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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Newsblog zum Gletschersturz in Blatten Jetzt drohen Regenfälle – hält der Schuttkegel?
Im Lötschental zeichnet sich eine leichte Entspannung ab. Doch es droht Regen – und damit neue Gefahr. Alle Entwicklungen im Newsblog.
Inhaltsverzeichnis
- Wetter: Jetzt droht Regen im Katastrophengebiet
- Suche nach Vermisstem: Geringe Überlebenschancen
- Gestautes Wasser im Lötschental fließt vorerst gefahrlos ab
- "Verlauf hat uns optimistisch gestimmt"
- Das wäre das Worst-Case-Szenario für Wallis
- Schockierende Vorher-nachher-Bilder: Das blieb von Blatten übrig
Wetter: Jetzt droht Regen im Katastrophengebiet
Auch wenn sich die Lage des aufgestauten Flusses Lonza zuletzt entspannt hat – Sorgen bereitet den Anwohnern der Blick auf die Wetteraussichten. Am Sonntag soll Regen einsetzen, auch die neue Woche startet nass. Dazu kommt die Eisschmelze – das alles kann den gigantischen Schuttkegel, der den Abfluss der Lonza teils blockiert, destabilisieren. Damit würde auch die Gefahr eines Murgangs wieder steigen. Am Mittag hatte der Führungsstab mitgeteilt, der Pegelstand des aufgestauten Sees sinke leicht. Das Wasser konnte gleichmäßig über die Geröllmassen ins Tal und schließlich in den Stausee bei Ferden fließen.
Suche nach Vermisstem: Geringe Überlebenschancen
Die Suche nach dem 64 Jahre alten Schafhalter, der nach dem Felssturz in Blatten weiter vermisst wird, kann auch am Samstag aller Voraussicht nach nicht fortgesetzt werden. Wie ein Sprecher der Kantonspolizei Wallis t-online sagte, können derzeit keine Retter in die Geröllmassen geschickt werden, das sei zu gefährlich. Es besteht die Gefahr weiterer Felsstürze. "Die Chance, dass er überlebt, ist klein", sagte der Sprecher. Aber: "Es gibt immer wieder Wunder." Bis jemand gefunden werde, gelte er nicht als tot.
Weitere Entwarnung in Blatten – Kraftwerk-Turbinen stehen still
Der hinter einem gigantischen Schuttkegel aufgestaute Gebirgsfluss Lonza hat sich neue Wege ins Tal gesucht, das abgestürzte Eis-, Fels- und Geröllmaterial ist weitgehend stabil geblieben und die zeitweise befürchtete Flutwelle oder eine Gerölllawine sind vorerst nicht eingetreten. Das Kanton Wallis teilte am Samstagmittag mit: "Tendenziell scheint der Pegel des angestauten Sees oberhalb des Schuttkegels leicht zu sinken." Das Wasser der Lonza, das im Stausee bei Ferden ankommt, ist jedoch stark durch Geröll, Schutt und Schlamm verunreinigt. Deshalb wurden die Turbinen, die eigentlich Strom produzieren sollen, vorsorglich abgeschaltet.
Gestautes Wasser im Lötschental fließt vorerst gefahrlos ab
Nach dem massiven Gletscherabbruch in der Schweiz fließt nun mehr des gefährlich aufgestauten Wassers am Fluss Lonza ab. "Das ist eine gute Nachricht", sagte Jonas Jeitziner vom Regionalen Führungsstab im Lötschental der Deutschen Presse-Agentur. "Das heißt, der See hinter dem Schuttkegel hat einen Durchlass gefunden." Das Flussbett der Lonza ist seit Mittwoch durch gigantische Geröllmengen blockiert. Dahinter ist ein riesiger See entstanden, der den Behörden Sorge bereitet hat.
Die Gemeinden Gampel und Steg informierten die Bevölkerung in der Nacht, dass nun Baumaschinen eingesetzt werden, um den Abfluss sicherzustellen. "Es geht darum, den reibungslosen Ablauf von Geröll und Schwemmholz durch das Bachbett der Lonza innerhalb der Dorfschaften zu gewährleisten", hieß es.
Immer noch sei damit zu rechnen, dass sich mit dem Wasser auch Geröll oder Eis aus dem gigantischen Schuttberg löse und abgehe. "Das dürfte aber keine Konsequenzen für andere Talbewohner haben", sagte Jeitziner. Das Gelände dort sei relativ flach und das Flussbett der Lonza weit, sodass der Krisenstab eine Gerölllawine weitgehend ausschließe.
Versicherungsverband gibt Schätzung für Schaden ab
Der Schaden durch die Naturkatastrophe in der Schweiz beläuft sich nach einer Schätzung des Schweizerischen Versicherungsverbandes (SVV) bei umgerechnet mehreren hundert Millionen Euro. Das geht aus einer aktuellen Pressemitteilung des Verbandes hervor. Laut der Mitteilung sei es für eine präzisere Schätzung des Schadens noch zu früh.
