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In der Halbwahrheiten-Welt des Dr. Axel Stoll


Verschwörungstheoretiker
In der Halbwahrheiten-Welt des Dr. Axel Stoll

Von t-online
28.07.2015Lesedauer: 3 Min.
Der Verschwörungstheoretiker Dr. Axel Stoll verstarb im Juli 2014.Vergrößern des BildesDer Verschwörungstheoretiker Dr. Axel Stoll verstarb im Juli 2014. (Quelle: Ralf Stockmann)
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Der Erdkern ist hohl, die Nazis besaßen Flugscheiben und er genoss den Schutz des Templerordens: Dr. Axel Stoll war eine der schillerndsten Figuren unter den rechts-esoterischen Verschwörungstheoretikern. Zwei Psychologen haben sich wenige Monate vor dem Tod Stolls 2014 mit ihm unterhalten. Herausgekommen ist ein beeindruckendes Interview mit einem Mann, dessen krude Thesen gefährlicher sind, als sie zunächst anmuten.

Bekanntheit erlangte Stoll fast unbeabsichtigt: Ein Video, das den etwas untersetzten Mann im abgetragenen Wollpulli an einem Stammtisch zeigt, wo er seine pseudowissenschaftlichen Erkenntnisse verbreitet, erlangte im Internet Kultstatus. Die Stoll-Zitate "Muss man wissen!" und "Wer weiß es? Wieder keiner." wurden zu einer weit verbreiteten Karikatur. Ernst genommen hat ihn jedoch dabei kaum jemand.

Beliebt ist, wer radikale Thesen vertritt

Die beiden Psychologen Sebastian Bartoschek und Alexander Waschkau haben sich dem Verschwörungstheoretiker dennoch auf eine ungewöhnliche Weise genähert: Sie hörten erst einmal zu, was er zu sagen hat. Etwa darüber, wer die Welt kontrolliert, was "Freie Energie" ist, warum die Nazis lange nach dem Zweiten Weltkrieg noch in Südamerika oder unter der Erde weiterlebten. Sie haben ihm nicht widersprochen, sondern seine Thesen anderen Wissenschaftlern gezeigt. Die erklären im Film "Ein Interview mit Axel Stoll", warum das alles zunächst meist einen wahren Kern hat, die daraus gezogenen Schlüsse aber Mumpitz sind.

Dabei hat Stoll nicht immer so getickt. Der Mann, der bis 1990 ein durchschnittlicher Geologe in der ehemaligen DDR war, hätte sein Leben im Staatsdienst verbringen können - wäre nicht die Wende dazwischen gekommen. Stoll verlor seinen Job, schlug sich mit Hilfsarbeiten durch, wendete sich dann der Verschwörungstheoretiker-Szene zu. Dort merkte schnell, dass man in Gruppen wie dem "Neuschwabenland-Forum" (NSL) Anhänger um sich scharen kann - wenn man nur möglichst radikal die krudesten Thesen vertritt und als wahr anerkennt, dass nichts wahr ist, was an Hochschulen gelehrt wird.

Eine Psychose als mögliche Ursache konnten die beiden Interviewer dabei nicht feststellen - Stoll wusste genau, was er sagte und tat. "Je weiter er in die NSL-Sache rutscht, desto abgedrehter werden die Sachen, die aus diesem Umfeld kommen", fasst Bartoschek das zusammen.

Bei Pegida willkommen

Zuletzt hat Stoll, das geht aus dem rund einstündigen Film hervor, quasi an jede Verschwörungstheorie geglaubt, "Hauptsache nicht die Realität", so Bartoschek. Darunter fallen auch verfassungsfeindliche Ansichten, die von den Filmemachern bewusst ausgeblendet wurden

Denn: So lustig der ältere Mann mit den komischen Ansichten wirken mag, harmlos war er nicht. Es sind die Anhänger dieser Personen, die das umsetzen, das ihre Vorbilder predigen: Deutschland ist immer noch besetzt, es wird Zeit für den Widerstand. "Wir sehen, dass die Gewalt in der Reichsbürgerszene zunimmt", sagt Bartoschek. Zuletzt machten die Reichsbürger, laut deren Ansicht Deutschland eine GmbH ist, mit einem Brandanschlag auf das Kanzleramt Schlagzeilen.

Anschlussfähig sind Rechts-Esoteriker auch an andere Szenen: "Bei Pegida zu 90 Prozent", so Bartoschek. "Vor allem Reichsbürger bei Pegida. Jeder von denen kann sich auf so eine Demo stellen." Denn was beide eint, ist der Glaube daran, dass alles, was über die Medien verbreitet wird, gelogen ist. Der "Lügenpresse" ist nicht zu trauen, wohl aber Webseiten, deren Verschwörungstheorien schnell ins Verfassungsfeindliche abdriften.

Gerade das macht Personen wie Stoll eben nicht zu harmlosen Märchenerzählern. Bartoschek erinnert hier auch daran, dass vielfach vergessen wird, dass auch der Nationalsozialismus einen gewaltigen esoterischen Überbau hatte. "Stoll ist deshalb an vielen Stellen mehr Nationalsozialist als der klassische Neonazi", so der Psychologe.

Stoll selbst wird dem nicht mehr widersprechen können: Der Verschwörungstheoretiker verstarb wenige Monate nach den Aufnahmen im Juli 2014. Eine offizielle Todesursache gibt es nicht, vermutet wird Krebs. Ob seine Anhänger das glauben, darf mindestens bezweifelt werden.

(Der Film “Interview mit Axel Stoll” kann für 8,99 (SD) bzw. 9,99 Euro (HD) heruntergeladen werden.)

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