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Prinz Reuß: Seine Freundin zeigt Verteidigerin wegen Russland-Kontakten an


Terrorprozess gegen Prinz Reuß
Plötzlich steht die Anwältin im Fokus


24.05.2024Lesedauer: 5 Min.
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Vitalia B.: Die Lebensgefährtin des Prinzen stellte Kontakt zu russischen Offiziellen her – und beklagt nun Kontakte ihrer Verteidigerin zu russischen Offiziellen.Vergrößern des Bildes
Vitalia B.: Die Lebensgefährtin des Prinzen stellte Kontakt zu russischen Offiziellen her – und beklagt nun Kontakte ihrer Verteidigerin zu russischen Offiziellen. (Quelle: dpa, imago/Eibner)

Die Kontakte einer Verteidigerin zu russischen Offiziellen geben Rätsel auf: Im Frankfurter Terrorprozess kämpft die Lebensgefährtin von Heinrich XIII. Prinz Reuß deshalb gegen die eigene Anwältin.

Brisanter Streit am Rande des Prozesses um Heinrich XIII. Prinz Reuß: Seine russische Lebensgefährtin Vitalia B. will nicht mehr von ihren beiden Pflichtverteidigerinnen vertreten werden. Eine Anwältin habe ohne ihr Einverständnis das getan, was B. in Frankfurt den Platz unter neun Angeklagten im Terror-Verfahren eingebracht hat: Kontakte zu russischen Stellen gepflegt.

Der zweite Prozesstag, an dem der brisante Vorwurf in einer Erklärung öffentlich gemacht wurde, verlief für die 40-jährige Vitalia B. und den 73-jährigen Heinrich Prinz Reuß abgesehen davon versöhnlich. Wenn sie in den Gerichtssaal kommen und an ihre Plätze gehen – er zweite Reihe Mitte, sie dritte Reihe schräg dahinter –, dann dürfen sie sich fortan Hallo sagen. Einer der Anwälte des Prinzen hatte beklagt: "Es geht nicht, dass ein Paar sich nicht begrüßen kann."

Richter erlaubt Prinz Reuß und Freundin Begrüßung

Die aus Kaliningrad stammende russische Staatsbürgerin Vitalia B., die in Deutschland als Kunsthistorikerin promoviert hat, hatte sich bis zu ihrer Verhaftung im Haushalt des Prinzen auf Schloss Waidmannheil in Bad Lobenstein auch um dessen vom Down-Syndrom beeinträchtigte Tochter gekümmert und an eine mögliche Heirat geglaubt. Als sich am Donnerstag vor Sitzungsbeginn andeutete, dass der Prinz und sie miteinander sprechen könnten, sprang eilig ein Wachtmeister dazwischen.

Tätertrennung ist der Grund, sagte der Vorsitzende Richter Jürgen Bonk. Aber: Wenn Prinz und Lebenspartnerin sich nur begrüßten, werde das künftig möglich sein, versprach er – unter Aufsicht, und solange kein inhaltlicher Austausch stattfinde.

Den anderen Wunsch hat das Gericht der Freundin des Prinzen bisher nicht erfüllt: Sie wird ihre beiden Pflichtverteidigerinnen nicht los. Vitalia B. hat seit mindestens September 2023 keinen direkten Kontakt mehr zu ihnen, das Vertrauensverhältnis ist erschüttert.

Sie setzt inzwischen voll auf zwei Wahlverteidiger. Die von ihr auserkorenen Juristen Jörg Dietz und Thomas Nirk werfen den vom Bundesgerichtshof beigeordneten Pflichtverteidigerinnen Sylvia Schwaben und Miriam Haas vor, nicht im Interesse der russischen Angeklagten zu arbeiten und deuten die Möglichkeit an, Schwaben könnte sogar für Russland tätig sein. Der Verdacht müsse Anlass genug sein, die Pflichtverteidigerinnen zu entbinden.

Verteidigerin schweigt bei Verteidigern zu ihrer Arbeit

Nirk hatte seine Kollegin bereits im März aufgefordert: Sie solle keine Erklärung mehr für B. an das Gericht abgeben, auch nicht gegenüber Außenstehenden – etwa der russischen konsularischen Vertretung. Die Anwältin antwortete auf die heftigen Vorwürfe nüchtern, sie werde sich an Recht und Gesetz halten. Dem russischen Konsulat werde sie mitteilen, dass sie "nicht mehr auskunftsberechtigt" sei.

Zuvor hatte sie einem BKA-Vermerk zufolge in einem Gespräch mit der Behörde angegeben, der russischen Vertretung regelmäßig über ihre Tätigkeit als Verteidigerin von B. zu berichten. Zur Begründung heißt es im Vermerk weiter, sie wolle sich nicht dem Vorwurf aussetzen, nicht alles für die Verteidigung zu tun.

B. und ihre Wahlverteidiger wissen aber nicht, was Schwaben bei den Russen wann mit wem besprochen hat. Es gab dem Vernehmen nach zumindest zwei Treffen in Baden-Baden mit Vertretern des Frankfurter Generalkonsulats. Und Schwaben liefert ihren Verteidigerkollegen keine weiteren Informationen. Eine Aufforderung, dem männlichen Verteidigerteam eine Übersicht über Termine und Gesprächsinhalte zukommen zu lassen, blieb offenbar folgenlos.

