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"Bares für Rares": Händler zahlt über 2.000 Euro zu wenig


"Keine Ahnung von diesem Metier"
"Bares für Rares": Händler zahlt über 2.000 Euro zu wenig

Von t-online, sah

14.05.2019Lesedauer: 3 Min.
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Susan und Eduard Baumer präsentieren etwas ganz Besonderes bei "Bares für Rares". Sie selbst und die Händler ahnen nicht, wie wertvoll ihre Sammlung ist – doch die Expertise nennt einen Spitzenpreis.

Susan und Eduard Baumer – er kommt aus Bayern bei München, sie aus Colorado bei den Rocky Mountains – möchten drei Skizzen für Karikaturen bei "Bares für Rares" verkaufen.

Skizzen für den Simplicissimus

Colmar Schulte-Goltz untersucht die Kunstwerke genau. Bei dem ersten Bild handelt es sich um eine originale Tuschzeichnung von Henry Bing mit dem Titel "Erziehung". Darauf ist eine Mutter zu sehen, die vor einer einfachen Behausung mit zwei Kindern steht. "Also es ist ganz idyllisch, aber man sieht die Familie lebt nicht unbedingt auf der Sonnenseite des Lebens", sagt Schulte-Goltz.

"Wannst jetzt net glei a freundlich's G'sicht machst, nacha kriargst no 'mal a Watsch'n" – steht unter dem Bild, das am 25. Dezember 1911 im Simplicissimus erschienen ist. "Das war das wichtigste Satireblatt in Deutschland und hat während der Kaiserzeit und der Weimarer Republik zu allen tagesaktuellen Ereignissen aus Politik, Gesellschaft und sozialem Leben was gebracht. Der Zeichner ist der Franzose Henry Bing, der ganz viel für den Simplicissimus gemacht hat", weiß der Experte.

Bezug zur NSDAP

"Das sind aber nur Vorzeichnungen, die nachher noch verändert wurden und so oder so ähnlich dann in der Zeitung erschienen sind", wirft Moderator Horst Lichter ein. Schulte-Goltz gibt ihm recht: "Meist sind sie in der Größe verändert und häufig viel kleiner dargestellt worden." Das zweite Blatt trägt die Bezeichnung "Talent". "Wir sehen arme, vom Leben gebeutelte Leute im Schnee, die offensichtlich für höhere Dinge berufen sind, denn der Sohn sagt: 'Vater, mir knurrt der Magen in "S"-Dur'".

Die dritte Arbeit ist von Erich Schilling und zeigt eine kleine Episode. "Man sieht den ehemaligen Reichskanzler Heinrich Brüning, wie er sich von seinem Nagelbrett erhebt. Er war damals Politiker der Zentrumspartei. Dann folgt sein Tagesablauf. Er macht sich fit für die anstehenden Reichstagsgespräche und muss sich genau entscheiden, wie er mit den neuen Machtverhältnissen im Reichstag umgeht. Er muss gegen die aufkommende NSDAP ankämpfen und entscheiden, wie er sich dazu positioniert", erklärt Schulte-Goltz.

Erich Schilling gehörte zu den Herausgebern des Simplicissimus und sei damals ein sehr bedeutender Künstler gewesen. "Er war zuerst gegen die NSDAP, später war er sehr dafür und das hat auch sein weiteres Schaffen sehr geprägt", sagt Schulte-Goltz. Pro Blatt hätten Susan und Eduard Baumer gerne 200 Euro. Das sieht der Experte jedoch ganz anders.

Expertise liegt über 4.000 Euro

"Bei den beiden Arbeiten von Henry Bing bin ich bei 1.400 bis 1.600 Euro pro Blatt. Das dritte würde ich mit ungefähr 900 Euro bewerten. Das macht zusammen 3.700 bis 4.100 Euro", sagt er und sorgt damit nicht nur bei den Verkäufern für eine große Überraschung. "Alter Schwede!", ruft auch Lichter aufgeregt aus und gibt den beiden neben der Händlerkarte noch einen Tipp: "Ihr müsst natürlich schauen, dass das die Händler entsprechend erkennen."

Die Skizzen der bissigen Satirezeitschrift sorgen sowohl für Be- als auch für Verwunderung bei den Händlern. "Die sind wirklich cool. Ich weiß nur nicht, wie man so etwas bezahlt", gibt Fabian Kahl zu und bietet für alle drei Blätter 450 Euro.

Händler zahlt über 2.000 Euro zu wenig

Auch Julian Schmitz-Avila muss erst mal nachgucken, wie ähnliche Skizzen gehandelt werden: "Das ist jetzt wieder ein neues Gebiet, das man sich hier aneignet. Grafik kommt jetzt neu dazu. Ich biete 1.500 Euro. Ich riskiere das", sagt er. Bei diesem Preis sind die anderen Händler raus. "Ich hab einfach zu wenig Ahnung von diesem Metier", meint Dr. Elisabeth Nüdling und auch Markus Wildhagen geht es so.

Susan und Eduard Baumer willigen schließlich ein und liegen damit zwar 900 Euro über ihrem Wunschpreis – aber über 2.000 Euro unter der Expertise. Schmitz-Avila freut sich hingegen: "Ich bin ein Kunst-Zocker." Und Daniel Meyer pflichtet ihm bei: "Das Glück ist mit den Mutigen."

Die Baumers resümieren anschließend: "Wir haben verkauft, weil die Händler Beziehungen haben und die Bilder wahrscheinlich weiterverkaufen können und wenn wir versuchen zu verkaufen, da wären wir überfordert."

Verwendete Quellen
  • "Bares für Rares" vom 13. Mai 2019
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