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Kommentar zu Franziska Giffey: Wann wechseln Sie zur CDU?


SPD-Absturz in Berlin
Wann wechseln Sie zur CDU, Frau Giffey?


21.06.2022Lesedauer: 3 Min.
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Regentin einer unregierbaren Stadt: Franziska Giffey. (Quelle: IMAGO/M. Popow)

Der Widerstand in der SPD gegen Franziska Giffey wächst. Die FDP fordert ihren Rücktritt. Die einstige Hoffnungsträgerin gilt jetzt als Bürgermeisterin auf Abruf. Dabei kann ihr Abstieg niemanden überraschen.

Berlins Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey soll zurücktreten. Noch ist es nur die FDP, die mit dieser Forderung vorgeprescht ist. Doch die Oppositionspartei hat damit ausgesprochen, was auch viele Genossen und Genossinnen in der Berliner SPD denken. Giffey ist eine Königin ohne Reich, eine Bürgermeisterin auf Abruf. In der eigenen Partei stößt sie zunehmend auf Misstrauen.

Das hat der SPD-Landesparteitag am Sonntag gezeigt. Da hat Franziska Giffey nur noch 58,9 Prozent der Stimmen bekommen – 31,1 Prozent weniger als 2020. Es ist eine herbe Schlappe. Nach nur acht Monaten als Regierende Bürgermeisterin muss sie sich fragen, ob sie noch die richtige Frau in diesem Amt ist. Denn bei wichtigen Themen genießt sie in der eigenen Partei keinen Rückhalt mehr.

Berlin-Neukölln als Sprungbrett

Der Weiterbau der Stadtautobahn A100? Ist vorerst vom Tisch. Die Enteignung von Wohnungskonzernen? Ist auf der Agenda der Partei ganz nach oben gerückt. Sollte die SPD grünes Licht von der von Rot-Grün-Rot eingesetzten Enteignungskommission bekommen, will sie die Vergesellschaftung von Wohnungsunternehmen vorantreiben.

Giffey war stets für den Ausbau der A100 und gegen eine Enteignung. Es waren Forderungen, mit denen sie in den Wahlkampf gezogen war. 2020 hatte die SPD sie als Spitzenkandidatin zurück nach Berlin geholt. Die Stadt ist ihre politische Heimat, genauer: der Bezirk Neukölln. Als Nachfolgerin des Bezirksbürgermeisters Heinz Buschkowsky hatte sie sich den Ruf einer Law-and-Order-Frau erworben.

Aber dass das politische Comeback von Franziska Giffey ausgerechnet im linken Berlin schwierig werden würde, kann niemanden überraschen. Sie war 2020 gerade über ihre Doktorarbeit gestolpert und als Familienministerin zurückgetreten, als die SPD sie nach Berlin zurückholte. Ihr Rücktritt hatte ihrer Popularität kaum geschadet. Die Medien liebten sie und ihre Auftritte, auch ohne Doktortitel. Sie galt immer noch als Kommunikationstalent, als Meisterin der politischen Verpackung.

Die Marke Giffey steht für bürgerliche Werte

Sie brachte mit, was der Berliner SPD fehlte. Die Partei stand nach Jahren unter der Führung des glücklosen Bürgermeisters Michael Müller mit dem Rücken zur Wand. Blass, uncharismatisch, uncool. Die Frau vom rechten Parteiflügel sollte retten, was kaum noch zu retten schien. Die Marke Giffey stand für bürgerliche Werte. Bodenständig, ein bisschen bieder, aber verlässlich. Dazu passte, dass sie Kostüme trägt, die aussehen, als kämen sie aus den fünfziger Jahren. In Berlin wirkt sie damit wie aus der Zeit gefallen.

Rot-grün-rot stand sie von Anfang an skeptisch gegenüber. Stattdessen flirtete sie mit der FDP und der CDU. Für einen Moment näherte sie die Hoffnung bürgerlicher Wähler außerhalb des grünen Stadtrings, dass sie der linken SPD ihre schlimmsten Flausen austreiben könnte. Nach nur acht Monaten ist diese Hoffnung geplatzt. Giffey hat nicht nur sich selbst demontiert, sondern auch die SPD. Nach einer gerade veröffentlichen Umfrage von Civey im Auftrag des "Tagesspiegel" liegt die Partei in der Hauptstadt mit 16 Prozent nur noch auf Platz drei, deutlich hinter der CDU (22 Prozent) und den Grünen (22 Prozent).

Giffeys PR-Auftritt gerät zur Lachnummer

Es ist ein Debakel für die SPD. Allerdings eines, das sich lange angebahnt hat. Eine Regentin, die das unregierbare Berlin Queen-like repräsentiert, eignet sich nicht als Aushängeschild einer Partei. Es sei denn, sie wechselt zur CDU. Schon das Wahlergebnis im September hatte gezeigt, dass das Kalkül der SPD nicht aufgegangen war. Mit 21,3 Prozent blieb Giffey hinter den hohen Erwartungen zurück. Insider sagen, ohne den Scholz-Bonus hätte die SPD Berlin die Wahl verloren.

Aus dem Riss zwischen der Partei und ihrem Aushängeschild ist seither eine Kluft geworden. Die PR-Auftritte der Erfinderin des Gute-Kita-Gesetzes geraten zur Lachnummer – siehe ihr jüngster Auftritt mit dem Bündnis für Wohnungsbau und bezahlbares Wohnen. Giffey setzt auf die Freiwilligkeit der Wohnungsunternehmen, um ein Enteignungsgesetz zu verhindern.

Doch ausgerechnet einer der wichtigsten Akteure, der Mieterverein, hat eine gemeinsame Vereinbarung nicht unterschrieben. Seine Mitglieder glauben nicht daran, dass Unternehmen sich auf eine Deckelung der Mieten einlassen. Eine Niederlage für Giffey. Sie feiert sie als Erfolg. Sie lässt sich mit überdimensionalen Schlüsseln aus Pappe fotografieren.

Rückendeckung von Raed Saleh

Vielen Genossen und Genossinnen sind solche Auftritte regelrecht peinlich. Aber solange Giffey den Rückhalt des linken Co-Parteichefs Raed Saleh genießt, traut sich keiner ihrer Kritiker aus der eigenen Partei hervor. Zum Showdown wird es vermutlich erst kommen, wenn die Berliner SPD grünes Licht für ein Enteignungsgesetz bekommt. Dann muss sich Giffey entscheiden: Entweder sie trägt den linken Kurs der Partei mit. Oder sie opponiert gegen die eigene Partei.

Ein Rücktritt wäre zumindest im zweiten Fall unausweichlich.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherchen
  • rbb: "Schlüsselfigur Giffey"
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