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Anglizismen – Das macht doch keinen Sinn!


Die Orthografin
Das macht doch keinen Sinn!

Von Stefanie Schlünz

21.11.2018Lesedauer: 4 Min.
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"Das macht keinen Sinn" – will man diesem Mann zurufen, den ganzen Weg mit dem kleinen Rad: "That makes no sense" (wörtlich: das ergibt keinen Sinn) – ist nur ein Beispiel eines Anglizismus von vielen, das für schlechtes Deutsch steht.Vergrößern des Bildes
"Das macht keinen Sinn" – will man diesem Mann zurufen, den ganzen Weg mit dem kleinen Rad zu fahren: "That makes no sense" (wörtlich: das ergibt keinen Sinn) – ist nur ein Beispiel eines Anglizismus von vielen, der für schlechtes Deutsch steht. (Quelle: ImagineGolf/getty-images-bilder)

Sind Sie ready für Anglizismen? Dann chillen Sie einfach ein bisschen, nehmen sich das Handy oder Tablet zur Hand – ganz Easy-Going eben – und checken das hier mal ab, ob mit oder ohne Happy End.

Anglizismen rufen bei Menschen unterschiedlichste Emotionen hervor. Die einen regen sich permanent darüber auf, dass immer mehr davon Einzug in unseren Sprachgebrauch finden und die deutsche Sprache nach und nach zerstören. Andere sehen es gelassen und betrachten diese Veränderungen einfach als Wandel und Weiterentwicklung der Sprache.

Anglizismen – sinnvoll oder Zerstörer unserer Sprache?

Kinotrailer • Jogginghose • downloaden • Follower • Workshop • Babybauch • Meeting • Recycling-Anlage

Machen wir uns nichts vor, ganz ohne Anglizismen geht es nicht. Und das hier wird auch kein Versuch, gegen die Anglisierung der deutschen Sprache anzuschreiben.

Sprache ist nicht starr, sondern stets im Wandel. Problematisch wird es, wenn Anglizismen falsch genutzt werden. Wir sollten vielmehr eine sinnvolle Verwendung von Anglizismen im Deutschen anstreben. Es könnte oft mehr Zeit investiert werden, um Neuentwicklungen nicht einfach aus dem Englischen zu übernehmen, sondern sich stattdessen kreative deutsche Wörter zu überlegen oder vorhandene zu verwenden:

Stichwort: Ticket, das heute für fast alles benutzt wird, wofür es im Deutschen aber unzählige alternative Möglichkeiten gibt (Fahrkarte, Fahrschein, Eintrittskarte, Konzertkarte, Kinokarte, Strafzettel). Entscheidend ist auch immer, welcher Zielgruppe man angehört beziehungsweise in welchem (beruflichen) Umfeld man sich befindet.

Was sind eigentlich Anglizismen und woher kommen sie?

Anglizismen sind Teile von Wörtern, Wörter, Wortgruppen oder Sätze, die aus dem britischen und häufig aus dem amerikanischen Englisch (daher auch Amerikanismen genannt) in die deutsche Sprache eingeflossen sind. Manche bleiben nur kurz und verschwinden schnell wieder, andere werden völlig im deutschen Wortschatz verankert.

Anglizismen kommen vor allem aus den Bereichen wie den sozialen Medien, neuen Technologien, der Wirtschaft, der Mode und der Musik, zum Beispiel:

Teamwork Content-Manager Community User Account ausloggen Copyshop To-do-Liste Start-up-Unternehmen Designer Jeans Make-up Jazz streamen

Anglizismen treten ...

... als ganz unterschiedliche Typen auf. Alle Formen übernehmen aber grundsätzliche Strukturen aus dem Englischen. Einige von ihnen nimmt man auf den ersten Blick gar nicht als Anglizismen wahr. Oder wussten Sie zum Beispiel, dass die Wörter ausflippen, Stressfaktor und Gipfelkonferenz jeweils Anglizismen sind?

Apropos Stressfaktor – der kann bei Anglizismen unterschiedlich hoch sein

Innovative Dinge und Neuerscheinungen werden häufig automatisch englisch benannt, da es dafür (noch) keine deutsche Entsprechung gibt. Häufig finden sich auch keine überzeugenden deutschen Wörter für bestimmte Dinge. Die meisten der folgenden Beispielwörter sind längst Teil der deutschen Sprache geworden und die wenigsten von uns werden sich noch darüber aufregen. Es sind Anglizismen, von denen ich behaupten würde, dass sie weniger Stress auslösen:

Joggen • Patchwork • E-Mail • Computer • Check-in • Scannen • happy • WLAN • Mobbing • Fast Food • Single • Onlineshop • Skateboard • Happy End • Tennisschläger • Radarkontrolle

Wenn Anglizismen Stress auslösen

Bestimmte Floskeln oder (Rede)-Wendungen, aber auch einzelne Wörter können die Geduld allerdings schon sehr strapazieren.

