In diesen Gebieten droht massive Trockenheit
In den Alpen liegt derzeit viel weniger Schnee als in den Jahren zuvor. Umweltorganisationen schlagen Alarm und warnen vor schweren Folgen.
Angesichts der vielfach geringen Schneedecke in den Alpen und des regenarmen Februars droht laut Experten bald massive Trockenheit. In Frankreich, der Schweiz, Italien und in Teilen Γsterreichs liege derzeit viel weniger Schnee als viele Jahre ΓΌblich, sagte der Meteorologe Klaus Haslinger von Geosphere Austria.
In Italien schlΓ€gt die Umweltorganisation Legambiente Alarm und warnt, dass in den dortigen Alpen in den vergangenen Monaten 53 Prozent weniger Schnee als im langjΓ€hrigen Mittel gefallen sei. Das Problem ist nicht nur der Mangel an Schnee, sondern auch der ausbleibende Regen.
Im Po-Becken, dem des grΓΆΓten Flusses Italiens, sind die NiederschlΓ€ge um 61 Prozent gesunken. In Frankreich wird nach mehreren praktisch regenfreien Wochen schon jetzt ein zweiter DΓΌrresommer in Folge befΓΌrchtet.
Globale ErwΓ€rmung begΓΌnstigt wohl Temperatur-Muster
Verantwortlich fΓΌr den geringen Niederschlag sind blockierende Hochdruckgebiete ΓΌber Westeuropa, die Regenfronten abdrΓ€ngen. Es sei nicht das erste Mal, dass solche Wetterlagen fΓΌr extrem regenarme Jahre sorgten, sagte Haslinger. Schon vor 60 Jahren habe es ΓΌber Jahre wegen einer bestimmten Temperaturverteilung ΓΌber Land und Meer sehr wenig geregnet.
"Damals fiel der Pegel der Donau auf ein Rekordtief", so der Meteorologe. Es gebe Indizien, dass die globale ErwΓ€rmung diese Temperatur-Muster begΓΌnstigen kΓΆnnte.
Fehlende FrΓΌhjahrsspitze
"Wenn im FrΓΌhjahr das Wetter so Γ€hnlich ist wie 2022, wird sich die Trockenheit deutlich verschΓ€rfen", warnt der Agrarmeteorologe an der UniversitΓ€t fΓΌr Bodenkultur in Wien, Josef Eitzinger. Es zeichne sich ab, dass die FlΓΌsse viel weniger Schmelzwasser transportieren werden. "Damit fehlt die FrΓΌhjahrsspitze, die auch wichtig fΓΌr das AuffΓΌllen von Grundwasser wΓ€re."
In Frankreich weisen nach aktuellen Daten des nationalen Wassermonitorings von 422 beobachteten Grundwassergebieten schon jetzt 125 ein sehr niedriges Niveau auf, 120 ein niedriges Niveau und 97 ein mΓ€Γig niedriges Niveau.
Venedigs Gondeln auf dem Trockenen
Der Wassermangel setzt auch Venedig zu. Viele Gondeln liegen im Schlamm. Wegen des niedrigen Wasserstandes sind die kleineren KanΓ€le nicht mehr befahrbar. Bei Ebbe wurde zuletzt ein Wasserstand von mehr als 65 Zentimetern unter dem normalen Niveau gemessen.
Ganz Norditalien leidet unter langanhaltender Trockenheit. Nach dem regenfreien Februar im italienischen "Food Valley" drohe ein Minus bei der nationalen Lebensmittelproduktion um 40 Prozent, schrieb die Zeitung "La Repubblica". Niemand kΓΆnne sich dort an eine schlimmere Trockenheit erinnern.
Der Lago Maggiore ist laut Presseberichten nur noch zu 38 Prozent gefΓΌllt, beim Comer See sieht es nicht besser aus. Aber auch weiter sΓΌdlich in Italien macht sich die Trockenheit bemerkbar. Am Tiber in Rom sei der Wasserstand schon um 1,50 Meter gesunken, meldete die Hauptstadtzeitung "Il Messaggero".
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Forschende verzeichnen mehr DΓΌrren
"Das Schneedefizit von heute ist die Trockenheit im nΓ€chsten Sommer und Herbst", sagte Manuela Brunner, Leiterin Hydrologie und Klimafolgen in Gebirgsregionen beim WSL-Institut fΓΌr Schnee- und Lawinenforschung SLF in Davos. Die Auswirkungen haben ΓΌber die Jahrzehnte deutlich zugenommen. Sie hat in einer Studie festgestellt, dass die Zahl der DΓΌrren, die durch Schneeschmelzdefizite ausgelΓΆst wurden, im Zeitraum von 1994 bis 2017 um 15 Prozent hΓΆher war als in den Jahren 1970 bis 1993. Sie geht davon aus, dass der Trend sich fortsetzt, weil die Schneefallgrenze steige. Damit sinke die Menge an Wasserreserven, die im Schnee gespeichert seien.
Wegen Rekord-TiefststΓ€nden beim Grundwasser sΓΌdlich von Wien mΓΌssten sich viele Landwirte auf EinschrΓ€nkungen bei der BewΓ€sserung der Felder einstellen, meint Eitzinger. Der Pegel des ΓΆkologisch besonders wertvollen Neusiedler Sees an der Grenze zu Ungarn β er wird vor allem von Regenwasser gespeist β ist so niedrig wie nie.