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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Krypto auf der Überholspur Hat Bitcoin das Zeug zum Massenphänomen?

Von null auf Millionen Nutzer in Rekordzeit: Ist Bitcoin auf dem Weg, so unverzichtbar zu werden wie Internet oder Smartphone?
Was haben Computer, Smartphones und der Bitcoin gemeinsam? Sie alle standen einst am Anfang einer technischen Revolution – doch ihr Weg in die breite Gesellschaft verlief unterschiedlich schnell.
Ein Konzept, das hilft, diese Geschwindigkeitsunterschiede zu erklären, ist die sogenannte Diffusionstheorie. Sie zeigt, was die rasante oder langsame Verbreitung einer Technologie für ihren langfristigen Erfolg bedeuten kann. Vor allem und gerade bei Kryptowährungen stellt sich für viele Zweifler und Unentschlossene die Frage: Ist Bitcoin noch auf dem Weg, wird er scheitern – oder steht seine große Stunde erst noch bevor?
Ein Indikator für den Erfolg
Wenn es einen Indikator gäbe, der ziemlich zuverlässig vorhersagen könnte, ob eine neue Technologie die Welt verändert, würde sich das nicht nur für die Gründer, sondern auch für Investoren und Anleger auszahlen. Vermutlich würden dann noch viel mehr Menschen in Start-ups oder Forschung investieren. Schließlich winkte dann für alle Beteiligten eine Win-win-Situation: Das junge Unternehmen bringt eine technische Revolution voran, und die Geldgeber freuen sich über Gewinne.
Anleger, die Aktien von schnell wachsenden, aber noch unrentablen Unternehmen kaufen – oder in diesem Fall Anteile von Kryptowährungen – stellen sich die Frage: Wie schnell setzt sich eine Innovation wirklich durch? Und was bedeutet das für ihren wirtschaftlichen Erfolg? Eine besonders spannende Frage ist das beim Bitcoin, der ältesten Kryptowährung. Dazu hilft zunächst ein Blick auf eine Theorie aus den 1960er-Jahren.
Kritische Masse
Wie schnell sich eine Innovation durchsetzt, liefert das Diffusions- und Innovationskonzept des Soziologen Everett Rogers. Es beschreibt, wie schnell neue Ideen oder Technologien von einer Gesellschaft adaptiert werden, oder anders ausgedrückt, wie schnell sie dort Verbreitung finden. Fünf Faktoren spielen dabei eine wichtige Rolle:
- der relative Vorteil gegenüber bestehenden Lösungen,
- die Kompatibilität mit Werten und Bedürfnissen der Nutzer,
- die Komplexität und Verständlichkeit,
- die Möglichkeit, eine Innovation vor dem Kauf oder der Nutzung zu testen,
- und die Beobachtbarkeit im Alltag.
Je mehr dieser Faktoren erfüllt sind, desto schneller erreicht eine Technologie die sogenannte kritische Masse. Das bedeutet: Ab einem bestimmten Punkt übernehmen immer mehr Menschen die Innovation, weil sie sich daran orientieren, was andere bereits nutzen. Als Faustregel gilt: Eine kritische Masse ist oft erreicht, wenn rund 300 Millionen Menschen eine neue Technologie nutzen.
Ein Blick in die Vergangenheit zeigt, dass Innovationen wie der Computer, das Internet oder das Smartphone nicht nur neue Technologien und Geräte waren. Sie haben das Leben von Millionen Menschen verändert – und die Firmen dahinter, wie Apple, Microsoft, Dell, Lenovo oder Samsung, profitieren bis heute davon.
Doch bis sich etwa der Computer in der breiten Gesellschaft durchsetzte, vergingen Jahrzehnte. Die ersten Modelle entstanden in den 1940er-Jahren. Aber erst in den 1980ern, als Heimcomputer mit grafischer Benutzeroberfläche erschienen, begann der große Durchbruch.
Ganz anders sieht es bei Bitcoin aus. Seit seiner Einführung im Jahr 2009 verbreitete sich die Kryptowährung schneller als viele andere bahnbrechende Technologien – sogar schneller als das Internet oder Mobiltelefone. Mehrere Faktoren beschleunigten diese Entwicklung:
- Jüngere Generationen gelten als Digital Natives, also digitale "Muttersprachler", und stehen Bitcoin offener gegenüber als ältere Jahrgänge.
- Globale Trends wie Inflationsängste oder politische Spannungen verstärken das Interesse an einer dezentralen Währung.
- Außerdem verändert die digitale Transformation die Finanzwelt, weil die Infrastruktur für digitale Vermögenswerte immer ausgereifter wird.