Stehen Ihnen nicht auch die Haare zu Berge, wenn Sie den berühmt berüchtigten Titel dieser Kolumne "Das macht doch keinen Sinn" lesen? Oder wissen Sie jetzt gar nicht, was ich damit meine?

Diese Phrase ist schon sehr lange im deutschen Sprachgebrauch verankert und sie ist doch so falsch. Abgeleitet aus dem Englischen: "to make sense" – einen Sinn ergeben, sinnvoll sein. "Es macht Sinn" macht eben keinen Sinn, weil man Sinn nicht "machen" kann. Sinn kann sich ergeben oder etwas hat einen Sinn.

Pardon, bevor mein Postfach von bösen E-Mails überflutet wird: Umgangssprachlich ist das natürlich weitgehend akzeptiert. In der Standardsprache würde ich aber lieber darauf verzichten.

Ähnlich ergeht es einem sicherlich mit Wörtern, die durchaus deutsche Alternativen bieten würden. Hier ein paar Beispiele:

easy • funny • Fun • (ab)checken • Performance • Mindset • Qualitytime • Power

Oder mit Sätzen, die einfach überfrachtet sind mit dieser Art von Anglizismen, denn:

Ein gemeinsamer Restaurantbesuch mit einer Freundin, die in einem großen Online-Versandhandel arbeitet, kann mich sprachlich schon mal an meine Toleranzgrenzen bringen, wenn sie beispielsweise über die schlechte Bedienung sagt: "Das ist hier heute eine really schlechte Performance, on top war auch noch das Essen kalt".

Offensichtlich kann man sich in verschiedenen Branchen heutzutage den ganzen Anglizismen kaum noch entziehen.

Die Sprache ist eine demokratische Institution

Welche Wörter und Redewendungen dauerhaften Einzug in unsere Sprache finden, wird uns nicht vorgeschrieben, sondern das entscheiden wir, die Sprachgemeinschaft, gemeinsam, indem wir durch stetige Wiederverwendung und Wiederholungen dafür sorgen. Selbst der Duden ist heute kein starres festschreibendes Standardwerk mehr, das uns vorschreibt, was gilt. Er versteht sich weitestgehend als beschreibendes Regelwerk.

In der neuesten 27. Auflage von 2017 finden übrigens neue Anglizismen wie Selfie, Tablet, Fake News, Cyberkrieg, liken, facebooken, Low Carb Einzug in den Duden und somit in unseren alltäglichen Sprachgebrauch.

Die häufigsten Unterscheidungen von Anglizismen

Lehnwort: Bei der Wortentlehnung wird das englische Wort einfach in die deutsche Sprache übernommen. Oft wird das Wort auch an das deutsche Grammatiksystem angepasst. Beispiele für die Genitivbildung: Internetdes Internets; Laptopdes Laptops und für die Perfektbildung von joggen ► gejoggt

Lehnübersetzung: Hier wird das englische Wort Eins-zu-eins in die andere Sprache übersetzt. Beispiele: brainwashing ► Gehirnwäsche (brain ► Gehirn, washing ► Wäsche) summit conference ► Gipfelkonferenz (summit ► Gipfel, conference ► Konferenz).

Lehnübertragung: Im Gegensatz zur Lehnübersetzung wird hier die Idee des Wortes übernommen, aber es findet keine Eins-zu-eins-Übersetzung statt. Beispiel: skyscraper ► Wolkenkratzer. Wörtlich übersetzt ja eigentlich: "Himmelskratzer" (sky ► Himmel, scraper ►Kratzer).

Lehnbedeutung: Es existiert bereits ein Begriff, der um die Bedeutung aus dem Englischen ergänzt wird. Ein Beispiel ist das Wort: realisieren, das vorerst im Deutschen die Bedeutung von etwas verwirklichen, ausführen hatte. Das englische to realize/realise drückt aber auch etwas bemerken, erkennen aus. Diese Bedeutung wurde später zusätzlich ins Deutsche übernommen. Ein anderes Beispiel ist das Wort: feuern in der Bedeutung: jemanden entlassen, das vom englischen to fire übernommen wurde.

Scheinanglizismus bzw. Wortschöpfungen: Wörter erwecken nur den Anschein, dass sie aus dem Englischen stammen, tun es aber nicht. Der Eindruck entsteht oft durch die Aussprache. Der Klassiker ist hier das Wort Handy, in Deutschland immer noch das am häufigsten benutzte Wort für Mobiltelefon oder Smartphone. Dieses Wort existiert im Englischen lediglich als Adjektiv handy und bedeutet griffbereit, handlich oder praktisch. Das Mobiltelefon wird als mobile phone oder im Amerikanischen als cell phone bezeichnet. Weitere Beispiele: Happy End, existiert im Englischen nur als: happy ending. Das Wort Showmaster gibt es ebenso wenig im Englischen, es wurde von dem Entertainer Rudi Carell erfunden. Oder versuchen Sie einmal, in Amerika ein Basecap zu kaufen, das könnte interessant werden. Sagen Sie dort lieber nur baseball cap.

Verwendete Quellen
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