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Coronavirus: Patienten kommen traumatisiert und geschwächt in die Reha


Corona-Patienten kommen traumatisiert und geschwächt in die Reha

Von Sandra Simonsen

Aktualisiert am 29.07.2020Lesedauer: 5 Min.
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Physiotherapie: Viele Corona-Patienten benötigen nach ihrer Genesung eine Reha, um wieder fit zu werden.Vergrößern des Bildes
Physiotherapie: Viele Corona-Patienten benötigen nach ihrer Genesung eine Reha, um wieder fit zu werden. (Quelle: Phynart Studio/getty-images-bilder)

In der Corona-Pandemie gab es in vielen Rehakliniken Belegungsschwankungen. Jetzt kommen wieder mehr Patienten, doch viele Probleme sind geblieben. Welche Spätfolgen hat die Pandemie für die Rehabilitation?

Reha-Einrichtungen standen seit Beginn der Pandemie gemeinsam mit Akutkliniken und niedergelassenen Ärzten im Zentrum der Krise. Um Kliniken, die Corona-Fälle behandelten, zu entlasten, nahmen Rehakliniken deren leichtere Akutpatienten auf. Reha entlastete auch Pflegeeinrichtungen und ermöglichte Kurzzeitpflege. Die sogenannten Anschlussheilbehandlungen wurden weiterhin durchgeführt.

Doch wegen der Infektionsgefahr wurde Patienten empfohlen, Reha-Therapien, die verschiebbar waren, besser zu einem späteren Zeitpunkt zu nutzen – und auch viele Patienten selbst zögerten, die Reha anzutreten. Wochenlang waren daher Reha-Fachabteilungen geschlossen oder umgewidmet, Anschlussheilbehandlungen fanden nur selten statt, da Operationen verschoben wurden – viele Patienten sagten ihre Reha ab.

Während die Kliniken mit schweren finanziellen Einbußen zu kämpfen haben und Mitarbeiter in Kurzzeitarbeit tätig waren oder sich auf ganz neue Aufgaben einlassen mussten, gibt es mittlerweile auch eine neue Patientengruppe in den Rehakliniken: genesene Covid-19-Patienten, die mit Langzeitfolgen zu kämpfen haben.

Christof Lawall, Geschäftsführer der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Rehabilitation (Degemed), und Mark Förste, Verwaltungsleiter in der Reha-Einrichtung Klinikzentrum Bad Sulza in Thüringen, berichten im Gespräch mit t-online.de von ihren Erfahrungen mit der Corona-Pandemie.

Christof Lawall schätzt, dass einige Hundert Menschen bundesweit nach einer Covid-19-Erkrankung in Reha sind. "Zunächst mal ist Covid-19 eine Atemwegserkrankung und es gab natürlich schon vor der Pandemie Patienten mit Atemwegserkrankungen. Aber was das Coronavirus von den anderen Erkrankungen unterscheidet, ist die Intensität und die Schwere der Erkrankung", sagt er: "Da ist höherer medizinischer und therapeutischer Einsatz notwendig." Hinzu komme, dass Covid-19 auch Auswirkungen auf den übrigen Körper habe, wie das Kreislaufsystem, das Nervensystem, das Herz und vor allem die Psyche der Betroffenen.

Diese neuen Herausforderungen bestätigt Mark Förste: "Wir sind zwar eine der wenigen pneumologischen Reha-Fachabteilungen in Mitteldeutschland, aber auch wir konnten auf diese Pandemie nicht vorbereitet sein." Eine zusätzliche wichtige Aufgabe war Förste zufolge die Kommunikation mit Mitarbeitern und Mit-Rehabilitanden. "Auch sie waren natürlich verunsichert und mussten informiert werden, dass von diesen ehemaligen Covid-19-Patienten kein Risiko ausgeht."

Mit welchen Beschwerden kommen genesene Corona-Patienten in die Reha?

So unterschiedlich, wie SARS-CoV-2 im Körper der Menschen wirkt, so unterschiedlich sind die Beschwerden, die sie in eine Reha mitbringen. Förste beschreibt, dass sie alle eine "deutlich reduzierte körperliche Leistungsfähigkeit" haben. "Ebenso wichtig ist, dass die Patienten mental stark angegriffen sind." Deshalb würden in der Reha die Lungenfunktion, der Muskelaufbau, aber auch die seelische Gesundheit gefördert.

(Quelle: Andreas Schwarz/Degemed)

Christof Lawall


Christof Lawall ist Jurist und seit 2011 als Geschäftsführer für die Deutsche Gesellschaft für Medizinische Rehabilitation (Degemed) tätig. Die Degemed ist der Spitzenverband der medizinischen Rehabilitation und vertritt stationäre und ambulante Leistungsanbieter in ganz Deutschland.

Förste berichtet vom ersten Corona-Patienten in seiner Klinik: "Er hatte sich infiziert, wusste das auch, hatte anfangs aber nur leichte Symptome. Und dann hat sich sein Zustand innerhalb von zwei Stunden so verschlechtert, dass er ins Krankenhaus eingeliefert und intensivpflichtig und sogar ins künstliche Koma verlegt wurde." Nach 26 Tagen sei er aus dem Koma erwacht und fand sich verkabelt und beatmet auf der Intensivstation wieder. "Alleine dieser erste Moment, in dem man sich fragt: 'Ist das nun mein künftiges Leben?', ist traumatisch für einen Menschen", so Förste. Hinzu komme Angst, beispielsweise bei Atemnot. Zusätzlich hätten einige Patienten auch enge Angehörige durch das Virus verloren.

