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Coronavirus-Krise: Warum manche Medikamente knapp sind


Engpässe in der Corona-Krise
Warum manche Medikamente derzeit knapp sind

Von Nicole Sagener

Aktualisiert am 24.03.2020Lesedauer: 3 Min.
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Apotheker mit einem Rezept in der Hand: Apotheken beobachten derzeit eine erhöhte Nachfrage nach Medikamenten.Vergrößern des Bildes
Apotheker mit einem Rezept in der Hand: Apotheken beobachten derzeit eine erhöhte Nachfrage nach Medikamenten. (Quelle: jacoblund/getty-images-bilder)

Apotheker beobachten Engpässe für manche Arzneimittel. Das schürt Sorgen vor einer ernsthaften Knappheit in der Corona-Krise. Doch der Mangel hat zum Teil eine simple Ursache.

Antibiotikum gegen Blasenentzündung: nicht verfügbar. Medikament gegen Bluthochdruck: Fehlanzeige. Auch ein alternatives Präparat mit dem gleichen Wirkstoff war in der Apotheke vergriffen. Immer wieder erleben Menschen in Deutschland dieser Tage solche Situationen – und sind entsprechend besorgt. Verschärft die Coronavirus-Pandemie Lieferengpässe? Muss ich befürchten, dass ich mein Medikament nun nicht mehr verlässlich bekomme?

Die Sorgen scheinen nicht unbegründet. Für die zugelassenen Pneumokokken-Impfstoffe etwa bestätigte das Bundesgesundheitsministerium (BMG) Mitte März tatsächlich einen Versorgungsmangel.

Fest steht auch: Die europäischen Länder, also auch Deutschland, sind auf Medikamentenlieferungen aus Asien angewiesen. Dass etliche Hersteller ihre Präparate seit Jahren in China und Indien produzieren, könnte in der Corona-Krise zum Problem werden. Denn China liefert kaum noch und Indien hat Exportverbote verhängt, um die eigene Bevölkerung in der jetzigen Krisensituation zu schützen.

Bundesinstitut sieht trotz Corona-Krise keine Engpässe

Dennoch bestünden aktuell keine Lieferschwierigkeiten infolge von Covid-19, teilt das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) auf Anfrage von t-online.de mit.

Laut dem BfArM werden in der chinesischen Provinz Hubei, wo die Corona-Pandemie ihren Anfang nahm, nach aktueller Datenlage für 153 Arzneimittelzulassungen Wirkstoffe hergestellt. Von diesen Medikamenten enthalten 64 einen als versorgungsrelevant eingestuften Wirkstoff.

"Die Arzneimittelherstellung im Bereich Hubei, die jetzt zum Erliegen gekommen ist, hat für uns in Deutschland und Europa markttechnisch überhaupt keine Bedeutung", beruhigte BfArM-Präsident Karl Broich Anfang März.

Produktion in China läuft langsam wieder an

Auch der Bundesverband der Arzneimittel-Hersteller (BAH) gibt auf Anfrage von t-online.de Entwarnung: Die Produktion von pharmazeutischen Wirkstoffen laufe in China derzeit langsam wieder an. "Die Arzneimittel-Hersteller in Deutschland bemerken noch keine Folgen über das in Indien verhängte Exportverbot", so Verbandssprecherin Leonie Heitmüller.

Neu sind Lieferprobleme bei Medikamenten ohnehin nicht. Das BfArM führt schon seit vielen Jahren eine Liste mit Engpass-Meldungen zu all jenen Arzneien, die hierzulande als versorgungsrelevant eingestuft werden. Zu solchen Medikamenten zählt das BfArM unter anderem etliche Antibiotika oder die Schmerzmittel Ibuprofen und Paracetamol. Ausgenommen davon sind Impfstoffe.

"Die Menschen horten auch Medikamente"

Doch warum sind bestimmte Medikamente zurzeit öfter vergriffen? Axel Trischmann, stellvertretender Vorsitzender im Berliner Apotheker-Verein und seit rund 30 Jahren Apotheker, hat darauf eine einfache Antwort: "Die Menschen horten nicht nur Klopapier, sondern auch Medikamente", sagt er im Gespräch mit t-online.de.

Die übliche Versorgungsmenge, also eine Packung eines Medikaments, reiche in der Regel für etwa drei Monate. Doch offensichtlich kaufen mehr Menschen derzeit auf Vorrat, beobachtet Trischmann. "Das führt zu einer sich selbst erfüllenden Prophezeiung."

Inwiefern bestimmte Engpässe auf das Coronavirus zurückgehen, lasse sich dem Apotheker zufolge nicht nachverfolgen. "Die Hersteller teilen uns und den Ärzten nicht mit, warum bestimmte Mittel knapp sind und wann sie wieder verfügbar sein werden."

Künftige Folgen der Corona-Pandemie nicht absehbar

Dass Patienten, die durch die Pandemie von SARS-CoV-2 verunsichert sind, seit einigen Tagen mehr Arzneimittel in den Apotheken nachfragen, bestätigt auch die Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände e. V. (ABDA) auf Anfrage von t-online.de. Das stelle, ähnlich wie bei Lebensmitteln, den Arzneimittel-Großhandel vor logistische Herausforderungen und führe zu kurzfristigen Engpässen, so ABDA-Sprecher Reiner Kern.

Allerdings gebe es schon seit einigen Jahren mit steigender Tendenz Lieferengpässe in der Arzneimittelversorgung. "Wir können aber natürlich nicht ausschließen, dass darüber hinaus im Laufe des Jahres weitere Auswirkungen der Corona-Pandemie auf Produktion und Distribution von Medikamenten zu spüren sein werden“, meint Kern. Zum Hamstern bestehe jedoch weiter kein Anlass.

Tipps vom Apotheker: Medikament rechtzeitig besorgen

Ist eine Arznei tatsächlich einmal nicht in der Apotheke verfügbar, sei das jedoch kein Grund zur Panik, beruhigt auch der Apotheker Axel Trischmann. In der Regel könnten Apotheken ein alternatives Medikament mit dem gleichen Wirkstoff in gleicher Konzentration anbieten – nur eben von einer anderen Firma.

"Ist das nicht der Fall, muss der Arzt für den Patienten nach einem alternativen Wirkstoff suchen." Und wie sonst auch gelte laut Trischmann jetzt: "Besorgen Sie sie sich nicht erst kurz vor knapp, sondern rund zwei Wochen vor Aufbrauchen der Packung die neue Dosis."

Ruf nach mehr Medikamenten-Produktion in Deutschland

Obgleich also aktuell kein Grund zur Sorge besteht, fordert der Bundesverband der Arzneimittel-Hersteller mehr Anreize in Richtung europäische oder deutsche Produktionsstätten.

Ein wesentlicher Grund für die Verlagerung von Produktionskapazitäten in der Vergangenheit sei der starke Kostendruck, den die gesetzlichen Krankenkassen auf die Industrie ausgeübt hätten“, erläutert BAH-Sprecherin Heitmüller. "Die Arzneimittel-Produktion in Deutschland und Europa gibt es noch. Die Politik sollte Anreize setzen, diese Produktion zu halten und zu stärken."

Transparenzhinweis
  • Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.
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