t-online - Nachrichten für Deutschland
t-online - Nachrichten für Deutschland
Such IconE-Mail IconMenü Icon



Menü Icon
t-online - Nachrichten für Deutschland
HomePolitikUkraine

Ukraine: Staudamm gesprengt – Schuldzuweisungen in den Medien


Reaktionen auf Dammbruch in der Ukraine
"Um unsere Truppen wegzuspülen"


Aktualisiert am 06.06.2023Lesedauer: 3 Min.
Nachrichten
Wir sind t-online

Mehr als 150 Journalistinnen und Journalisten berichten rund um die Uhr für Sie über das Geschehen in Deutschland und der Welt.

Zum journalistischen Leitbild von t-online.
1258200135Vergrößern des Bildes
Werbeplakat der russischen Armee: Ukrainer und Russen werfen sich gegenseitig vor, den Kachowka-Staudamm gesprengt zu haben. (Quelle: Olga Maltseva/AFP/getty-images-bilder)

Die Zerstörung des Kachowka-Staudamms ist am Dienstagmorgen das beherrschende Thema in russischen und ukrainischen Medien. Unter Bloggern gehen die Schuldzuweisungen weiter.

Die Sorge nach der Zerstörung des Kachowka-Staudamms in der Südukraine ist groß – das wird am Dienstagmorgen auch in sozialen Medien deutlich. Medienseiten in der Ukraine und Russland kennen kaum ein anderes Thema und berichten teils in Echtzeit über die Folgen des Dammbruchs, etliche Nutzerinnen und Nutzer erkundigen sich nach näheren Informationen und diskutieren im Netz.

Besonders in Telegram-Kanälen herrscht ein reger Austausch. "Wer weiß, wie lange die Überschwemmung noch dauern wird?", fragt ein Nutzer namens "Ranjeso" im Kanal von "Insider UA", einer proukrainischen Medienseite. Die Antworten zeigen, dass kurz nach der Zerstörung die Informationslage unübersichtlich ist. Nutzer antworten mit Zahlen, die weit auseinandergehen: "Drei Stunden" schreibt einer, andere gehen von weniger Zeit aus, andere rechnen mit mehreren Tagen bis zu einer Woche.

Im gleichen Telegram-Kanal wird berichtet, dass sich Menschen aus Angst vor Wasserknappheit nun in der Region um den Stausee in Supermärkten mit großen Mengen Wasser eindeckten; gepostet ist dazu ein Foto von Einkaufswagen voller Mineralwasserflaschen.

Andere Menschen in sozialen Medien reagieren mit Aufrufen, an die jetzt den Fluten ausgesetzten Tiere zu denken. "Leute, bitte nehmt die Hunde von ihren Ketten, öffnet alle Zwinger und Käfige, bitte gebt den Tieren eine Chance zu überleben, dies ist ein schrecklicher Tod", postet eine Nutzerin namens "Olga" auf Telegram.

Die Kanäle von Telegram, die teils Privatpersonen, aber auch Medienhäuser betreiben, werden am Dienstag schnell Anlaufstelle für ukrainische Menschen, die ihre Wut über den russischen Invasoren ausdrücken. Sie posten typisch russische Beschimpfungen. Vielfach fällt außerdem das Wort "Terroristen". Nicht wenige wünschen "den Russen den Tod" und werfen ihnen "Ökozid" vor, also bewusst die Umwelt zerstören zu wollen.

Russische Blogger auf Linie der Staatspropaganda

Die Aufregung auf beiden Seiten ist groß. Und weil niemand genaue, gesicherte Informationen hat, wird vielerorts spekuliert und beschuldigt – vor allem in der politischen Bewertung des Vorfalls.

Auffällig ist das vor allem in der großen Schar der russischen Militärbeobachter. Einschlägige Blogger beschuldigen die Ukraine eines "Terrorakts" und wiederholen damit gängige Formulierungen der russischen Staatspropaganda.

So postet der russische Politologe und frühere Putin-Berater, Sergej Markow: "Wer jetzt behauptet, Russland habe das Wasserkraftwerk Kachowka in die Luft gesprengt, der lügt ganz offen im Interesse der WSU (der ukrainischen Armee, d. Red.) (...), der lügt im Interesse des Kiewer Regimes und der Nato".

Loading...
Symbolbild für eingebettete Inhalte

Embed

Der russische Hardliner und Ex-Geheimdienstmitarbeiter Igor Girkin verbreitet die Ansicht, der Damm sei von ukrainischer Seite gesprengt worden, "um unsere Truppen vom linken Dnjepr-Ufer unterhalb von Nowa Kachowka 'wegzuspülen'".

