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Grünenpolitiker Roth und Hofreiter: Klimakrise wird zentrales Sicherheitsrisiko


Gastbeitrag
Die Klimakrise wird zum zentralen Sicherheitsrisiko

MeinungVon Claudia Roth und Anton Hofreiter (Grüne)

Aktualisiert am 17.04.2021Lesedauer: 3 Min.
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Ein Junge auf den Trümmern eines durch einen Zyklon zerstörten Hauses in Bangladesch: Die Krisen überlagern sich.Vergrößern des Bildes
Ein Junge auf den Trümmern eines durch einen Zyklon zerstörten Hauses in Bangladesch: Die Krisen überlagern sich. (Quelle: Sultan Mahmud Mukut/imago-images-bilder)

Klimakrise und Corona treffen vielerorts auf fragile Staaten. Das heizt die Konflikte weiter an. Wir müssen diese Länder mit den USA endlich konkret unterstützen, meinen die Grünen-Politiker Claudia Roth und Anton Hofreiter im Gastbeitrag.

Die Corona-Pandemie hält die ganze Welt in Atem. Das Virus trifft uns alle, aber nicht alle gleich: In vielen Ländern trifft die Pandemie auf bereits sehr schwierige Umstände. So haben auch im vergangenen Jahr extreme Wetterereignisse, bedingt durch die globale Erwärmung, zahlreiche Regionen heimgesucht.

In Indien und Bangladesch tobte der stärkste Zyklon seit mehr als 20 Jahren, gefolgt von historischen Überflutungen, während auch dort das Coronavirus Millionen Menschen infizierte. Fast 40 Millionen Menschen waren laut dem Internationalen Komitee vom Roten Kreuz von beiden Krisen gleichzeitig betroffen. Am stärksten leiden Frauen, Mädchen, Indigene, Kleinbäuerinnen und Kleinbauern unter den Auswirkungen – also all diejenigen, die gesellschaftlich bereits ohnehin benachteiligt werden.

Ein Krisenmix als neue Normalität

Als wäre die Klimakrise allein nicht Herausforderung genug, droht ein Krisenmix zur neuen Normalität für Millionen von Menschen zu werden. Menschen, für die die Folgen der Klimakrise bereits heute die Zerstörung ihrer Lebensgrundlagen oder den Verlust des sicheren Zuhauses bedeutet.

Wo sich die Klimakrise mit anderen Krisen paart, auf fehlende soziale Sicherungssysteme und mangelnde gesellschaftliche Widerstandsfähigkeit trifft, wo der Autoritarismus zunimmt, droht die Überforderung staatlicher Strukturen und in Folge die Destabilisierung ganzer gesellschaftlicher Systeme. Die Klimakrise wird zu dem zentralen Sicherheitsrisiko weltweit. In der afrikanischen Sahelzone, im Irak oder in Afghanistan sehen wir, wie die Erderhitzung Konflikte verschärft und Gewaltakteure die instabile Lage zu ihren Gunsten nutzen. Verteilungskonflikte und Vertreibung sind die Folgen.

Die Klimakrise ist die größte humanitäre und friedenspolitische Herausforderung des 21. Jahrhunderts. Sie droht die elementaren Menschenrechte von Millionen von Menschen zu verletzen, Ungleichheiten dramatisch zu verschärfen und eine Welt in Frieden in unerreichbare Ferne zu rücken. Es ist darum höchste Zeit, Klimakrise und Konfliktprävention zusammen zu denken.

Sicherheit umfassender denken

Um den komplexen Herausforderungen angemessen zu begegnen, muss die staatliche Sicherheit um gesundheitliche Aspekte, Ernährungssouveränität und die zwingende Freiheit von Not und Furcht vervollständigt werden. Zugleich muss für einen umfassenden gesellschaftlichen Frieden auch die Ungleichbehandlung von Frauen und Mädchen und die Ausgrenzung und Mehrfachdiskriminierung anderer marginalisierter Bevölkerungsgruppen überwunden werden.

Die menschliche Sicherheit rückt in den Fokus und wird zum gemeinsamen Nenner von Klimaaußenpolitik und Krisenprävention. So wird Klimapolitik zu einer vielversprechenden Friedensdividende. Es eilt. Es ist Zeit für eine präventive, an der menschlichen Sicherheit aller ausgerichteten Klimaaußenpolitik.

Claudia Roth, 65, war lange Parteivorsitzende der Grünen und ist seit 2013 Vizepräsidentin des Bundestages. Anton Hofreiter, 51, ist seit 2013 Vorsitzender der Grünen-Bundestagsfraktion.

Die Rückkehr der USA in das Pariser Klimaabkommen und die Neuausrichtung der US-Klimapolitik unter Präsident Biden müssen jetzt genutzt werden, um eine gemeinsame Agenda für mehr Klimagerechtigkeit mit ambitionierten Partnerinnen und Partnern weltweit voranzutreiben. Am 22. April, dem internationalen Tag der Erde, kommen die größten Verursacher der Erderwärmung auf Einladung der USA zu einem virtuellen Klimagipfel zusammen.

Sieben Monate vor der internationalen Klimakonferenz im November in Glasgow ist ein ambitionierter Vorstoß für mehr Klimaschutz dringend nötig. Die Bundesregierung sollte diesen Klimagipfel nutzen, um im Kreis der größten Emittenten ein konkretes Angebot für ambitionierteren Klimaschutz und mehr Klimagerechtigkeit zu unterbreiten. Sie muss sich dabei klar gegen eine Wiederbelebung der Atomkraft positionieren.

Unterstützung für den Globalen Süden

Im Schulterschluss mit den USA müssen wir jetzt konkrete Unterstützung für Länder und Regionen anbieten, in denen die Klimakrise bereits zum Sicherheitsrisiko geworden ist. Als größte Verursacher der globalen Erderwärmung sind ambitionierte Zusagen zur internationalen Klimafinanzierung elementar, damit Länder des Globalen Südens ausreichend Finanzmittel für Klimaschutz, Klimaanpassung, Schäden und Verluste zur Verfügung gestellt werden.

Eine weltweite sozial-ökologische Transformation muss zugleich so gestaltet werden, dass sie Ungleichheiten abbaut, bestehende patriarchale Strukturen aufbricht und Diskriminierung verringert.

Klimapolitik ist die Friedenspolitik des 21. Jahrhunderts. Der Globale Süden darf infolge des toxischen Gemisches aus Corona-Pandemie und Klimakrise nicht weiter abgehängt werden. Wir brauchen jetzt eine Kraftanstrengung der internationalen Gemeinschaft, die weit über akute Krisenbewältigung hinausreicht – einen grünen gerechten Weg, auf dem die EU und die USA gemeinsam vorangehen sollten.

Globale Gerechtigkeit, die ambitionierte Bekämpfung der Klimakrise, das Erreichen der internationalen Nachhaltigkeitsziele, Schutz von Menschenrechten und Geschlechtergerechtigkeit sind die zentralen Voraussetzungen für einen solidarischen Weg aus der Corona-Krise. Machen wir uns gemeinsam auf den Weg und schaffen eine bessere Zukunft, ein Leben in Würde für alle Menschen im Rahmen unserer planetaren Grenzen. Nichts weniger ist unser Ansporn.

Die im Gastbeitrag geäußerten Ansichten geben die Meinung der Autoren wieder und entsprechen nicht notwendigerweise denen der t-online-Redaktion.

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