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Russlands Krieg in der Ukraine: China lässt Nordkoreas Kim von der Leine


Krieg in der Ukraine
Putin und Kim bereiten Sturm vor


Aktualisiert am 21.07.2025 - 09:36 UhrLesedauer: 5 Min.
Wladimir Putin und Kim Jong-Un: Nordkorea möchte seine Unterstützung für Russland im Ukraine-Krieg weiter ausbauen.Vergrößern des Bildes
Wladimir Putin (l.) und Kim Jong Un: Nordkorea möchte seine Unterstützung für Russland im Ukraine-Krieg weiter ausbauen. (Quelle: IMAGO/Gavriil Grigorov/imago-images-bilder)
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China möchte um jeden Preis verhindern, dass Wladimir Putin den Ukraine-Krieg verliert. Dafür lässt Xi Jinping zu, dass die nordkoreanische Kim-Diktatur an der Seite von Russland kämpft und ihre Unterstützung weiter ausbaut.

Es war eine Aussage, die in Deutschland vergleichsweise wenig beachtet wurde. Dabei hat sie große politische Sprengkraft. Als Wang Yi Anfang Juli in Brüssel die EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas traf, äußerte der chinesische Außenminister ein bemerkenswertes Eingeständnis: China könne sich nicht leisten, dass Russland den Krieg in der Ukraine verliert. Man sei keine Kriegspartei, denn wenn China Moskau ernsthaft militärisch helfen würde, so belehrte Wang laut der "South China Morning Post" seine Gesprächspartnerin, hätte Russland den Krieg längst gewonnen.

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Doch die chinesische Regierung befürchtet, dass die Amerikaner sich dem Konflikt mit China zuwenden, wenn sie mit Russland fertig sind. Deshalb möchte Präsident Xi Jinping um jeden Preis verhindern, dass sein russischer Amtskollege Wladimir Putin verliert.

So deutlich äußerte sich China selten seit Beginn der russischen Vollinvasion 2022. Im schlimmsten Fall für die Ukraine würde der Krieg gegen Russland zum Stellvertreterkrieg zwischen den USA und China werden. Aber was bedeutet das konkret?

Xi Jinping scheint die Strategie zu verfolgen, nicht mehr zur Unterstützung von Russland zu tun als unbedingt nötig. Das bedeutet: China liefert keine Waffen, hält Putin aber den Rücken frei und unterstützt seinen Krieg mit Dual-Use-Gütern wie Halbleitern, die auch militärisch verwendet werden können. Und es gibt Nordkorea Rückendeckung beim weiteren Ausbau seiner direkten militärischen Unterstützung für Russland – denn das wäre ohne Zustimmung aus Peking unmöglich. Schließlich hängt Nordkorea am wirtschaftlichen Tropf der Volksrepublik, ist massiv von China abhängig.

Kim-Diktatur kommt aus der Isolation

Putin hat mit Blick auf seinen Angriffskrieg nicht viele Verbündete, die ihn aktiv unterstützen möchten. Länder wie Belarus und der Iran, die ohnehin schon maximal international isoliert sind, bilden die Ausnahmen. Besonderes Augenmerk legte der Kreml in den vergangenen zwei Jahren allerdings auf Nordkorea.

So erlebte die Kim-Diktatur ein wahres Schaulaufen russischer Politiker im eigenen Land. Nachdem Putin im Juni 2024 Pjöngjang besucht hatte, waren in den Monaten danach etwa Verteidigungsminister Andrei Beloussow, Kulturministerin Olga Ljubimowa oder Außenminister Sergej Lawrow zu Gast.

Für den nordkoreanischen Diktator Kim Jong Un hätte es kaum besser laufen können. Vor dem russischen Überfall auf die Ukraine galt sein Land noch als Paria, das aufgrund seiner Atom- und Raketentests international isoliert war. Sogar der sonst gespaltene UN-Sicherheitsrat konnte sich auf Sanktionen gegen Nordkorea verständigen. Doch Putins Krieg hat die politischen Rahmenbedingungen für das nordkoreanische Regime maßgeblich verändert.

Kims Propaganda feierte jeden russischen Besuch als einen Schritt heraus aus der internationalen Isolation. Überdies erhofft sich Pjöngjang durch die Zusammenarbeit mit Russland eine Modernisierung der eigenen Armee. Nordkorea ist zwar extrem hochgerüstet, aber es verfügt vor allem über Waffensysteme aus dem Kalten Krieg. Der Kreml hat schon signalisiert, dass man bereit sei, Nordkorea in den Bereichen Raketentechnologie und Luftwaffe zu unterstützen.

