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Waldbrände in Südeuropa: Diese Fehler sollten jetzt vermieden werden


"Ein typisch menschliches Phänomen"
Nach Waldbränden wird immer der gleiche Fehler gemacht


11.08.2021Lesedauer: 3 Min.
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Unglaublicher Schaden durch Waldbrände: Die Feuer in den griechischen Wälder haben das Land schwer getroffen – mehr als 90.000 Hektar sollen bereits abgebrannt sein. (Quelle: Glomex)

Noch immer kämpft Europas Süden gegen die verheerenden Waldbrände. Doch was passiert, wenn die Flammen erloschen sind? In den vergangenen Jahren haben die Verantwortlichen falsch gehandelt, mahnen Experten.

Im Süden Europas brennen riesige Flächen: Seit mehr als einer Woche wüten in Griechenland, der Türkei, Italien und anderen Ländern im Mittelmeerraum schwere Wald- und Buschbrände. Eine lange Dürreperiode hat diese begünstigt, starker Wind facht die Flammen immer wieder an. Rettungskräfte sind seit Tagen im Dauereinsatz, auch die Bevölkerung muss dabei helfen, die Brandherde von Ortschaften fernzuhalten.

Eigentlich sind Waldbrände nicht außergewöhnlich für die Länder des europäischen Südens, werden sie doch jährlich von saisonalen Feuern heimgesucht. Doch so lange und intensiv wie in diesem Jahr hat es lange nicht gebrannt.

"Die aktuelle Lage ist katastrophal und außerhalb der Norm", stellt Alexander Held fest. Sowohl die Zahl als auch Größe und Intensität der Brände seien unnatürlich, so der Forstwissenschaftler vom European Forest Institute in Bonn. "Das ist nicht das, was wir gewöhnt sind aus diesen Breitengraden."

"Rennen der Lage hinterher"

Die besonders lang andauernde Extremwetterlage in diesem Jahr sorgte für "hervorragende" Bedingungen für die Ausbreitung der Feuer, so Held. "Sie sorgen auch dafür, dass die Vegetation zu einem größeren Anteil als üblich zu Brennmaterial wird. Wir sind jetzt an dem Punkt, wo es so trocken ist, dass einfach alles brennt." Die Ausbreitung der Feuer sei nicht zu verhindern gewesen. "Wenn das Feuer brennt, dann sind wir unter diesen Bedingungen, egal wie viele Löschflugzeuge wir haben, nicht dazu in der Lage, die Brände zu kontrollieren. Insofern rennen wir der Lage jetzt hinterher."

Ein Ende ist noch immer schwer abzusehen. Zwar entspannt sich die Lage in der Türkei und Teilen Griechenlands allmählich, doch in anderen Ländern wie Italien oder Algerien lodern die Flammen weiter. Zudem rollt bereits die nächste Hitzewelle auf die Mittelmeerregion zu.

Was passiert mit den toten Flächen?

Bereits jetzt wurden allein in der Türkei nach ersten Schätzungen landesweit mehr als 150.000 Hektar Land von den diesjährigen Feuern zerstört – eine Fläche fast dreimal so groß wie der Bodensee. In Griechenland beläuft sich der Waldflächenverlust auf bisher mindestens 90.000 Hektar. Was passiert eigentlich mit den toten Waldflächen, wenn die Löscharbeiten abgeschlossen sind?

Das türkische Ministerium für Forstwissenschaft hat angekündigt, gemeinsam mit der Tema-Stiftung für Naturschutz ein großangelegtes Aufforstungsprojekt durchzuführen. Auch der griechische Premier Kyriakos Mitsotakis versprach, die verbrannten Gebiete wieder aufforsten zu wollen. Künftig wolle Griechenland auf Prävention setzen, so Mitsotakis in einer Fernsehansprache am Montag. Dafür soll der Zivilschutz vollständig umorganisiert werden.

Düstere Prognose für Europa

Für Held eine längst überfällige Ankündigung: "Ich habe große Hoffnung, dass diese Brände wirklich ein Weckruf sind." In den vergangenen Jahren habe man nach Waldbränden einfach wieder aufgeforstet oder nichts getan. "Das ist ein typisch menschliches Phänomen: Nach einer Katastrophe möchte jeder Mensch so schnell wie möglich zurück zur Normalität, das heißt, zurück zu dem Bild, wie wir es kennen. Und das ist genauso beim Aufforsten."

Diese Reaktion ist laut Held zu eindimensional. "Wir dürfen nicht sagen: Wir pflanzen jetzt eine Million Bäume und damit läuft die Sache." Entscheidend sei es, den Feuern das Brennmaterial zu entziehen. Erreicht werden könne dies durch eine "resiliente Landschaft". Statt allein auf großflächige Bewaldung zu setzen, müsse die Landschaft strukturierter geplant werden mit sich abwechselnden Wald- und Agrarflächen. Dadurch entstehe eine mosaikartige Landschaft, die es den Feuern erschwere sich auszubreiten. Katastrophenausmaße wie in der Türkei und Griechenland könnten so verhindert werden.

Katastrophenfeuer können verhindert werden

"Wenn wir es schaffen, dass es immer wieder Bereiche gibt, wo Feuer kein oder wenig Brennmaterial finden, dann können wir auch unter einem 40-Grad-Szenario Feuer bekämpfen". Ein gut strukturierter, artenreicher Wald könne ein Zukunftsmodell sein, um mit dem Klimawandel umzugehen, glaubt Held. "Aber das passiert nicht von alleine."

Dass Prävention dringend nötig ist, zeigen auch die jüngsten Klimaprognosen für Europa. So muss sich der Kontinent in Zukunft unter anderem auf längere und intensivere Hitzephasen einstellen. Das geht aus dem neuen Bericht des Weltklimarats hervor, der am Montag vorgestellt wurde. Traten extreme Hitzewellen früher gut zweimal im Jahrhundert auf, könnten sie künftig fünfmal so oft vorkommen. Großbrände, wie wir sie derzeit im Mittelmeerraum erleben, werden dadurch wahrscheinlicher.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherche
  • Telefoninterview mit Alexander Held am 09.08.2021
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