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Zwei Deutsche in Hurghada getötet: Der Täter kam schwimmend an den Urlaubsstrand


Zwei Deutsche in Hurghada getötet
Der Täter schwamm an den Strand, dann stach er zu

dpa, t-online, Benno Schwinghammer, dru

15.07.2017Lesedauer: 4 Min.
Der Angreifer, der zuvor zwei Frauen getötet und vier weitere Personen verletzt hatte, liegt überwältigt am Boden.Vergrößern des BildesDer Angreifer, der zuvor zwei Frauen getötet und vier weitere Personen verletzt hatte, liegt überwältigt am Boden. (Quelle: Mohamed Aly/Reuters-bilder)
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Der Täter schwimmt an den Urlaubsstrand von Hurghada. Dann zieht er ein Messer und sticht auf die Gäste ein. Zwei deutsche Frauen werden getötet, vier weitere Touristen verletzt. Was den Angreifer, einen ägyptischen Studenten, zu der Mordtat getrieben hat, ist noch unklar.

Zunächst ignorierte Alice Matthiesen die Schreie, die sie um 13 Uhr vom Strand gegenüber hörte - und genoss weiter das Urlaubsidyll. Erst, als Sirenen erklangen, schaut sie zum Nachbarhotel rüber. Männer auf einem Schiff hätten gebrüllt. "Der eine schlug mit einem weißen stockartigen Ding auf jemanden im Wasser ein", schildert die Urlauberin im ägyptischen Badeort Hurghada. Matthiesen beobachtete offenbar das Ende einer blutigen Gewalttat, die für zwei deutsche Frauen tödlich endete.

Wenige Minuten zuvor war der Mann an den Strand des Zahabia Hotels geschwommen. Bei Temperaturen an die 40 Grad war er nur einer von vielen im Wasser. Doch als er den Strand betrat, wurde klar, dass der Schwimmer sich hier nicht entspannen wollte. "Dieser Typ ist rübergeschwommen und hat die zwei deutschen Frauen erstochen", sagt ein Manager des Hotels im Zentrum Hurghadas.

Gäste und Sicherheitsleute machten Jagd auf den Täter

Er sitzt in der Lobby der Mittelklasse-Herberge und schaut betreten. Hinter ihm an der Rezeption herrscht Hektik, die Augenringe des leitenden Mitarbeiters zeugen von einem langen Tag. "Menschen sind gestorben. Das ist nicht einfach", sagt er nur. Zwei weitere Gäste wurden an seinem Strand verletzt.

Nach der Tat war der Messerstecher geflohen. Am Strand des Nachbarhotels verletzte er noch einmal zwei Gäste. "Die Leute haben ihn gejagt", schildert der Hotelier. Schließlich sei der Mann überwältigt worden. Da sind zwei Menschen schon tot und vier weitere verletzt. Die Leichen wurden weggebracht, der Strand gereinigt, so erzählt es der Manager.

Die Polizei habe den Tatort abgeriegelt, er dürfe nicht betreten werden. Weiter ins Details gehen kann oder will der Mann nicht, er verweist auf die laufende Untersuchung. Auch seinen Namen will er nicht in den Medien lesen.

Angriff galt gezielt dem Tourismus

Die Hintergründe der Tat, die viele deutsche Urlauber verunsichern dürfte, sind zunächst unklar. Das Auswärtige Amt geht aber davon aus, dass der Angriff gezielt dem Tourismus galt. "Nach allem, was wir wissen, sollte die Tat ausländische Touristen treffen", sagte eine Sprecherin des Ministeriums zu t-online.de.

Der Angreifer, ein 27 Jahre alter Student, war polizeilich bislang nicht aufgefallen. Der junge Mann aus dem Nil-Delta habe keine Vorstrafen gehabt, meldete die ägyptische Zeitung "Al-Masry al-Youm". Trotzdem glaubt auch Peter-Jürgen Ely an einen terroristischen Hintergrund. "Warum sollte er die anderen Opfer dann ebenfalls mit dem Messer attackieren?", sagt der ehemalige deutsche Honorarkonsul in Hurghada.

Ely, der schon Jahrzehnte in dem Taucherparadies am Roten Meer lebt, erzählt, dass er beide Todesopfer kannte. Sie hätten dauerhaft in dem Ferienort gewohnt und seien immer mal wieder zu den Treffen der großen deutschen Gemeinde gekommen. Eine gemeinsame Bekannte habe die Opfer dann am Freitag identifiziert, sagt Ely.

Ägypten kommt nicht zur Ruhe

Der ägyptische Staatliche Informationsdienst (SIS) betonte in einer Stellungnahme am Freitag, dass alles auf einen individuellen Angriff hindeute, bei dem der Attentäter nicht im Auftrag einer Organisation gehandelt habe. Dies soll dem naheliegenden Terrorverdacht entgegenwirken, denn Ägypten hat ein echtes Problem mit Extremisten: Seit Dezember wurden bei mehreren Selbstmordanschlägen und Angriffen auf die christliche Minderheit im Land mehr als 100 Menschen getötet. Das schwerste Attentat gegen Urlauber war ein Bombenanschlag auf einen russischen Ferienflieger im Herbst 2015. Alle 224 Menschen an Bord starben kurz nach dem Start im Badeort Scharm el Scheich.

Die schweren Anschläge beanspruchte dabei stets ein Ableger der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) für sich. Die Dschihadisten operieren im Norden der unruhigen Sinai-Halbinsel - einem militärischen Sperrgebiet, in dem sich die ägyptische Armee immer wieder heftige Gefechte mit den Extremisten liefert. Erst vor wenigen Tagen starben bei einem Angriff mehr als 20 Soldaten.

Der Staatliche Informationsdienst hebt auch hervor, dass die Gewalt gegen Touristen in Ägypten in den vergangenen Jahren deutlich zurückgegangen sei. Tatsächlich galten die Urlaubsgebiete am Roten Meer bis jetzt als weitgehend sicher. Was nichts daran änderte, dass nach dem Flugzeugabsturz 2015 Tausende Hotels leer standen, was der ohnehin kriselnden Wirtschaft des Landes empfindlich schadete.

Angriffe auf Urlauber treffen Tourismus in Ägypten hart

Der Tourismus machte in der Vergangenheit mindestens elf Prozent des Bruttoinlandsprodukts aus. Fast 2,9 Millionen Arbeitsplätze waren direkt oder indirekt vom Geschäft mit den Urlaubern abhängig - das ist etwa jeder neunte Beschäftigte. Zuletzt jedoch ging es vor allem mit den deutschen Urlaubern wieder bergauf. Reiseveranstalter bezeichneten Ägypten schon als das Trendziel für den Winter.

Für Hurghada, seine Hotels, Restaurants und Bars ist der Tod der Deutschen nicht nur eine menschliche Tragödie, sondern wohl auch eine wirtschaftliche Katastrophe. "Was immer da genau passiert ist, ist natürlich wieder ein herber Schlag gegen den sich gerade wieder erholenden Tourismus in Hurghada", sagt Marcel Lauck, der mit der Caribbean Bar eine der auch unter Deutschen beliebtesten Gaststätten der Stadt am Roten Meer betreibt.

Es tue ihm wahnsinnig Leid für die Angehörigen der Opfer, sagt er. Aber er bittet auch um Verständnis: Überall auf der Welt gebe es Verrückte, die irgendwann ausrasteten. "Dieses Mal leider in Ägypten."

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