Neben Brosius-Gersdorf Die SPD will auch sie ins Verfassungsgericht schicken

Neben Frauke Brosius-Gersdorf hatte die SPD noch eine zweite Frau für das Verfassungsgericht nominiert. Sie stand weniger im Fokus. Aber wer ist Ann-Katrin Kaufhold?
Eigentlich sollten am vergangenen Freitag im Bundestag drei Verfassungsrichter gewählt werden. Doch die Debatte drehte sich fast ausschließlich um die SPD-Kandidatin Frauke Brosius-Gersdorf. Nachdem die Union sich im Vorfeld mit der Kandidatin einverstanden erklärt hatte, drohte ihre Wahl zu scheitern, da zahlreiche Unionsabgeordnete Einwände gegen ihre Position zur Abtreibung hatten.
Die Wahl musste schließlich abgesagt werden, auch die der beiden anderen Kandidaten. Neben dem von der Union nominierten Günter Spinner sollte mit Ann-Katrin Kaufhold noch eine zweite SPD-Kandidatin zur Wahl stehen. Diese stand bisher deutlich weniger im Fokus. Wer ist die Frau, die die SPD gemeinsam mit Brosius-Gersdorf in das Verfassungsgericht entsenden wollte?
Kaufhold ist Jura-Professorin in München
Die Jura-Professorin arbeitete bisher noch nicht als Richterin, sondern lehrt an der Münchner Ludwig-Maximilians-Universität (LMU). Dort hat die 1976 geborene Juristin den Lehrstuhl für Staats- und Verwaltungsrecht inne. Zudem ist sie die Frauenbeauftragte der juristischen Fakultät.
Darüber hinaus arbeitete sie einige Jahre im Bundesjustizministerium. Aktuell ist sie Mitglied im Arbeitskreis Finanzmarktgesetzgebung beim Bundesfinanzministerium. Außerdem ist Kaufhold Mitglied in der "Initiative für einen handlungsfähigen Staat" unter der Schirmherrschaft von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier. Auch die früheren Bundesminister Thomas de Maizière (CDU) und Peer Steinbrück (SPD) sowie der Ex-Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Andreas Voßkuhle, sind Mitglieder. Die Initiative soll Reformvorschläge erarbeiten. So sollen etwa Antrags- und Genehmigungsverfahren vereinfacht werden.
Gutachten zu Vergesellschaftungen wird zur Zielscheibe rechter Medien
Zudem war sie Mitglied einer Expertenkommission zum Volksentscheid "Vergesellschaftung großer Wohnungsunternehmen" des Landes Berlin. In ihrem Abschlussbericht erklärte die Kommission schließlich, dass die Enteignung von großen Wohngesellschaften möglich sei. Sie berief sich dabei auf zwei Artikel des Grundgesetzes. So erlaubt Artikel 14 Vergesellschaftungen "zum Wohle der Allgemeinheit" ausdrücklich, Artikel 15 verweist sogar auf die Enteignung ganzer Wirtschaftsbereiche.
Die schwarz-rote Landesregierung in Berlin arbeitet aktuell auf dieser Grundlage an einem Rahmengesetz zur Vergesellschaftung, das Details wie Entschädigungen für mögliche Enteignungen festlegen soll. Bis zu einer möglichen Umsetzung wird es aber wohl noch dauern. Es gilt als wahrscheinlich, dass das Gesetz vor dem Bundesverfassungsgericht landen dürfte – wo Kaufhold dann mitentscheiden könnte.
Rechte Medien wie das rechtspopulistische Portal "Nius"von Ex-"Bild"-Chefredakteur Julian Reichelt stellen Kaufhold nun – ähnlich wie bei Brosius-Gersdorf – Kaufhold als Enteignungsbefürworterin dar. Zudem werfen sie der Juristin ihre Positionen zum Klima vor. Sie hatte 2023 eine "gesamtgesellschaftliche Transformation" gefordert und kritisiert, dass Parlamente den Klimaschutz bei der Bemühung um eine Wiederwahl vernachlässigen. Sie erklärte, Gerichte oder Zentralbanken seien unabhängiger. "Damit eignen sie sich zunächst einmal besser, unpopuläre Maßnahmen anzuordnen." So hätten Gerichte deutlich gemacht, dass "Klimaschutz auch eine menschenrechtliche Dimension" habe.
Nun wird ihr aufgrund der Aussage vorgeworfen, dem Verfassungsgericht mehr Kompetenzen für das Thema geben zu wollen – auch wenn sie das so nie gesagt hat. Im Gegensatz zu Brosius-Gersdorf gab es zu ihrer Person allerdings noch keine kritischen Stimmen aus der Union, die ihre Positionen unvereinbar mit dem Verfassungsbericht halten.
Union und SPD wollen nun das weitere Vorgehen bezüglich der Richterwahl besprechen. Im Raum steht eine Sondersitzung in der Sommerpause. Dabei steht allerdings noch nicht fest, wer dort zur Auswahl steht. Bundeskanzler Friedrich Merz erklärte: "Wir wissen nicht, wer die Kandidatinnen und Kandidaten bei der Wiederholungswahl sein werden", sagte Merz auf Nachfrage. "Ich schließe jedenfalls aus heutiger Sicht keine Option aus."
Allerdings gilt diese Unsicherheit wohl vor allem für die Personalie Brosius-Gersdorf.
- Eigene Recherche
- lmu.de: "Klima: Wer kann es, soll es richten?"