Facebook soll Hasskommentare der Polizei melden
Erst der Fall LΓΌbcke, dann der Anschlag von Halle: Die BehΓΆrden sehen in Deutschland eine erschreckende Zahl rechter Hassverbrechen. Vieles davon beginnt im Internet. Ein Gesetz soll jetzt auch Facebook und Co. in die Pflicht nehmen.
Mit einer Meldepflicht fΓΌr soziale Netzwerke und hΓ€rteren Strafen nimmt Justizministerin Christine Lambrecht den Kampf gegen Rechtsextremismus und Hass im Internet auf. "Wer im Netz hetzt und droht, wird in Zukunft hΓ€rter und effektiver verfolgt", kΓΌndigte die SPD-Politikerin am Freitag in Berlin an. Sie wolle die Spirale stoppen, dass aus Worten Taten wΓΌrden, aus Hass im Netz spΓ€ter sogar ein Mord geschehe. Lambrecht legte einen Gesetzentwurf vor, mit dem sie ein Ende Oktober von der Bundesregierung beschlossenes MaΓnahmenpaket umsetzen will. Das Kabinett muss den Entwurf noch beschlieΓen, bevor sich der Bundestag im kommenden Jahr damit befassen kann.
"Wir mΓΌssen schnell, zΓΌgig und konsequent handeln", betonte die Ministerin. Rechtsextremismus sei eine der grΓΆΓten Bedrohungen fΓΌr eine offene und tolerante Gesellschaft. Jeden Tag passierten zwei rechte Gewalttaten, zuletzt habe es 20.000 rechtsextremistisch motivierte Straftaten im Jahr gegeben. Auch 77 Prozent aller politische motivierten kriminellen Hasskommentare im Internet seien rechtsextremistisch.
Folgendes ist im Gesetzentwurf vorgesehen:
Meldepflicht fΓΌr Hass im Netz
Die sozialen Netzwerke wie Facebook und Twitter sollen bestimmte Posts kΓΌnftig sofort dem Bundeskriminalamt (BKA) melden mΓΌssen. Das umfasst etwa Neonazi-Propaganda, die Vorbereitung einer Terrortat, die Bildung und UnterstΓΌtzung krimineller Vereinigungen, Volksverhetzung, Gewaltdarstellungen, aber auch die Billigung von Straftaten, Morddrohungen und die Verbreitung kinderpornografischer Aufnahmen.
Derzeit mΓΌssen die Anbieter solche Inhalte nur lΓΆschen. Eine neue Stelle beim BKA soll die Inhalte und die IP-Adressen kΓΌnftig sammeln. Plattformen, die ihren Pflichten nicht nachkommen, mΓΌssen mit BuΓgeldern von bis zu 50 Millionen Euro rechnen. Nicht von der Meldepflicht erfasst sind Beleidigungen, ΓΌble Nachrede und Verleumdung β hier soll der Betroffene weiter selbst entscheiden kΓΆnnen, ob er handeln will.
Der deutsche Richterbund begrΓΌΓte die Initiative, forderte aber zugleich deutlich mehr spezialisierte Ermittler und schlagkrΓ€ftige Zentralstellen der Staatsanwaltschaften. "Die Strafjustiz arbeitet schon heute an der Belastungsgrenze", betonte BundesgeschΓ€ftsfΓΌhrer Sven Rebehn. "Der SchlΓΌssel zum Erfolg gegen Hass und Hetze im Netz liegt in ausreichenden Ressourcen der Strafjustiz."
HΓ€rtere Strafen fΓΌr Bedrohungen
Wer anderen KΓΆrperverletzung androht, begeht nach dem Gesetzentwurf kΓΌnftig eine Straftat β wie bisher nur bei Morddrohungen. Werden diese Drohungen im Internet ausgesprochen, sollen Freiheitsstrafen von bis zu zwei Jahren drohen, bei Morddrohungen von bis zu drei Jahren.
Billigung von Straftaten
Bisher ist es nur strafbar, bereits begangene Taten ΓΆffentlich zu befΓΌrworten β kΓΌnftig soll das auch fΓΌr angekΓΌndigte Straftaten gelten. Als Beispiel nannte Lambrecht die AnkΓΌndigung im Internet, jemand gehΓΆre "an die Wand gestellt". Solche ΓuΓerungen hΓ€tten zu einem Klima der Angst gefΓΌhrt, sagte Lambrecht. Viele Menschen zΓΆgen sich deshalb zurΓΌck und engagierten sich etwa weniger ehrenamtlich. Ein einfaches Like unter einem Post soll aber nicht ausreichen, um als Straftat gewertet zu werden.
Beleidigungen
Die Strafen fΓΌr Beleidigung werden verschΓ€rft. Es sei eben etwas anders, ob man in der Kneipe persΓΆnlich beleidigt oder im Netz angegangen werde, wo ein solcher Angriff eine viel grΓΆΓere Reichweite habe, hieΓ es im Justizministerium. "Γffentliche Beleidigungen sind laut und aggressiv, fΓΌr Betroffene kΓΆnnen sie wie psychische Gewalt wirken." Wer andere ΓΆffentlich im Netz beleidigt, soll kΓΌnftig mit bis zu zwei Jahren Haft bestraft werden kΓΆnnen.
Mehr Schutz fΓΌr Kommunalpolitiker
Kommunalpolitiker werden unter den besonderen Schutz des Paragrafen 188 des Strafgesetzbuches gestellt. Der schΓΌtzt bisher eine "im politischen Leben des Volkes stehende Person" vor ΓΌbler Nachrede und Verleumdung. Angewendet wird er bislang vor allem bei Bundes- und Landespolitikern - das soll ausgeweitet werden. "Wenn Menschen mundtot gemacht werden sollen, die jeden Tag den Kopf fΓΌr unsere Gesellschaft hinhalten, ist unsere Demokratie in Gefahr", erklΓ€rte das Ministerium.
Antisemitische Motive
Wenn es fΓΌr eine Tat antisemitische Motive gibt, soll das kΓΌnftig strafverschΓ€rfend wirken. So sollen auch die ErmittlungsbehΓΆrden besonders sensibilisiert werden. Die Γnderung ist laut Ministerium eine Reaktion auf einen enormen Anstieg antisemitischer Straftaten. Seit 2013 hΓ€tten diese um 40 Prozent zugenommen.
Mehr Schutz fΓΌr Notfallmediziner
Angriffe auf medizinisches Personal in Notaufnahmen, auf Γrzte und Pfleger, sollen so hart bestrafen werden wie Angriffe auf Polizisten und Soldaten. Vor zweieinhalb Jahren hatte der Bundestag bereits hΓΆhere Strafen fΓΌr FΓ€lle beschlossen, in denen Polizisten, Feuerwehrleute und Rettungsdienste angegriffen werden. FΓΌr solche Attacken drohen seitdem bis zu fΓΌnf Jahre Haft.
- Nachrichtenagentur dpa