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Weltklimarat: Bis zu 3,6 Milliarden Menschen durch Klimakrise "hochgradig gefährdet"


Bericht des Weltklimarats
Bis zu 3,6 Milliarden Menschen durch Klimakrise "hochgradig gefährdet"

Von afp, dpa
Aktualisiert am 28.02.2022Lesedauer: 4 Min.
Baumsterben im Nationalpark Harz: Der Weltklimarat warnt eindringlich vor den Folgen der Klimakrise.Vergrößern des BildesBaumsterben im Nationalpark Harz: Der Weltklimarat warnt eindringlich vor den Folgen der Klimakrise. (Quelle: Martin Wagner/imago-images-bilder)
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Die verheerenden Folgen des Klimawandels werden immer deutlicher. Mit Anpassungen sei das Schlimmste noch abzuwenden, sagt der Weltklimarat – aber die Zeit drängt. Es brauche tiefgreifende Veränderungen.

Knapp die Hälfte der Menschheit ist laut dem neuen Sachstandsbericht des Weltklimarats IPCC schon jetzt hochgradig gefährdet durch die zunehmenden Auswirkungen des Klimawandels. 3,3 bis 3,6 Milliarden der knapp acht Milliarden Menschen weltweit seien durch den Klimawandel "hochgradig gefährdet", heißt es in dem am Montag in Berlin veröffentlichten Bericht. Dieses Risiko werde durch sozial-ökonomische Ungleichheit sowie nicht nachhaltige Nutzung von Land und Meeren weiter erhöht.

Die Erderhitzung führt dem neuen Bericht zufolge bereits zu gefährlichen Veränderungen der Natur und Milliarden Menschen leiden immer stärker darunter. "Die Auswirkungen, die wir heute sehen, treten viel schneller auf und sind zerstörerischer und weitreichender als vor 20 Jahren erwartet", berichtete die IPCC-Arbeitsgruppe am Montag zu den Folgen des Klimawandels.

Das erhöhe Armut und Ungleichheit und werde mehr Menschen, die in ihrer Heimat kein Auskommen mehr haben, zur Migration zwingen. Selbst wenn es gelingt, die Erwärmung auf 1,5 Grad über dem vorindustriellen Niveau zu begrenzen, muss die Menschheit schon in den nächsten 20 Jahren erhebliche Auswirkungen verkraften. Die Regierungen täten noch lange nicht genug, um die schlimmsten Gefahren abzuwenden.

"Dieses Denken ist in der Politik noch nicht so richtig angekommen"

"Wir haben ein schrumpfendes Zeitfenster", warnte der Ko-Vorsitzende der Arbeitsgruppe, der deutsche Meeresbiologe Hans-Otto Pörtner. Der Bundesregierung gibt er für ihre Klimapolitik teils schlechte Noten: "Für die Ambitionen kriegt sie eine Drei und für die Umsetzung eine Vier minus bisher", sagte er der Deutschen Presse-Agentur. Die Folgen sind schon jetzt in allen Teilen der Welt sichtbar: Es gibt verheerende Waldbrände wie im Mittelmeerraum und im Westen der USA, Überschwemmungen wie in der Region Ahr und Erft im Juli 2021, Hitzewellen wie in Sibirien.

30 bis 50 Prozent der Erdoberfläche müsse für Naturräume zur Verfügung gehalten werden. Diese Räume könnten durchaus genutzt werden, aber nur in einem nachhaltigen Miteinander von Mensch und Natur. "Dieses Denken ist in der Politik noch nicht so richtig angekommen", sagte Pörtner vor Journalisten.

Der Krieg Russlands gegen die Ukraine werfe die Klimaschutzbemühungen zurück. "Dieser Konflikt fühlt sich an wie aus der Zeit gefallen, wenn man sich überlegt, welche existenziellen Nöte die Menschheit eigentlich hat im Kontext der Auswirkungen des Klimawandels und des Biodiversitätsverlustes." Die Kosten zur Bewältigung der Folgen des Klimawandels und für Anpassungsmaßnahmen seien unterschätzt worden.

