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Belarus: Alexander Lukaschenko überraschend als Präsident vereidigt


Trotz starker Kritik
Lukaschenko überraschend als Präsident in Belarus vereidigt

Von dpa
Aktualisiert am 23.09.2020Lesedauer: 3 Min.
Belarus: Alexander Lukaschenko hat sich erneut in sein Amt einführen lassen, ganz ohne Ankündigung.Vergrößern des BildesBelarus: Alexander Lukaschenko hat sich erneut in sein Amt einführen lassen, ganz ohne Ankündigung. (Quelle: ITAR-TASS/imago-images-bilder)
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In Belarus ist der umstrittene Präsident Lukaschenko überraschend für die neue Amtszeit vereidigt worden – in einer geheimen Hauruck-Aktion. Der Oppositionsführer nennt den Staatsakt eine Farce.

Der umstrittene Belarus-Präsident Alexander Lukaschenko hat sich zum sechsten Mal ins Amt einführen lassen. Das berichtete die amtliche Nachrichtenagentur Belta. Die Amtseinführung geschah ohne Ankündigung. Normalerweise wird die Zeremonie als bedeutender Staatsakt Tage vorher bekanntgegeben.

Nach seiner Amtseinführung erklärte Lukaschenko die Revolution in seinem Land für gescheitert. "Das ist unser gemeinsamer Sieg", sagte er bei der Veranstaltung vor Hunderten Gästen im Unabhängigkeitspalast der Hauptstadt Minsk. "Wir haben nicht nur einen Präsidenten des Landes gewählt. Wir haben unsere Werte verteidigt, unser friedliches Leben, die Souveränität und die Unabhängigkeit." Wie eine Geheimaktion zog der Machtapparat den Staatsakt durch, während erneut Proteste gegen den 66-Jährigen stattfanden.

Oppositionsführerin: Lukaschenko ist jetzt Rentner

"Das ist natürlich eine Farce", meinte die Oppositionsführerin Swetlana Tichanowskaja in einer Videobotschaft. Die 38-Jährige beansprucht selbst den Sieg der Präsidentenwahl vom 9. August für sich. Sie sei die einzige rechtmäßige Vertreterin des Volkes von Belarus, sagte Tichanowskaja. Lukaschenko hingegen sei jetzt "Rentner". Er habe kein Mandat mehr vom Volk.

Auch Deutschland erklärte, dass Lukaschenko keine Legitimität mehr für das Amt besitze. Die gesamte EU hatte die Wahl nicht anerkannt und Lukaschenko das Recht abgesprochen, weiter zu regieren. Der seit 26 Jahren regierende Politiker machte aber zuletzt wiederholt deutlich, dass ihn die Meinung des Westens nicht kümmere. Er hatte mehr als 10.000 Menschen bei Protesten festnehmen lassen. Es gab mehrere Tote und Hunderte Verletzte.

Lukaschenko will seine Pläne weiter vorantreiben

Lukaschenko bekräftigte vor den handverlesenen Gästen – allen voran verschiedene Einheiten der Streitkräfte – bei der Amtseinführung, dass er seine Pläne einer Reform der Verfassung weiter verfolgen wolle. Auch das Parteiensystem solle weiter entwickelt werden. In Belarus ist seit mehr als 20 Jahren keine Partei mehr zugelassen worden. Kritiker werfen Lukaschenko vor, dass bisherige Versprechen von Reformen immer im Sande verlaufen seien.

Es würden alle Probleme gelöst, meinte Lukaschenko. Er wolle das friedliche Zusammenleben aller Schichten der Gesellschaft sicherstellen. Der einzige Weg aber, um auch in Zukunft zu überleben, betonte Lukaschenko, sei ein starker Machtapparat. Menschenrechtler und Politologen hatten zuletzt ein massives Anziehen der politischen Daumenschrauben und eine Verschärfung der Repressionen beklagt.

Ein Politologe fürchtet die Spaltung der Gesellschaft

"Ein Mensch, der 80,1 Prozent der Stimmen erhalten haben will, versteckt sich nicht vor seinem Volk und erledigt seine Amtseinführung im Geheimen", sagte der Politologe Waleri Karbelewitsch in Minsk der Deutschen Presse-Agentur. Diese Geheimoperation werde dazu führen, dass sich die schwere politische Krise im Land fortsetze und vertiefe. "Auch die Spaltung in der Gesellschaft wird größer, denn die Mehrheit der Menschen in Belarus erkennt diese Wahl nicht an."

Lukaschenko habe mit dem extra nicht angekündigten Termin der Amtseinführung gezeigt, dass er sehr wohl verstehe, dass ihm der Rückhalt fehle in der Gesellschaft, meinte der Experte. "Der Machtapparat hatte Angst, dass mit einer Bekanntgabe der Amtseinführung Massenproteste auf den Straßen losgetreten werden." Von einer Schande und einer Aktion wie in einem Verbrecherstaat sprach der frühere Kulturminister Pawel Latuschko, der in der Opposition ist und das Land verlassen hat.

Auch Polen und Litauen sind entsetzt

Auch Polens Außenministerium reagierte kritisch auf die Amtseinführung Lukaschenkos. Ein Präsident, der auf undemokratische Weise gewählt worden sei, könne nicht als legaler Machtinhaber anerkannt werden – unabhängig davon, ob seine Vereidigung nun im Geheimen oder offiziell stattgefunden habe, hieß es in einem Statement des Ministeriums am Mittwoch auf Twitter.

Litauens Außenminister Linas Linkevicius bezeichnete die Amtseinführung des umstrittenen belarussischen Staatschefs Alexander Lukaschenko als "Farce" "Gefälschte Wahlen. Gefälschte Amtseinführung", schrieb Linkevicius am Mittwoch auf Twitter. "Seine Illegitimität ist eine Tatsache mit allen daraus resultierenden Folgen."

Selbst Russland wusste nicht Bescheid

Auch der Kreml in Moskau teilte mit, nichts gewusst zu haben von dem Termin. Es handele sich um das souveräne Recht eines unabhängigen Staates, hieß es nur. Kremlchef Wladimir Putin hatte Lukaschenko zum Sieg gratuliert und ihm Unterstützung in der Krise zugesichert – vor allem mit einem neuen Kredit, aber notfalls auch mit Truppen. Der Machthaber von Minsk hatte zuletzt immer wieder betont, sich notfalls mit der Armee den Machterhalt zu sichern.

Die Opposition wirft Lukaschenko Wahlbetrug vor. Seitdem kam es zu Massenprotesten gegen den seit über 20 Jahren autoritär regierenden Staatschef. Die EU plant Sanktionen gegen etwa 40 belarussische Regierungsvertreter.

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagentur dpa
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