Deshalb werde jeder Patient individuell behandelt. Damit das in Zukunft weiterhin funktionieren könne, seien die Rehakliniken auf finanzielle Unterstützung angewiesen, betonen sowohl Förste als auch Lawall.

Rehakliniken zur Entlastung von Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen

Denn während Krankenhäuser und Pflegekräfte häufig im Fokus standen, wurde über Rehakliniken wenig gesprochen. Dabei standen diese zu Beginn der Krise "in der ersten Reihe", wie Christof Lawall erzählt. "Reha-Einrichtungen haben zum Beispiel ihre freien Kapazitäten genutzt, um leichtere Krankenhausfälle zu übernehmen", so Lawall. Ziel sei es gewesen, dass sich die Krankenhäuser so auf die Behandlung der Covid-19-Patienten konzentrieren konnten.

Reha-Einrichtungen haben außerdem Kurzzeitpflege ermöglicht und so Pflegeeinrichtungen entlastet. "Das sind zwei Tätigkeitsfelder, die die Reha bisher nicht betrieben hat. Die Branche hat sich aber flexibel gezeigt, um in einer schwierigen Zeit zu helfen. Rehakliniken waren ein echtes Auffangnetz", erklärt der Degemed-Geschäftsführer.

Belegungsschwankungen bedrohen Rehakliniken

In der Hochzeit der Corona-Pandemie gab es Belegungsausfälle und -schwankungen in den Rehakliniken, die so große finanzielle Verluste hinnehmen mussten.

"Wie hoch die Verluste tatsächlich am Ende sind, kann man im Augenblick noch nicht beziffern", so Lawall, "allerdings kann man schon sagen, dass die allermeisten Rehakliniken von den wirtschaftlichen Folgen der Krise massiv betroffen sind." Das berichtet auch Mark Förste: "Im März kam der große Einbruch, als wir von guter Belegung auf fast null herunterfahren mussten. Die Rehaklinik ist in Kurzarbeit gegangen. Von 190 Betten waren zum Tiefpunkt nur noch zwölf belegt – und das über mehrere Wochen hinweg."

Sorgen, dass es deswegen künftig keine Reha-Einrichtungen mehr geben könnte, sind allerdings unbegründet. Schon früh hat die Bundesregierung zwei Schutzschirme auf den Weg gebracht, die die Branche unterstützen: "Die Hilfeleistungen kamen schnell und konnten auch schnell beantragt werden. Von der Antragsstellung bis zur Zahlung sind etwa zwei Wochen vergangen", betont Förste.

(Quelle: Klinikzentrum Bad Sulza)

Mark Förste


Mark Förste ist Verwaltungsleiter im Klinikzentrum in Bad Sulza, Thüringen. Zu den Fachbereichen des Rehazentrums zählen unter anderem Hauterkrankungen, Atemwegserkrankungen und Orthopädie. Mehr als ein Dutzend genesene Covid-19-Patienten wurden dort bereits behandelt.

Ausrichtung der Reha verändert sich

Die Rehakliniken sind mittlerweile auf dem Weg zurück in den Regelbetrieb. Unter anderem deshalb, weil zahlreiche zuvor verschobene Operationen wieder durchgeführt werden. Aber auch das Vertrauen der Patienten steigt wieder. Die Beantragung einer Reha kann heute wie gewohnt fortgesetzt werden.

"Aktuell haben wir eine Belegung, die höher ist als vor der Pandemie", erzählt Förste. "Auch bei hohen Patientenzahlen können wir eine sehr gute Versorgung bieten und setzen alles daran, die Rehabilitanden gut zu versorgen und allen Patienten mit ihren Beschwerden gerecht zu werden."

Hinzu kommt, dass auch die Rehakliniken Hygiene- und Abstandsauflagen erfüllen müssen. "Durch die Abstandsregelungen müssen die Gruppengrößen deutlich verringert werden. Das bedeutet für alle Therapeuten, dass sie die Gruppen anpassen und anders ausrichten müssen. Teilweise sogar, dass es mehr Therapeuten geben muss", erklärt Lawall.

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Auch andere Prozesse, wie beispielsweise die Organisation der Mahlzeiten in mehreren kleinen Gruppen, hätten sich in Bad Sulza verändert, so Förste; nicht mehr alle Rehabilitanden könnten gleichzeitig in den Essenssaal kommen. Was so harmlos klinge, habe Einfluss auf die gesamte therapeutische Tages- und Personalplanung.

Das alles bedeutet zusätzlich zu den finanziellen Einbußen nun auch Mehrkosten für die Kliniken. "Und dieser Mehraufwand wird im Moment nicht adäquat refinanziert", kritisiert Lawall. "Konkret ist unsere Forderung dazu, dass die Kostenträger einen Corona-Zuschlag zahlen, solange die höheren Anforderungen an die Reha-Einrichtungen bestehen. Wir fordern, dass dann auch die Vergütung der Rehakliniken angepasst wird." Auch Förste sagt, wirklich helfen würde vor allem ein Zuschuss, der auch rückwirkend gezahlt werde.

Transparenzhinweis
  • Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.
Verwendete Quellen
  • Deutsche Gesellschaft für Medizinische Rehabilitation e. V.
  • Eigene Recherche
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