"Verlauf hat uns optimistisch gestimmt"
Im Katastrophengebiet nach dem Gletscherabbruch in der Schweiz läuft das Wasser aus dem aufgestauten Fluss bislang verhalten ab. "Es zeichnet sich ein erstes Gerinne ab", sagte Christian Studer von der Dienststelle Naturgefahren bei einer Pressekonferenz im Lötschental. "Der Verlauf hat uns optimistisch gestimmt, dass das Wasser sich einen guten Weg sucht."
Nach dem Augenschein von Fachleuten, die das Gebiet immer wieder überfliegen, fließt das Wasser durch und teils über den mehr als zwei Kilometer langen Schuttkegel, der seit dem Gletscherabbruch das Flussbett der Lonza blockiert. Es handele sich um rund neun Millionen Kubikmeter Material, sagte Studer. Dahinter hat sich ein riesiger See gebildet.
Ein Drittel des Materials im Schuttkegel könne nach Expertenschätzung Eis des Birschgletschers sein, der am Mittwoch abgebrochen war, sagte Studer. Wie sich das Eis verhalte, sei unklar. Er gehe aber bislang nicht davon aus, dass das Material sehr schnell schmilzt, sagte er.
Gemeindepräsident: Wollen Blatten neu aufbauen
Der Gemeindepräsident von Blatten hat den Neuaufbau des verschütteten Ortes angekündigt. "Wir wollen Blatten neu aufbauen", sagte Matthias Bellwald auf einer Pressekonferenz am Nachmittag. Ein Lötschental ohne den Ort nannte Bellwald "undenkbar". Wo genau der Ort aufgebaut werden kann, könne Bellwald noch nicht sagen.
Laut Bellwald sei alles in dem Ort zerstört, "was nicht in einer Cloud gespeichert ist". Für Wiederaufbaumaßnahmen werde aktuell eine Arbeitsgruppe gebildet. Zudem werde ein Spendenkonto eingerichtet.
16-Jähriger aus Blatten berichtet von seinen Gefühlen
Rund 300 Menschen mussten Blatten vorsorglich verlassen – zu Recht, wie sich am Mittwochnachmittag herausstellte. Die Einwohner werden ihr Dorf – wie sie es kennen – wohl nie mehr wiedersehen. Ob Blatten überhaupt eine Zukunft hat, ist offen. "Die Erinnerungen bleiben natürlich, aber leider ist es jetzt vorbei", sagte der 16-jährige Mattia dem Schweizer Portal "20 Minuten". Das Haus seiner Familie sei als erstes von den Geröllmassen getroffen worden, sagte er. Zu der eiligen Evakuierungsaktion vor einer Woche sagte er: "Wir konnten nur noch Alben mit Kinderfotos mitnehmen." Ansonsten hätten sie alle Wertgegenstände zu Hause zurückgelassen. Er könne sich "ein Leben ohne Blatten nicht vorstellen".
Leichte Entspannung im Lötschental
Die Gefahr eines gewaltigen Murgangs geht offenbar leicht zurück. "Der Pegel steigt derzeit nicht mehr relevant an", teilte eine Sprecherin des Krisenstabs t-online am frühen Freitagnachmittag mit. Millionen Tonnen Geröll hatten dazu geführt, dass der Fluss Lonza zu einem See aufgestaut wurde. Derzeit fließt das Wasser offenbar langsam ab. "Wir gehen derzeit nicht von einem Murgang aus", so die Sprecherin. Anzeichen, dass das Wasser Geröll mit in die Tiefe reißen könnte, gibt es zunächst nicht.
In zwei Gemeinden weiter unten im Tal sitzen Bewohner dennoch auf gepackten Koffern. "Wir fordern die Bewohner auf, persönliche Vorbereitungen zu treffen, um innert möglichst kurzer Zeit die Wohnungen verlassen zu können", teilen die Gemeinden Steg-Hohtenn und Gampel-Bratsch mit.
Vermisster ist Schafhalter – ist er noch am Leben?
Der 64 Jahre alte Mann, der nach dem Felssturz in Blatten vermisst wird, ist Schafhalter. Das hat die Kantonspolizei der "Baseler Zeitung" bestätigt. Er wollte sich demnach um seine Tiere kümmern und ist im Dorf bekannt. Die Staatsanwaltschaft hat Ermittlungen eingeleitet. Unklar ist, ob der Mann noch am Leben sein könnte. "Wir können dazu keine Angaben machen", sagte ein Sprecher der Kantonspolizei Wallis t-online.
- Eigene Recherchen