Trotzdem bleibt der Weg für Bitcoin steinig. Denn hohe Transaktionskosten, komplexe Sicherheitsfragen und eine teils unsichere Rechtslage bremsen die breite Akzeptanz. Fehlen klare Regeln oder sind diese zu streng, kann das die Nutzer abschrecken. Allerdings kann eine kluge Regulierung Vertrauen schaffen und die Adoption beschleunigen.
Ein anschauliches Beispiel liefert die Regulierung Künstlicher Intelligenz durch die EU. Der EU-AI-Act schafft weltweit erstmals klare Regeln, teilt Technologien in Risikoklassen ein und stärkt das Vertrauen der Nutzer. Solche Rahmenbedingungen können sicherstellen, dass eine Technologie schneller die kritische Masse erreicht.
Künstliche Intelligenz – Schneller als Bitcoin?
Die Geschwindigkeit, mit der sich KI im Alltag etabliert hat, ist außergewöhnlich und übertrifft ähnlich zum Bitcoin viele andere Technologien wie Smartphones oder das Internet. Im Jahr 2020 nutzten weltweit rund 115,9 Millionen Menschen KI-Tools. Schon 2024 überschritt die Nutzerzahl die Marke von 300 Millionen – das entspricht einer kritischen Masse, die laut Diffusionstheorie oft den Durchbruch einer Technologie einläutet.
Das zeigt: Auch bei technischen Revolutionen zählt nicht allein die Innovation an sich, sondern wie schnell Menschen ihren Nutzen erkennen – und wie leicht sie zugänglich ist.
Bitcoin-ETFs verzeichnen Milliardenzuflüsse von Anlegern
Bitcoin könnte von ähnlicher Regulierung profitieren. Lösungen wie Bitcoin-ETFs oder Bitcoin-ETCs zeigen, wie sich Hürden abbauen lassen. Statt ein eigenes Konto bei Kryptobörsen zu eröffnen oder sich um eine sichere Aufbewahrung wie eine Wallet zu kümmern, können Anleger über klassische Broker investieren – ähnlich wie in Aktien oder Gold. Das senkt die Einstiegshürde und könnte die Akzeptanz weiter steigern.
- Glanz, Macht und Triumph: Warum Gold seit Jahrtausenden begehrt ist
- Bitcoin bald bei 28 Millionen Dollar: Wie seriös ist das?
Allerdings garantiert eine schnelle Verbreitung noch keinen sicheren Erfolg. Manche Technologien setzen sich trotz anfänglicher Skepsis durch, andere verschwinden wieder vom Markt. Entscheidend ist, ob sich der Nutzen einer Innovation dauerhaft durchsetzt und sie sich in den Alltag der Menschen integriert.
Nicht geschafft und vergessen
Nicht geschafft hat es etwa das Bildtelefon des US-Telekommunikationsdienstleisters AT&T. In den 1970er-Jahren wurde das Bildtelefon mit großem Aufwand eingeführt und durch intensive Werbekampagnen sowie positive Nutzerbefragungen unterstützt. Es erreichte eine hohe Bekanntheit und wurde in vielen Haushalten installiert, sodass die Nutzerzahlen die kritische Masse überschritten. Dennoch blieb der tatsächliche Gebrauch gering, und das Produkt verschwand letztlich vom Markt.
Ebenso scheiterte Google Plus, und das, obwohl diese technische Innovation eine kritische Masse von 300 Millionen Nutzern erreichte. Google Plus wurde 2011 als soziales Netzwerk von Google eingeführt und konnte durch die Integration in andere Google-Dienste wie Gmail, YouTube und Google Photos schnell eine enorme Nutzerbasis aufbauen.
Google stellte die Plattform 2019 ein, da es Google Plus an einem klaren Alleinstellungsmerkmal gegenüber etablierten Netzwerken wie Facebook fehlte und die tatsächliche Nutzung sehr gering war.
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Fazit
Die Geschichte technischer Revolutionen zeigt: Eine hohe Adoptionsrate ist ein starkes Signal für Erfolg, aber keine Garantie. Bitcoin befindet sich genau an diesem Punkt. Die Geschwindigkeit seiner Verbreitung spricht für sich, doch ob er sich genauso fest etabliert wie das Internet oder das Smartphone, muss sich erst noch zeigen.
Neben dem Nutzen, der Kompatibilität und der Verständlichkeit ist Vertrauen eine der wichtigsten Eigenschaften, die über den Erfolg oder Misserfolg einer technischen Revolution entscheiden.
- blackrock.com: "Changing the game for bitcoin exposure with an ETF" (Englisch)
- fastercapital.com: "Erforschung von Adoptionsmustern Ein Blick in die Verbreitung der Innovationstheorie"
- bitcoinreise.com: "Wie Technologien und Bitcoin adoptiert werden: Die S-Kurve"
- bureauworks.com: "KI-Statistiken: 500+ Fakten, die globale Innovation vorantreiben" (Englisch)