV noch nicht unterstĂŒtzt. Serienjunkies, die Angebote wie Maxdome, Prime oder Netflix nicht missen wollen, bekommen mithilfe von TV-Sticks oder Streamingboxen Zugang zum Internet.