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Tunesien: Mehrheit wählt neue Verfassung – Präsident baut Macht aus


Referendum in Tunesien
Mehrheit wählt neue Verfassung – Präsident baut Macht aus

Von dpa, afp
Aktualisiert am 27.07.2022Lesedauer: 2 Min.
Referendum in Tunesien: Ersten Umfragen zufolge hat eine überwiegende Mehrheit dem umstrittenen Verfassungsentwurf zugestimmt.Vergrößern des BildesReferendum in Tunesien: Ersten Umfragen zufolge hat eine überwiegende Mehrheit dem umstrittenen Verfassungsentwurf zugestimmt. (Quelle: Riadh Dridi/AP/dpa-bilder)
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Ein Schritt Richtung Diktatur? Die neue Verfassung soll dem tunesischen Staatschef deutlich mehr Macht verleihen.

In Tunesien hat eine Mehrheit der Wähler bei einem Referendum für eine neue Verfassung und damit für einen erheblichen Machtzuwachs des Präsidenten gestimmt. Die Zustimmung lag bei 94,6 Prozent, wie die Wahlbehörde in der Nacht zum Mittwoch mitteilte.

Laut Isie gaben 2,756 Millionen Wähler ihre Stimme ab. Am Vortag hatte die Wahlbehörde von einer Wahlbeteiligung von 27,54 Prozent bei 2,46 Millionen abgegebenen Stimmen gesprochen. "Isie gibt bekannt, dass die neue Verfassung angenommen wurde", erklärte Behördenchef Bouasker nun.

Die Verfassung kann trotz der geringen Beteiligung von nicht einmal einem Drittel der Wahlberechtigten in Kraft treten – und sieht keine Instanz mehr vor, die Präsident Kais Saïed kontrollieren oder ihn gar des Amtes entheben könnte.

Das Oppositionsbündnis FSN warf der Wahlbehörde aber vor, die Zahlen "gefälscht" zu haben. "75 Prozent der Tunesier haben sich geweigert, dem vor einem Jahr von Kais Saïed gestarteten Putsch-Projekt ihre Zustimmung zu geben." Zur FSN gehört auch die islamistische Ennahda-Partei.

Ein Schritt Richtung Diktatur?

Nichtregierungsorganisationen befürchten infolge der Verfassungsänderung eine Rückkehr des nordafrikanischen Landes zu einem autoritären System. Oppositionsparteien hatten deswegen zu einem Boykott des Referendums aufgerufen und bezeichneten dieses als "illegalen Prozess".

Laut der neuen Verfassung kann der Präsident den Regierungschef und die Minister künftig ohne parlamentarische Beteiligung ernennen und auch wieder entlassen. Er kann im Parlament Gesetzestexte einbringen, die Vorrang vor anderen Entwürfen haben. Die Stellung des Parlaments wird deutlich geschwächt. Eine Absetzung des Präsidenten ist in der neuen Verfassung nicht vorgesehen.

Der Jurist Sadok Belaïd, den Präsident Saïed mit der Erarbeitung der Verfassung betraut hatte, distanzierte sich von der Endfassung. Er erklärte, sie könne "den Weg zu einem diktatorischen Regime freimachen".

Auch aus dem Ausland kommt Kritik. So sagte der Sprecher des US-Außenministeriums, Ned Price, am Dienstag, bei Zivilgesellschaft, Medien und Parteien in Tunesien seien "große Bedenken" über das Referendum und einen Mangel an Transparenz laut geworden. Mit der neuen Verfassung gebe es in dem Land auch eine geringere gegenseitige Kontrolle der Verfassungsorgane, "was den Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten beeinträchtigen könnte".

Mehr Macht für Saïed

Saïed war Ende 2019 gewählt worden. Vor einem Jahr entmachtete er unter Berufung auf Notstandsgesetze die Regierung und das Parlament. Kritiker befürchten, die Verfassungsreform könnte das Land zurück zu einem autoritären Regierungssystem wie unter dem langjährigen Staatschef Zine el Abidine Ben Ali führen. Dieser war im Jahr 2011 infolge der Massenproteste des sogenannten Arabischen Frühlings entmachtet worden.

Tunesien galt lange Zeit als Demokratie-Hoffnungsträger nach dem Arabischen Frühling. Das Land hat aber mit großen wirtschaftlichen Problemen zu kämpfen und leidet unter der Corona-Pandemie und dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine.

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagenturen afp und dpa
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