Krise befürchtet So schlecht steht es um die russische Wirtschaft

Zwar boomt die russische Rüstungsindustrie aufgrund des Kriegs, doch dem Rest der Unternehmen geht es zunehmend schlecht. Eine Vielzahl an Insolvenzen droht.
Offiziell ist die russische Wirtschaft in den vergangenen zwei Jahren gewachsen. Insbesondere der Rüstungssektor wächst. Doch das ist nur ein Teil der Wahrheit. Denn während einzelne Branchen stark vom Staat gefördert werden, stecken andere Standbeine von Russlands Wirtschaft in der Krise. Und so könnte auf Russland bald eine große Insolvenzwelle zukommen.
Schließlich lag die Inflation in Russland aufgrund der hohen Ausgaben für den Krieg in der Ukraine in jüngerer Vergangenheit durchgehend auf hohem Niveau. Zuletzt flachte sie zwar etwas ab, doch viele Unternehmen befinden sich bereits in Zahlungsschwierigkeiten. So stiegen die Lohnrückstände zuletzt deutlich an. Von April auf Mai wuchs die Schuldensumme in diesem Bereich um 12,2 Prozent.
- Russland in der Krise: Putins Wirtschaft geht die Puste aus
Grund dafür ist unter anderem das restriktive Vorgehen der russischen Zentralbank, die den Leitzins lange bei 21 Prozent hielt und ihn kürzlich zumindest leicht auf 20 Prozent senkte. Das sollte ein weiteres Anwachsen der Inflation verhindern – bringt die Unternehmen aber in Schwierigkeiten, was der russischen Wirtschaft einige Probleme bereiten könnte.
Russlands Wirtschaft: Zahlreiche russische Branchen in Bedrängnis
Das Moskauer Zentrum für makroökonomische Analyse und kurzfristige Prognostik (CMASF) stellte kürzlich fest, dass in 13 von 37 untersuchten Branchen ein Betriebskapital meist nur noch dann gebildet werden kann, wenn die Schulden bei Lieferungen und Leistungen erhöht werden. Das betrifft in Russlands Wirtschaft besonders Branchen wie die Kohleförderung, die Metallurgie, Auto-, Schiffs- und Flugzeugproduktion. Auch die Gas- und Ölindustrie ist getroffen.
Die Rüstungsindustrie, die unter dem Strich in der russischen Wirtschaft noch eine gute Bilanz aufweist, verzeichnet durch Staatsaufträge weiterhin hohe Einnahmen. Allerdings ist die Schlüsselindustrie in Putins Kriegsindustrie nicht frei von Problemen. Denn sie leidet besonders unter Materialengpässen und Fachkräftemangel.
13 der 78 größten Konzerne des Landes haben mittlerweile Probleme, ihre Schulden zu tilgen. Dieses Problem der russischen Wirtschaft zeigt sich auch daran, dass sich seit Ende Juni 2024 die Zahl mehr als verdoppelt hat. Doch auch in der Breite sind die Firmen betroffen. Zwischen Juli und September 2024 meldeten 19 Prozent der großen und mittelständischen Unternehmen sowie 25 Prozent der kleinen Unternehmen Zahlungsausfälle.
Chefs aus der russischen Wirtschaft befürchten Insolvenzen
Oleg Vjugin, Ex-Vizechef der russischen Zentralbank und heute Aufsichtsrat in mehreren russischen Konzernen, warnte im "Business Insider" bereits im Juni: "Die Gefahr ist groß, dass immer mehr Unternehmen pleitegehen, weil sie aufgrund der hohen Kreditzinsen keinen Gewinn mehr machen."
Mit dieser Befürchtung ist er nicht allein. Sergej Tschemesow, Chef von RosTec, geht sogar davon aus, dass ohne Preisanpassungen "die Mehrheit der Unternehmen pleitegehen" wird. Auch Aleksej Krapiwin, Geschäftsführer des russischen Bauunternehmens NatsProektStroy, prognostizierte im Gespräch mit dem russischen Medium RBC: "So traurig es auch klingen mag, ich glaube, im Jahr 2025 wird es noch mehr Insolvenzen geben."
"Jedes Unternehmen spürt ausnahmslos die Auswirkungen teurer Kapitalanlagen", erklärt er. Darunter leiden die Investitionen. Krapiwin betont: "Große Infrastrukturprojekte sind kapitalintensiv und dauern Jahre."
Warnungen vor diesen Entwicklungen gibt es bereits seit Herbst des vergangenen Jahres. Damals beklagten Industrieunternehmen und Lobbygruppen die hohen Zinsen und befürchteten negative Auswirkungen auf das Wirtschaftswachstum. Das scheint nun einzutreffen.
Probleme für Russlands Wirtschaft – Banken ebenfalls in der Krise
Und auch die Banken geraten in die Krise. Ein Insider zeigte sich im Finanzdienst "Bloomberg" "zunehmend besorgt über die Höhe fauler Kredite in ihren Bilanzen". Dabei soll es sich um mehrere Billionen Rubel handeln. Und so sollen laut einem weiteren "Bloomberg"-Bericht mindestens drei der von der Zentralbank als systemrelevant eingestuften Banken planen, bei weiter wachsenden Krediten staatliche Rettungsgelder zu beantragen.
Ein Problem dabei ist auch die sinkende Kreditqualität. Herman Gref, Chef der staatlichen und landesweit größten Sberbank, sagte auf der Hauptversammlung im Juni: "Es ist bereits klar, dass es nicht einfach werden wird."
Und so wünscht sich offenbar die russische Wirtschaft ein Ende des Kriegs. Ex-Zentralbankvize Vjugin sagte dem "Business Insider: "Rein wirtschaftlich braucht Russland dieses oder nächstes Jahr einen Frieden."
- businessinsider.de: "Droht die Wirtschafts-Krise in Russland? Immer mehr zahlungsunfähige Unternehmen" (kostenpflichtig)
- fr.de: "Russland steht vor massiver Pleitewelle: Führender Baukonzern sieht Insolvenzrisiko"