Das ukrainische Einsatzkommando Süd teilte auf Telegram mit, die russischen Besatzer hätten den Staudamm selbst gesprengt. "Das ist ein offensichtlicher Terrorakt und ein Kriegsverbrechen, das vor einem internationalen Tribunal als Beweis dienen wird", schrieb der ukrainische Militärgeheimdienst auf Telegram. Auch Präsident Wolodymyr Selenskyj schrieb dort von "Russian terrorists", "russischen Terroristen".

Der proukrainische russische Blogger Ian Matweew twittert unterdessen eine militärische Lageeinschätzung: "Die Sprengung des Staudamms ist für die russische Armee profitabler. Ja, sie werden nach der Überschwemmung einen Teil der Verteidigungspositionen am linken Ufer verlieren. Allerdings wird der überflutete Dnjepr selbst die Landungsoperation für die WSU (ukrainische Armee, d. Red.) unglaublich schwierig machen. Es entsteht eine überschwemmte Sumpfzone (...). Der Fluss wird einfach breiter."

Empfohlener externer Inhalt
X
X

Wir benötigen Ihre Einwilligung, um den von unserer Redaktion eingebundenen X-Inhalt anzuzeigen. Sie können diesen (und damit auch alle weiteren X-Inhalte auf t-online.de) mit einem Klick anzeigen lassen und auch wieder deaktivieren.

"Komsomolskaja Prawda" ignoriert das Thema erst

Auch viele große Tageszeitungen in Russland und der Ukraine kennen am Dienstagmorgen kein anderes Thema und veröffentlichen immer wieder neue Artikel zu dem Dammbruch prominent auf ihren Startseiten. Der ukrainische "Kyiv Independent" legt sich in der Schlagzeile fest: "Russische Streitkräfte zerstören den Staudamm von Kachowka und lösen eine humanitäre Katastrophe aus."

Die russische staatliche Nachrichtenagentur Ria Nowosti platziert weit oben auf ihrer Startseite einen Artikel zum Thema und zitiert einen Nachrichtensprecher mit den Worten, es sei ein "Anschlag der ukrainischen Truppen" gewesen.

Unabhängige russische Seiten, die aus dem Exil agieren, berichten ohne direkte Schuldzuweisung, und auch gemäßigte Seiten wie die russische Wirtschaftszeitung "Wedomosti", die in Teilen Propaganda, aber auch neutrale Wirtschaftsberichterstattung publiziert, verweist auf Fakten wie die Anzahl der Dörfer, die von den Fluten betroffen seien.

Manche Onlinezeitungen in Russland ignorieren das Thema zunächst komplett: Die Propagandaseite "Komsomolskaja Prawda" bestückt ihre Seite am Dienstagvormittag mit der Reportage eines "Kriegsreporters" aus der russischen Region Belgorod, die von mutmaßlich proukrainischen Kräften angegriffen worden war.

Erst am Nachmittag zieht sie nach und veröffentlicht ein Frage-Antwort-Stück zu den Geschehnissen. Die Täter hat die Seite, gemäß der russischen Kriegspropaganda, bereits ausfindig gemacht: die ukrainischen Streitkräfte.

Verwendete Quellen
  • Telegram: Инсайдер UA, Игорь Гиркин (Стрелков), Логика Маркова (alle russisch), Zelenskiy / Official (englisch)
  • Kommersant: Startseite (russisch), Stand: 6.6.2023, 11.45 Uhr; "ФСБ обвинила военную разведку Украины в подготовке теракта с применением 'грязной бомбы'" (russisch)
  • Wedomosti: Startseite (russisch), Stand: 6.6.2023, 11.32 Uhr.
  • Meduza: Startseite (russisch), Stand: 6.6.2023, 11.36 Uhr.
  • Rossiskaja Gaseta: Startseite (russisch), Stand: 6.6.2023, 11.44 Uhr.
  • RadioSvoboda: "Плотина разрушилась из-за повреждений" - источник в российских госмедиа, независимые эксперты" (russisch)
  • Nowaja Gaseta: Startseite (russisch), Stand: 6.6.2023, 11.44 Uhr.
  • Kyiv Independent: Startseite (englisch), Stand: 6.6.2023, 11.50 Uhr.
  • Kyiv Post: Startseite (englisch), Stand: 6.6.2023, 11.51 Uhr.
  • Komsomolskaja Prawda: Startseite (russisch) Stand: 6.6.2023, 12.16 Uhr, 12.27 Uhr; "Специальный репортаж из израненного Шебекино: Как мирный русский город стал символом бесчеловечности ВСУ" (russisch)
  • Twitter: Ian Matveev (russisch)
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...

ShoppingAnzeigen

Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...



TelekomCo2 Neutrale Website