Damit steht für Dietz und Nirk im Raum, dass die Pflichtverteidigerin bei den zwei Terminen gar nichts erreicht hat – oder sogar verbotenerweise Inhalte aus den Akten gegen den Willen von B. an russische Vertreter weitergegeben hat.

Es ist die Regel, dass inhaftierte Ausländer Unterstützung von der Botschaft ihres Landes bekommen. Im Fall von Vitalia B. seien aber alle konsularischen Angelegenheiten geregelt gewesen, Notwendigkeit für Gespräche habe es nicht gegeben, sagen die Wahlverteidiger. Stattdessen sei es offenbar um andere Themen gegangen. Ein Vertreter des Konsulats habe in einem Gespräch in der JVA Monate vor Prozessbeginn B. auch erklärt, er wisse von ihrer Verteidigerin, dass sie Satellitentelefone für die Gruppe gekauft habe.

Der Vertreter des Konsulats könnte dies auch nur behauptet und diese Information aus einer anderen Quelle gehabt haben. Die Anschaffung ist ein zentraler Punkt der Vorwürfe gegen B. Der andere ist ihre Kontaktaufnahme mit Vertretern des russischen Staats. B. hat für den Prinzen einen Termin beim russischen Generalkonsulat in Leipzig vereinbart. Die Wahlverteidiger wollen im Prozess belegen, dass B. unschuldig ist. Angeklagt ist sie wegen Unterstützung einer terroristischen Organisation.

Verteidigerin bekam von Generalkonsul Einladung zum Empfang

Beim Termin in Leipzig soll Generalkonsul Dronov aus Sicht der Anklage über eine Unterstützung der Reuß-Gruppe durch die Russische Föderation gesprochen haben. Für die Pläne der Gruppe sei Hilfe von außen zentral gewesen, auch bei der Frage eines angeblich benötigten Friedensvertrags oder der Anerkennung einer neuen Regierung wäre Russland wichtig gewesen. Wie sich russische Stellen dazu positionierten, ist unklar. Deutsche Ermittler bewerteten die Gruppe als Kräfte, die potenziell für Russland in Deutschland tätig sein könnten.

Vitalia B. hat die Pflichtverteidigerin aufgrund deren Treffen mit russischen Vertretern unter anderem auch wegen des Verdachts der Unterstützung einer terroristischen Organisation angezeigt, bestätigte Nirk t-online. Der Gedanke dahinter: Sollten Informationen aus den Akten an Russland weitergegeben worden sein, könne das als mögliche Unterstützungshandlung gelten, weil sie die Verwirklichung der Ziele der Gruppe fördern könnte.

Was die Wahlverteidiger auch bemerkenswert finden: Ein Jahr nach dem Treffen des Generalkonsuls Dronov mit B. und dem Prinzen am 13. Juni 2022 war dort Verteidigerin Schwaben anlässlich des Nationalfeiertags eingeladen, wie ein Schreiben belegt. Dronov gab "sich die Ehre, (...) Schwaben (...) zum feierlichen Empfang am Montag, dem 12. Juni 2023 (...) herzlich einzuladen".

Die Einladung zu dem Empfang könnte auch ein Versuch gewesen sein, die Anwältin zu diskreditieren und Unruhe zu schüren. Sie ist bundesweit als Strafverteidigerin tätig und nicht als Szeneanwältin bekannt. Sie erklärte t-online, sie selbst habe dem Generalbundesanwalt die Einladung weitergeleitet.

Entpflichtung liegt jetzt beim Bundesgerichtshof

Weiter wollte sich die Juristin gegenüber der Presse nicht äußern – mit Rücksicht auf ein laufendes Verfahren beim Bundesgerichtshof. Dort liegt jetzt zur Entscheidung, ob Schwaben und ihre Kollegin Miriam Haas entpflichtet werden, also aus der Verteidigung entlassen. Haas verteidigt nicht zum ersten Mal gemeinsam mit Schwaben, ihr werfen die Wahlverteidiger Untätigkeit vor. Der Senat des Oberlandesgerichts Frankfurt hatte die Entpflichtung am 24. April abgelehnt – vier Wochen vor Prozessbeginn.

Der Prozess läuft seit Dienstag, 21. Mai, und beim Bundesgerichtshof (BGH) liegt die sofortige Beschwerde über den Beschluss, der BGH trifft die endgültige Entscheidung. Bis zum 31. Mai läuft die Frist für Stellungnahmen.

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Entpflichtungen sind selten. Derzeit kämpft sogar ein Verteidiger eines anderen Angeklagten mit einer Beschwerde beim Bundesgerichtshof um seine Entpflichtung, weil er sich wegen einer Krebserkrankung nicht in der Lage sieht, den Prozess zu führen.

Mit einer Entpflichtung der bisherigen Pflichtverteidigerinnen verbinden die Wahlverteidiger auch, dann selbst als Pflichtverteidiger beigeordnet zu werden. Für sie hätte das Vorteile: Gebühren werden aus der Staatskasse erstattet und es wird direkt mit dem Gericht abgerechnet. Bislang sind in dem Verfahren ausschließlich Fachanwälte für Strafrecht beigeordnet worden.

Verwendete Quellen
  • Teilnahme am Prozess
  • Eigene Rerchechen
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