Totschlag-Vorwurf Gericht fällt Urteil zu ehemaligem Polizisten

In Hessen ist ein Streit um eine Drohne eskaliert. Ein ehemaliger Polizist stand wegen Totschlag vor Gericht – das Urteil ist nun gefallen.
Das Gießener Landgericht hat einen pensionierten Kriminalbeamten vom Vorwurf des Totschlags freigesprochen. Er habe in Notwehr gehandelt, begründete die Vorsitzende Richterin am Mittwoch das Urteil. Der Messerstich, durch den vor zwei Jahren im mittelhessischen Wettenberg ein Mann gestorben war, sei "aus rechtlicher Sicht gerechtfertigt" gewesen.
Zuvor war der heutige 71-jährige Ex-Polizist den Erkenntnissen des Gerichts zufolge von dem späteren Todesopfer gegen den Kopf getreten sowie von einem weiteren Mann, der ein Messer bei sich hatte, mit der Faust geschlagen worden.
Streit über eine Drohne eskalierte
Der laut Richterin "maximal tragische" Fall war aus nichtigem Anlass entstanden: Der 71-Jährige hatte demnach an einem Nachmittag im August 2020 eine Drohne aufsteigen lassen, um die Burg Gleiberg zu filmen. Das missfiel einem damals 62-Jährigen, der fürchtete, seine Pferde auf einer nahen Koppel könnten sich vor dem Fluggerät erschrecken. "Sie haben völlig unbeeindruckt gegrast", stellte die Richterin fest. Dies sei auf den Drohnenaufnahmen zu sehen gewesen. Der 71-Jährige habe die Drohne dort fliegen lassen dürfen, sei also im Recht gewesen.
Anfangs war es laut Gericht zu einem kurzen Streit der beiden Männer gekommen, die jeweils ein Messer dabei hatten. Der verbale Schlagabtausch habe sich aber bald beruhigt. Während sich der 71-Jährige wieder seiner Drohne zuwandte, fotografierte der 62-Jährige ihn jedoch und kam ihm dabei wieder näher. Als der Ex-Polizist dies bemerkte, schubste er den Mann und schlug ihm den Arm mit dem Handy weg, so das Gericht. Auch das sei rechtlich in Ordnung gewesen. Die Fotoaufnahmen seien ohne sein Einverständnis erfolgt, dagegen habe er sich wehren dürfen.
Bekannter des Pferdebesitzers tritt Ex-Polizeisten gegen Kopf
Der andere Mann habe dem 71-Jährigen daraufhin mit der Faust ins Gesicht geschlagen. Bereits zu diesem Zeitpunkt habe sich dieser in einer Notwehrlage befunden, erklärte die Vorsitzende. Es kam zu einer Rangelei, zu der dann das spätere Todesopfer, ein 55-jähriger Mann, hinzukam. Der Bekannte des Pferdebesitzers trat dem 71-Jährigen, der sich auf dem Boden befand, gegen den Kopf. Benommen sei dieser aufgestanden. "Er befand sich nun aus seiner Sicht zwei Angreifern gegenüber", sagte die Richterin. Dann sei es zu dem Stich gekommen.
Dass der 55-Jährige ihm ins Messer gelaufen war, wie der Angeklagte im Prozess gesagt hatte, hielt das Gericht jedoch für ausgeschlossen. Für eine solche Verletzung sei die "große Wucht eines Stoßes" nötig, so die Richterin. Es sei auch befremdlich, dass der Angeklagte in dem Prozess nur einmal in einem Nebensatz sein Bedauern über sein Tun ausgedrückt habe. Dies hätte alleine aus Respekt gegenüber den Angehörigen des Opfers geschehen sollen.
Tatwaffe bis heute verschwunden
Der Sachverhalt sei schwierig aufzuklären gewesen, auch wegen widersprüchlicher Aussagen sowohl des Angeklagten als auch von Zeugen. Und: Die Tatwaffe ist bis heute verschwunden.
Eine Notwehrlage des 71-Jährigen hatten auch sein Verteidiger und die Staatsanwaltschaft gesehen, beide plädierten auf Freispruch. Der Rechtsanwalt der Angehörigen des Opfers forderte eine Verurteilung wegen Totschlags. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
Das Verfahren gegen den Ex-Polizisten war von der Staatsanwaltschaft zunächst wegen einer angenommenen Notwehrlage eingestellt worden. Erst auf Anordnung des Oberlandesgerichts Frankfurt kam es zu dem Prozess vor dem Landgericht.
- Nachrichtenagentur dpa