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Lübcke-Prozess: Aussage von Stephan Ernst wirft Fragen auf


Neue Aussage im Lübcke-Prozess wirft viele Fragen auf

Von dpa
03.12.2020Lesedauer: 3 Min.
Der Hauptangeklagte Stephan E. wird in den Sitzungssaal geführt: Bei den Fragen der Familie Lübcke wirkte er angespannt.Vergrößern des BildesDer Hauptangeklagte Stephan E. wird in den Sitzungssaal geführt: Bei den Fragen der Familie Lübcke wirkte er angespannt. (Quelle: Boris Roessler/dpa-bilder)
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Der mutmaßliche Mörder Walter Lübckes hat an diesem Donnerstag im Gerichtssaal Fragen der Familie beantwortet. Statt neuer Antworten sieht das Gericht nun eher noch mehr Fragebedarf.

Mit leiser Stimme, "inständig" bat Irmgard Braun-Lübcke den mutmaßlichen Mörder ihres Mannes um die "volle Wahrheit". Emotional angespannt wirkte auch Stephan Ernst an diesem Donnerstag im Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt. "Ich möchte zu Anfang sagen, dass diese furchtbare Tat und dieses menschliche Leid nicht wiedergutzumachen ist", begann er seine schriftliche Erklärung, die immer wieder von Schniefen oder Schluchzen unterbrochen wurde.

Darin antwortete er auf Fragen, die Lübckes Witwe vor wenigen Wochen in ihrer Zeugenaussage gestellt hatte. Die Familie, so machte sie damals deutlich, brauche die letzten Wahrheiten zum Tod des Ehemanns und Vaters, um vielleicht doch noch irgendwann wieder zu einer Normalität zurück zu finden.

Ernst spricht erneut über Hilfe bei der Tat

Viel Aufmerksamkeit erhielt Ernst mit seinen Worten auch von dem vor ihm sitzenden und wegen Beihilfe angeklagten Markus H., der sich eifrig Notizen machte und einmal zu Ernst umdrehte. An den vorangegangenen Verhandlungstagen hatte es keinen direkten Blickkontakt zwischen den einstigen Arbeitskollegen und Freunden gegeben. H. selbst hat sich in dem Verfahren nicht geäußert, am Donnerstag wiederholte Ernst, auch H. sei am Tatort gewesen. "H. war etwas früher auf der Terrasse als ich, und als ich auf Herrn Lübcke zuging, sah er H. an", sagte Ernst.

In den letzten Momenten vor dem Mord habe Lübcke keine Chance gehabt, zu fliehen oder sich zu wehren. "Er war die ganze Zeit in einer sitzenden Position, aus dieser Position heraus konnte er sich körperlich nicht wehren", sagte Ernst, der nach einer kurzen Unterbrechung auch frei sprechend auf Fragen antwortete – etwa zu den Schießübungen, die er gemeinsam mit H. gemacht habe, den mehrfachen Besuchen am Wohnort der Lübckes seit 2016. Ob er sich überlegt habe, die Tat alleine zu begehen, wollte der Anwalt der als Nebenkläger auftretenden Familie Lübcke wissen. "Nein", sagte Ernst darauf. Von sich aus hätte er nicht den Antrieb gehabt, "so was alleine zu machen".

"Einlassungsfetzen": Richter zweifeln an Ernsts Aussage

Um die Anwesenheit von H. ging es auch Braun-Lübcke in einer Frage: "Ist es wirklich wahr, dass mein Mann im letzten Moment seines Lebens ins Gesicht von H. sah?" Ernst beantwortete dies mit einem knappen, aber deutlichen Ja.

In der bisherigen Beweisaufnahme hatten Ermittler keine eindeutigen Beweise für die Anwesenheit von H. erbringen können, während eine DNA-Spur von Ernst auf Lübckes Hemd überhaupt erst zur Festnahme des mutmaßlichen Täters geführt hatte, der seitdem unterschiedliche Angaben zur Tat gemacht hatte.

Die Angaben von Ernst am Donnerstag warfen beim Gericht jedenfalls sehr viele neue Fragen auf. "Dieser Prozess wird nicht im Dezember zu Ende gehen", mutmaßte der Vorsitzende Richter Thomas Sagebiel. Der Staatsschutzsenat wolle Ernst mit Ungereimtheiten bei seinem bisherigen Aussageverhalten konfrontieren, so der Richter. Er warf Ernst vor, immer wieder "situativ angepasste" Aussagen zu machen und mit "Einlassungsfetzen" das Geschehen entsprechend zu schildern. Das Gericht will nun einen Fragenkatalog erarbeiten, um vor dem Abschluss der Beweisaufnahme weitere Antworten zu erhalten.

Ermittlungsrichter spricht über "schwierige Beweislage"

Zum Abschluss des Prozesstages sagte ein Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs (BGH) aus, der seinerzeit den Haftbefehl gegen H. erlassen hatte – ein Haftbefehl, den der OLG-Senat im Oktober aufgehoben hatte. Auch dem BGH-Richter war die Entscheidung seinerzeit schwer gefallen angesichts einer "schwierigen Beweislage".

"Es war schon ein Grenzfall", sagte der Zeuge. H. habe von seinem Schweigerecht Gebrauch gemacht, sich überkorrekt und eher "abgeklärt und kühl" verhalten. Verwundert habe ihn nach dem offiziellen Teil der Vernehmung die Frage H.'s zu den Vorwürfen: "Nur wegen Beihilfe zum Mord? Und was ist mit Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung?"

Der 47 Jahre alte Deutsche Stephan Ernst ist wegen Mordes angeklagt. Er soll Lübcke im Juni 2019 auf der Terrasse von dessen Wohnhaus erschossen haben. Außerdem ist Ernsts ehemaliger Arbeitskollege Markus H. wegen Beihilfe angeklagt. Er soll Ernst politisch beeinflusst haben. Die Bundesanwaltschaft geht von einem rechtsextremistischen Tatmotiv aus.

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagentur dpa
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