Britisches Parlament stimmt fĂŒr Untersuchung gegen Johnson
Hat der britische Premier in Bezug auf Feiern wĂ€hrend der Corona-Lockdowns gelogen? Das soll nun ein Untersuchungsausschuss klĂ€ren. Eine schmerzhafte Niederlage fĂŒr Boris Johnson.
Das britische Unterhaus hat dafĂŒr gestimmt, einen Untersuchungsausschuss zur Partygate-AffĂ€re von Premierminister Boris Johnson einzurichten. Dieser soll sich mit der Frage befassen, ob Johnson die Abgeordneten im Zusammenhang mit seiner Rolle in der AffĂ€re belogen hat. Ein entsprechender Antrag der Labour-Opposition wurde am Donnerstag nach mehrstĂŒndiger Debatte von den Abgeordneten ohne Abstimmung durchgewunken.
FĂŒr Johnson ist das eine schmerzhafte Niederlage. Er hatte noch am Morgen die Hoffnung geĂ€uĂert, seine Fraktion werde die Entscheidung vertagen. Doch dabei machten ihm offenbar die eigenen Abgeordneten einen Strich durch die Rechnung. Einige seiner Parteikollegen forderten sogar seinen RĂŒcktritt.
Dies wies Johnson zuletzt zurĂŒck. "Ich glaube nicht, dass es das Richtige ist", sagte der Premier am Donnerstag dem Nachrichtensender Sky News. Zuvor hatten mehrere Abgeordnete von Johnsons Tory-Partei dessen RĂŒcktritt gefordert. Bevor die parlamentarische Untersuchung beginnt, soll erst noch das Ende der polizeilichen Ermittlungen abgewartet werden.
Johnson muss Strafe zahlen
Johnson hatte nach Berichten ĂŒber Partys in der Londoner Downing Street wĂ€hrend verschiedener Corona-Lockdowns im Parlament mehrfach beteuert, die Regeln seien stets befolgt worden. SpĂ€ter stellte sich heraus, dass der Premier selbst an mehreren der fraglichen ZusammenkĂŒnfte teilgenommen hatte. Inzwischen musste er dafĂŒr sogar eine von der Polizei verhĂ€ngte Strafe zahlen. Weitere könnten folgen. Johnson stellt sich auf den Standpunkt, er habe nicht gemerkt, dass es sich um Partys handelte.
Ob Johnson das Parlament absichtlich in die Irre gefĂŒhrt hat â ein klarer RĂŒcktrittsgrund â, soll nun der parlamentarische Ausschuss klĂ€ren. Der Premier war bei der Debatte am Donnerstag nicht dabei. Johnson war noch in der Nacht zu einer Reise nach Indien aufgebrochen. Versuche der Regierungspartei, die Abstimmung auf einen spĂ€teren Zeitpunkt zu verschieben, lieĂen die Konservativen kurz vor dem Beginn der Debatte fallen.
Ăffentlichkeit scheint Urteil bereits gefĂ€llt zu haben
Oppositionschef Keir Starmer warf dem Premier vor, die Debattenkultur des Unterhauses zu missbrauchen. Den Abgeordneten ist den Regeln zufolge nicht erlaubt, sich gegenseitig LĂŒgen vorzuwerfen. FĂŒr die Debatte am Donnerstag hob ParlamentsprĂ€sident Lindsay Hoyle diese Regel ausnahmsweise vorĂŒbergehend auf. "Der Premierminister hat sich vor diese Kammer gestellt und Dinge gesagt, die nicht wahr sind, er verlieĂ sich darauf, dass er nicht der LĂŒge bezichtigt wird, weil das nicht erlaubt ist", sagte Starmer am Donnerstag wĂ€hrend der Debatte.
In der öffentlichen Meinung scheint das Urteil ĂŒber Johnsons Aufrichtigkeit lĂ€ngst gefallen zu sein. Beinahe 80 Prozent der britischen WĂ€hler glauben, dass Johnson gelogen hat. Das geht aus einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Yougov im Auftrag von Times Radio hervor, die am Donnerstag veröffentlicht wurde. Demnach schenken nur acht Prozent der WĂ€hler dem konservativen Regierungschef Glauben. Selbst unter AnhĂ€ngern von Johnsons Tories ist demnach eine deutliche Mehrheit (61 Prozent) davon ĂŒberzeugt, dass er die Unwahrheit gesagt hat. Befragt wurden 2079 Briten im Wahlalter am 19. und 20. April.