Russland braucht Munition und Kanonenfutter

Doch was bekommt Putin dafür als Gegenleistung? Nach dem israelischen Angriff auf den Iran und der damit verbundenen Schwächung des Mullah-Regimes ist Nordkorea für Russland noch wichtiger geworden. Wie die staatliche Nachrichtenagentur KCNA im Juni berichtete, sagte Kim gegenüber Lawrow, dass man "in allen strategischen Fragen die gleichen Ansichten" habe und "die von der russischen Führung getroffenen Maßnahmen zur Beseitigung der Ursachen der Ukraine-Krise […] auch in Zukunft bedingungslos unterstützen" werde.

Zunächst unterstützte Nordkorea den russischen Krieg vorwiegend mit Munition und geschätzt zwölf Millionen Artilleriegranaten. Danach schickte Kim im vergangenen Jahr etwa 14.000 nordkoreanische Soldaten in die russische Provinz Kursk, um Putin dabei zu assistieren, die ukrainische Armee aus Russland zurückzudrängen. Dabei offenbarte der Einsatz von Kims Truppen aber auch die Schwächen seines Militärs.

Die nordkoreanischen Soldaten waren oft Kanonenfutter, sie sind taktisch schlecht ausgebildet und konnten aufgrund von Kommunikationsschwierigkeiten nur schwer in die russischen Kommandostrukturen eingebunden werden. Die Folge: Es entstanden für Russland und Nordkorea unangenehme Videos, die zeigten, wie nordkoreanische Infanterieverbände direkt in ukrainisches Feuer liefen.

Video | Nordkoreanische Soldaten sterben in Gefangenschaft
Video lädt
Quelle: Glomex

In der Folge wurde berichtet, dass Kims Truppen nunmehr primär für den Schutz militärischer Infrastruktur in Russland eingesetzt würden. Im Juni erklärte die russische Militärführung, dass Nordkorea weitere 6.000 Soldaten nach Russland schicken wird. Sie sollen angeblich für Wiederaufbauarbeiten in das Gebiet Kursk geschickt werden. Berichten zufolge sollen darunter auch 1.000 Minenräumspezialisten sein. Diese Übereinkunft erzielte der Sekretär des russischen Nationalen Sicherheitsrats, Sergej Schoigu, der für Gespräche mit Machthaber Kim nach Nordkorea reiste.

30.000 nordkoreanische Soldaten bald in der Ukraine?

Doch das ist wahrscheinlich nicht das Ende der nordkoreanischen Unterstützung. Denn die beiden Verbündeten haben aus dem ersten Einsatz der Nordkoreaner die Lehre gezogen, dass Kims Truppen besser ausgebildet und mit russischen Waffensystemen und in russischen Taktiken geschult werden müssen, um wirklich eine Hilfe auf dem Schlachtfeld sein zu können. Seither wurden wiederholt Fotos öffentlich, die nordkoreanische Soldaten mit russischen Armeeausbildern zeigen.

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Die Ukraine schlägt schon jetzt Alarm. Laut Einschätzungen ihres Geheimdienstes könnte Nordkorea demnächst bis zu 30.000 weitere Soldaten nach Russland entsenden. Sollten diese auch in der Ukraine eingesetzt werden, würde der Krieg in eine neue Phase eintreten. Erstmals würden nordkoreanische Truppen direkt in der Ukraine kämpfen. Das würde den letzten Schritt der Kim-Diktatur in Richtung einer offiziellen Kriegsbeteiligung markieren.

Die Folgen dieser Entwicklung wären schwer absehbar und für Putin wäre der Einsatz der nordkoreanischen Soldaten nicht ohne Risiko. Unklar ist, wie Südkorea oder die USA reagieren würden. Russlands Ziel bleibt es, das amerikanische Engagement in der Ukraine möglichst gering zu halten.

Doch Moskau steckt in einem Dilemma. Auch die russische Armee hat Probleme bei der Nachführung von Soldaten und Ausrüstung. Zwar kommt sie seit Monaten im Osten der Ukraine langsam vorwärts, doch die Einnahme größerer Städte ist derzeit nicht in Sicht. Um etwa die strategisch-wichtige Stadt Pokrowsk zu erobern, könnte der Kreml auf nordkoreanische Soldaten zurückgreifen, die wahrscheinlich auch dabei als Kanonenfutter dienen würden, meinen Experten.

Aber am Ende geht es für Russland, die Kim-Diktatur und auch für China nicht um das Schicksal der nordkoreanischen Soldaten, sondern um Geopolitik. Kim erkauft sich mit seinen Truppen Russlands Gunst und für Xi Jinping ist die nordkoreanische Beteiligung ein Weg, um sich selbst möglichst wenig in dem Krieg engagieren zu müssen. Auch deswegen ließ China die Kim-Diktatur von der Leine und entzog sich so – ein Stück weit – der Aufmerksamkeit des Westens. Chinas Strategie ist längst kein Geheimnis mehr: keine offene Unterstützung, doch im Hintergrund eine klare Parteinahme für Russland.

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