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Schwangerschafts-Ratgeber provoziert Mütter und Mediziner


Provokante Thesen
Schwangerschafts-Ratgeber erregt die Gemüter

ap, t-online, Leanne Italie, aro

Aktualisiert am 23.08.2013Lesedauer: 4 Min.
Autorin Emily Oster veröffentlicht provokante Thesen.Vergrößern des BildesAutorin Emily Oster veröffentlicht provokante Thesen. (Quelle: facebook (Profilbild))
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Alkohol

Oster hatte zu Beginn ihrer eigenen Schwangerschaft das Gefühl, selbst wieder ein Kind zu werden: "Es gab eine lange Liste mit Regeln. Ständig schrieb mir jemand vor, was ich tun sollte. Aber die Empfehlungen aus Büchern und von medizinischen Gesellschaften schienen mir vage und teilweise widersprüchlich." Osters Tochter Penelope ist jetzt zwei Jahre alt. Ihre Schwangerschaftserlebnisse hat sie in ihr gerade erschienenes Buch eingebaut. "Der Ansatz war, sorgfältig über alles nachzudenken, sich die bestmöglichen Informationen zu verschaffen und dann die Empfehlungen entsprechend der eigenen Prioritäten und der eigenen Risikotoleranz zu sortieren", sagt Oster.

Viele widersprüchliche Ratschläge für Schwangere

"Auch wenn Sie jedes Buch und jede Website zum Thema Schwangerschaft gelesen haben, gibt es einige Punkte, bei denen Sie nicht wissen, was die wirklichen Fakten sind". Oster verglich Empfehlungen in verschiedenen Ländern, überprüfte, was wissenschaftliche Studien ergeben haben und verglich das mit den Tipps, die schwangeren Frauen in herkömmlichen Ratgebern gegeben werden. Bei der Analyse von Fachartikeln kam Oster zu dem Schluss, dass viele von ihnen methodische Fehler enthielten.

Sie propagiert insgesamt einen entspannteren Umgang mit der Schwangerschaft.

Pränataldiagnostik weniger riskant als angegeben

Es gebe aber Fragen, bei denen beispielsweise auch die Fachleute vom amerikanischen Gynäkologenverband nicht weiterhelfen könnten. Zum Beispiel bei der Pränataldiagnostik: Eine Frau müsse das Risiko, dass es bei einer Untersuchung zu einer Fehlgeburt kommen könne, selbst abwägen. Oster kam bei ihren Recherchen übrigens zu dem Schluss, dass das Risiko einer Fehlgeburt beispielsweise als Folge einer Fruchtwasseruntersuchung deutlich geringer ist als allgemein angegeben.

Beim Thema Alkohol scheiden sich die Geister

Auch beim Thema Alkohol unterscheidet sich ihre Ansicht von dem, was der Gynäkologenverband empfiehlt: "Wir sind uns einig, dass große Mengen, selbst wenn sie nur gelegentlich getrunken werden, gefährlich sind. Aber ein Glas Wein ab und zu scheint kein Problem darzustellen. Auch das ist eine sehr persönliche Entscheidung", betont sie - und verweist darauf, dass es in manchen Ländern keine Empfehlung für ein absolutes Alkoholverbot während der Schwangerschaft gibt.

Ein Artikel in der Fachzeitschrift "Pediatrics" beschrieb, dass ein alkoholisches Getränk am Tag ausreiche, um das ungeborene Kind einem erhöhten Risiko auszusetzen, dass es später Verhaltensauffälligkeiten entwickeln werde. Der Artikel ließ jedoch völlig außer Acht, dass die untersuchten Frauen neben dem Alkohol auch Kokain konsumierten. 18 Prozent der Nicht-Trinkerinnen und immerhin 45 Prozent der Frauen, die täglich Alkohol tranken, hatten angegeben, dass sie zusätzlich noch Kokain nahmen. Oster argumentiert, dass die später festgestellten Verhaltensprobleme bei den Kindern ebenso gut vom Kokain herrühren könnten wie vom Alkohol.

Die Wirtschaftswissenschaftlerin leugnet nicht, dass extremer Alkoholkonsum die Gefahr eines Fetalen Alkoholsyndroms (FAS) stark erhöht. Der Alkohol durchdringt die Plazenta-Schranke zwischen Mutter und Baby und kann sich - je nach Entwicklungsstand der Schwangerschaft - schädigend auf die körperliche, soziale und geistige Entwicklung des Embryos auswirken.

Der Terror mit der Waage

Auch was das Gewicht der werdenden Mutter angeht, unterscheidet sich ihre Position von der anderer: Für viele Schwangere ist das Wiegen bei jedem Vorsorgetermin so etwas wie ein Gang zum Schafott. Habe ich zu viel zugenommen, wird der Arzt schimpfen? Wird er wieder von Diabetesrisiko und Riesenbabys sprechen? "Was ist so furchtbar wichtig an der Gewichtszunahme?", wiegelt Oster ab. "Wenn du während der Schwangerschaft mehr zunimmst, wird dein Baby - im Schnitt - größer sein. Überdurchschnittlich große und auch unterdurchschnittlich kleine Babys haben häufiger Komplikationen. Aber: die Komplikationen bei großen Babys sind vergleichsweise harmlos. Das Hauptproblem bei einem sehr großen Baby ist die schwerere Geburt. Sehr kleine Säuglinge dagegen haben ein erhöhtes Risiko für Atemprobleme und neurologische Komplikationen."

Also folgert Oster: lieber ein paar Pfund mehr. Schwangere, die sehr wenig zunehmen, haben nämlich häufiger auch sehr kleine Babys.

Katzenklo saubermachen? Kein Problem

Eine eigene Meinung hat sie ebenfalls zum Thema Toxoplasmose: Infiziert sich eine Frau in der Schwangerschaft erstmals mit dem Erreger, kann es zu Schädigungen des ungeborenen Kindes kommen. Katzen gelten allgemein als Überträger des Erregers; dies gilt allerdings nur für Katzen, die sich ebenfalls das erste Mal angesteckt haben. Nach der Erstinfektion entwickeln die Tiere eine Immunität und scheiden keine Erreger mehr aus. Eine schwangere Frau könne also ruhig das Katzenklo reinigen, sagt Oster. Viel gefährlicher sei Gartenarbeit, habe sie festgestellt - in der Erde können Toxoplasmose-Erreger zum Teil jahrelang überleben.

Heftige Kritik an Osters Aussagen

Osters Thesen haben bereits Proteste ausgelöst: Auf einer Website für werdende Eltern wurden ihre Empfehlungen insbesondere in Bezug auf Alkohol- und Kaffeekonsum kritisiert und als gefährlich bezeichnet. Ihr hätten viele Frauen mitgeteilt, dass auch manche Ärzte nicht komplett von Alkohol abrieten, sagt die Autorin dazu: Dies werde jetzt immer mehr diskutiert werden.

Bei ihren Recherchen habe sie neben der Sache mit dem Alkohol, dem Kaffee und dem Sushi am meisten überrascht, wie vielen Schwangeren Bettruhe verordnet werde, um Fehlgeburten zu verhindern, erklärt Oster. Dabei gebe es in Studien wenig Beweise dafür, dass das Liegen tatsächlich positive Auswirkungen habe. Trotz allem ist sie der Ansicht, dass die Frauen ihren Ärzten vertrauen sollten. "Aber Frauen haben auch die Pflicht, sich über Dinge zu informieren, die mit ihnen zu tun haben, so dass sie ein aktives Gespräch mit ihren Arzt führen können."

Transparenzhinweis
  • Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.
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