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Arbeitsministerium bezahlte jahrelang für gezielte Werbung auf Facebook


Umstrittene Facebook-Anzeigen
Ministerium bezahlte jahrelang für gezielte Werbung

Von t-online, arg

Aktualisiert am 08.11.2021Lesedauer: 3 Min.
Hubertus HeilVergrößern des BildesGeschäftsführender Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD). (Quelle: Kay Nietfeld/dpa/dpa)
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Durch gezielte Werbung in den sozialen Medien hat das Arbeitsministerium die Neutralitätspflicht verletzt. Wie interne Dokumente zeigen, wurde diese Praktik bereits seit 2018 betrieben. Schuld sei die zuständige Werbeagentur.

Der Fall ist nicht ganz neu: Bereits während des Bundestagswahlkampfs im September stellte das "ZDF Magazin Royale" um Jan Böhmermann eine Anfrage bezüglich zielgruppenspezifischer Werbung (Targeting) an das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS).

Targeting ist zielgerichtete Werbung in den sozialen Medien. Dort werden anhand vordefinierter Kriterien bestimmte Kampagnen nur an gewisse Zielgruppen ausgespielt. Zumeist an solche, von denen man sich die größte Resonanz und Reichweite erhofft.

In der Anfrage wurden mehrere Werbeanzeigen aufgeführt, die gezielt an Menschen gerichtet waren, die sich unter anderem für die "Sozialdemokratische Partei Deutschlands" interessieren. Eine solche parteispezifische Werbung nur an ausgewählte Zielgruppen verstößt gegen die Neutralitätspflicht von Bundesministerien und Bundesministern.

Wie kürzlich veröffentlichte neue Dokumente belegen, wurde diese Praktik aber nicht erst vor oder während des Bundestagswahlkampfes eingesetzt. Vielmehr lässt sich das Targeting bereits mehrere Jahre zurückverfolgen, bis zu dem Moment, als eine Werbeagentur den Internetauftritt für das BMAS übernommen hat.

Bundesarbeitsministerium bedauert den Vorfall ausdrücklich

Auf die Anfrage des "ZDF Magazins Royale" antwortete das Ministerium prompt: Es handele sich hierbei um einen wiederholten Fehler der für den Online-Auftritt des Ministeriums verantwortlichen Agentur. Das BMAS bedauere diesen Vorfall ausdrücklich und verwies auf fehlerhafte interne Abläufe des zuständigen Dienstleisters.

Grundsätzlich werde keine fokussierte Werbung nur an parteispezifische Zielgruppen vorgenommen. Darüber hinaus werde geprüft, ob die Etablierung weiterer Kontrollmechanismen notwendig sei, "um solche externen Fehler zukünftig zu entdecken und zu vermeiden".

Durch eine Informationsfreiheitsanfrage des freien Journalisten Lennart Mühlenmeier rückt nun die interne Aufarbeitung des Vorfalls in den Vordergrund. Aus den dort zur Verfügung gestellten Dokumenten geht hervor, dass die verantwortliche Werbeagentur bereits mehrere Jahre für den Internetauftritt des Bundesarbeitsministeriums verantwortlich ist: "Im Jahr 2018 wurde das Facebook Werbekonto durch die Agentur übernommen und weiter optimiert."

Der Werbeagentur, die den Facebook-Auftritt des Arbeitsministeriums währenddessen betreut hatte, wurde kurze Zeit später gekündigt.

Zuständige Agentur nimmt die Schuld auf sich

Die zuständige Agentur nahm die Schuld auf sich und betonte, dass die zielgruppenspezifische Werbung entgegen den Wünschen des Bundesministeriums erfolgt sei. In der Antwort auf die Anfrage erklärt die Agentur das fehlerhafte Vorgehen wie folgt:

"Bei der Erstellung der Zielgruppen sind Fehler unterlaufen – es wurde entgegen dem Briefing des BMAS gehandelt. Zielgruppen wurden fortan immer wieder kopiert, ohne zu überprüfen, welche Targetingkriterien hinterlegt waren. Ein absichtsvolles Handeln, das heißt ein gezieltes Targeting von SPD-Anhänger:innen, kann deswegen nicht unterstellt werden. Vielmehr fehlte es offensichtlich an politischem Gespür und Verständnis für die Sensibilität bei der Auswahl der Targetingoptionen. Entsprechend kann der Vorgang als grob fahrlässig und fehlerhaft beschrieben werden – ein absichtsvolles Handeln ist nicht erkennbar."

In der öffentlich einsehbaren Stellungnahme der Agentur ist mehrmals zu lesen, dass das Bundesministerium für Arbeit und Soziales keine Schuld an diesen Vorfällen trage. Das dort zuständige Team für Social Media sei in der Sache "arglos" gewesen. Durch die Nachbesetzung von Stellen und interne Krankheitsfälle sei man sich in der Agentur dem fehlerhaften Vorgehen auch nicht bewusst gewesen. Erst die Recherche des "ZDF Magazins Royale" habe die internen Fehler offenkundig werden lassen.

Keine Einzelfälle

Dass es sich hierbei aber nicht um Einzelfälle handelt, zeigen auch weitere Recherchen des "ZDF Magazins Royale". In einem anderen Fall hat das von den Grünen geführte Umweltministerium in Rheinland-Pfalz im Wahlkampf auf zielgruppenspezifisches Marketing gesetzt.

So wurden auf Facebook gezielt Menschen durch Werbeanzeigen angesprochen, die den Grünen auf Facebook ein Like gegeben hatten. Das Ministerium sieht hier keine verbotene Parteienwerbung, hat aber Maßnahmen ergriffen:

Das gezielte Targeting wurde abgestellt und das gesamte Ressort werde bis auf Weiteres gar keine Werbeanzeigen mehr auf Facebook schalten. Zudem sei man bemüht, eine Arbeitsgruppe zu gründen, die sich noch intensiver mit den sozialen Medien und dortigen Postings sowie Werbeanzeigen befasst.

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