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Islam-Pläne der Groko: Das ist ein lange überfälliger Schritt


Pläne gegen Islamfeindlichkeit
Das ist ein lange überfälliger Schritt

  • Lamya Kaddor
MeinungEine Kolummne von Lamya Kaddor

Aktualisiert am 16.02.2018Lesedauer: 3 Min.
Meinung
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Rechtspopulisten demonstrieren gegen den Bau einer Moschee: Die große Koalition will gegen anti-islamische Strömungen vorgehen.Vergrößern des Bildes
Rechtspopulisten demonstrieren gegen den Bau einer Moschee: Die große Koalition will gegen anti-islamische Strömungen vorgehen. (Quelle: Archivbild/Oliver Berg/dpa)

Der Koalitionsvertrag von CDU, CSU und SPD umfasst ein Novum. Erstmals wird darin dem Aspekt der anti-islamischen Stimmung in Deutschland Rechnung getragen.

Über den Koalitionsvertrag wurde schon viel gesagt. Aber ein Satz darin wurde bislang kaum beachtet, dabei hat er es in historischem Maße in sich. Zum ersten Mal gibt es in so einem Vertragswerk eine Aussage über Islamfeindlichkeit! In den Zeilen 7.829 und 7.830 heißt es ausdrücklich: „Wir werden Antisemitismus entschieden bekämpfen und ebenso anti-islamischen Stimmungen entgegentreten.“

Lange überfälliger Schritt

Es ist ein guter, wenn auch lange überfälliger Schritt, den pegidaesken Trend in Deutschland endlich expressis verbis anzugehen. Dafür gebührt den Koalitionären in spe Anerkennung, denn die Verachtung der Hasserfüllten in diesem Land ist ihnen hierfür sicher. In den Koalitionsverträgen der jüngeren Vergangenheit war meist nur von Fremdenfeindlichkeit, Rassismus, Islamismus, Antisemitismus oder Homophobie die Rede.

Mit der Erweiterung der Formen von gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit tragen CDU, CSU und SPD nun einer Entwicklung Rechnung, die diese Gesellschaft seit fast zwei Jahrzehnten polarisiert, die Gewalt erzeugt und die den Weg für den politischen Aufstieg der AfD geebnet hat.

Ein geleugnetes Phänomen

Es ist gerade einmal gut fünf Jahre her, da haben führende Politiker die Dynamik dieses Phänomens noch schlichtweg geleugnet. Ich erinnere mich etwa an eine Ausgabe der "Münchner Runde" im Bayerischen Rundfunk im Herbst 2012, an der neben mir und Peter Scholl-Latour auch der damalige Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) teilnahm. In der Runde erklärte der CSU-Politiker, er sehe diese wachsende Islamfeindlichkeit, von der hier die Rede sei, nicht.

Heiner Bielefeldt, Professor für Menschenrechtspolitik an der Uni Erlangen-Nürnberg und ehemaliger UN-Sonderberichterstatter über Religions- und Weltanschauungsfreiheit, schrieb einst: "Noch vor drei Jahren konnte man Begriffe wie Islamophobie oder Islamfeindlichkeit nicht verwenden, ohne sich sofort Vorwürfe von Überempfindlichkeit, Naivität oder 'Gutmenschentum' einzuhandeln."

Besser spät als nie

Und die Aktivistin Ayaan Hirsi Ali nannte Islamophobie gar den "größten Schwachsinn unserer Zeit!" Es gebe sie nicht, polterte sie und sprach von einem "PR-Gag der Islamisten im Westen", um den Gesellschaften dort Schuldgefühle einzuimpfen.

2018 nun ist Islamfeindlichkeit also auch für die höchstwahrscheinlich zustande kommende Groko zu einem Fakt geworden. Spät? Gewiss. Aber besser spät als nie. Was daraus in den kommenden vier Jahren konkret an Politik und Maßnahmen folgt, wird aufmerksam zu beobachten sein. Letztlich wird es an uns als Gesellschaft liegen, den drei „Volksparteien“ diesen Satzteil im Koalitionsvertrag gegebenenfalls immer wieder unter die Nase zu reiben.

Anlässe dafür gibt es leider genügend. Diese Woche errichteten Anhänger der Identitären Bewegung in Regensburg auf dem geplanten Baugrund für eine Moschee einen Friedhof aus weißen Holzkreuzen mit den Namen von Opfern islamistischer Terroristen darauf. Islam gleich Extremismus, so die feindselige Botschaft dieser Aktion.

Ein weises Urteil im Libanon

Passend dazu, wie ich finde, ist eine andere Botschaft, die diese Woche aus dem Orient kam. Eine Episode ausgerechnet aus dem Libanon kontrastiert die Engstirnigkeit jener Identitären, die in ihrer Propaganda so oft auf eine angeblich kulturelle Überlegenheit des Westens pochen: Drei Muslime beleidigten die Jungfrau Maria und wurden von einer christlichen Richterin dazu verurteilt, die Sure Aal Imran, in der der Koran Maria und Jesus preist, auswendig zu lernen. Ein starkes und weises Urteil in einem Land mit so vielen Religionen und Völkern sowie einer so gewaltvollen Vergangenheit wie dem Libanon.

Möge ein bisschen was von den Prinzipien dieser geradezu lessingschen Weisheit die künftige Politik in diesem Land erfassen.

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