"Seit Zehntausenden Jahren nicht mehr erlebt"

Noch nähmen Ökosysteme mehr Treibhausgase auf als sie selbst verursachten, heißt es in den IPCC-Dokumenten. Das ändere sich aber, wenn Urwald abgeholzt oder Torfmoorgebiete trockengelegt werden oder der arktische Permafrost schmilzt. "Dieser und andere Trends können noch umgekehrt werden, wenn Ökosysteme instandgesetzt, wieder aufgebaut und gestärkt und nachhaltig bewirtschaftet werden", schreiben die Wissenschaftler. "Gesunde Ökosysteme und eine reiche Artenvielfalt sind die Grundlage für das Überleben der Menschheit."

"Steigende Temperaturen und extreme Ereignisse wie Dürren, Überschwemmungen und Hitzewellen setzen Pflanzen und Tiere klimatischen Bedingungen aus, die sie seit Zehntausenden Jahren nicht mehr erlebt haben."

Die globale Erwärmung treffe mit anderen Herausforderungen zusammen, so der Weltklimarat. Er zählt die wachsende Weltbevölkerung auf, die Migration der Menschen in Städte, zu hohen Konsum, wachsende Armut und Ungleichheit, Umweltverschmutzung, Überfischung und jüngst die Coronavirus-Pandemie. Krankheitsrisiken nähmen weiter zu, das Dengue-Fieber werde sich ausbreiten, auch nach Europa.

Viele Arten vom Aussterben bedroht

Hitze und Extremwetter trieben Pflanzen und Tiere an Land und in den Ozeanen Richtung Pole, in tiefere Gewässer oder höhere Lagen. Meerespflanzen und -tiere bewegten sich wegen der steigenden Wassertemperaturen im Durchschnitt um 59 Kilometer pro Jahrzehnt Richtung Nord- und Südpol. Viele Arten erreichten bei der Anpassung an den Klimawandel Grenzen und seien vom Aussterben bedroht. Bei einer globalen Erwärmung von zwei Grad über dem vorindustriellen Niveau seien 18 Prozent der heutigen an Land befindlichen Tier- und Pflanzenarten vom Aussterben bedroht, bei vier Grad 50 Prozent.

"Der Zeitpunkt wichtiger biologischer Ereignisse wie Fortpflanzung oder Blüte verändert sich", berichten die Wissenschaftler. Beispiel sei die Verfügbarkeit von Insekten zur Zeit der Vogelbrut. Bis Ende des Jahrzehnts könnten Fischer in den tropischen Regionen Afrikas bis zu 41 Prozent weniger fangen. In Afrika sei Fisch für ein Drittel der Menschen die Hauptproteinquelle. Wenn die Erwärmung 2,1 Grad erreiche, dürften in Afrika bis 2050 zusätzlich 1,4 Millionen Kinder wegen Unterernährung in ihrer Entwicklung für immer zurückbleiben.

Mehr Rad- statt Autofahren

Es seien fundamentale gesellschaftliche Veränderungen nötig. Die Energie müsse sauber, die Wegwerfmentalität beseitigt werden. Städte und Landwirtschaft müssten nachhaltig und die Mobilität verändert werden: mehr Rad- statt Autofahren, mehr Zugfahren statt Fliegen. Wichtig sei, die gesamte Bevölkerung mitzunehmen, mahnte die Klimaforscherin und Mitautorin Daniela Schmidt: "Wenn wir wunderbare grüne Städte haben, können sich Leute, die da jetzt leben, das vielleicht dann nicht mehr leisten", sagte sie.

Der Weltklimarat wurde 1988 gegründet. Der neue Report ist Teil zwei seines 6. Sachstandsberichts zum Klimawandel. Der erste Teil über die wissenschaftlichen Grundlagen kam im August 2021 heraus. Der dritte Teil befasst sich mit Möglichkeiten, den Klimawandel zu mindern. Er wird im April erwartet. Laut Weltklimarat lag die globale Durchschnittstemperatur im Zeitraum 2010 bis 2019 durch die vom Menschen verursachten Treibhausgase rund 1,1 Grad höher als in vorindustrieller Zeit (1850-1900). Allein seit dem 5. Sachstandsbericht 2014 war sie um 0,2 Grad gestiegen.

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagenturen dpa und AFP
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