Umfangreiche Sanierung startet Bahnstrecke Berlin-Hamburg dicht: Das müssen Fahrgäste wissen

Ab Freitag wird auf der Bahnstrecke zwischen Hamburg und Berlin generalsaniert – mit großen Auswirkungen im Fern- und Regionalverkehr.
Die Bahnstrecke zwischen Hamburg und Berlin ist eine der wichtigsten Pendlerstrecken in ganz Deutschland – und ab Freitagabend komplett dicht. Dann beginnt die lange erwartete Generalsanierung der Strecke mit großen Folgen für den Regional-, Fern- und Güterverkehr. Täglich fahren allein im Fernverkehr rund 30.000 Menschen auf der 280 Kilometer langen Strecke, insgesamt sind dort jeden Tag 470 Züge unterwegs.
Die umfassende Modernisierung der Strecke ist dringend notwendig, die wichtige Verbindung zwischen den beiden Metropolen hält dem Verkehrsaufkommen kaum noch Stand. "Wir haben Stellwerke, die arbeiten noch mit Disketten", sagt Julian Fassing, Projektleiter für die Sanierung.
Es ist nach der Riedbahn und der derzeit ebenfalls laufenden Modernisierung der Strecke Emmerich-Oberhausen in Nordrhein-Westfalen (NRW) die nächste sogenannte Generalsanierung im deutschen Schienennetz. Mit der grundlegenden Instandsetzung vielbefahrener Korridore will die Deutsche Bahn langfristig wieder pünktlicher und zuverlässiger werden. Das müssen Betroffene wissen:
Wie lange dauert die Sperrung?
Wie schon bei der Riedbahn zwischen Frankfurt und Mannheim im vergangenen Jahr wird auch die Strecke Hamburg-Berlin vollständig gesperrt – und zwar für neun Monate vom Abend des 1. August bis zum 30. April. In drei verschiedenen Baubereichen werden dann umfassende Sanierungsarbeiten durchgeführt, die die marode Strecke wieder komplett auf Vordermann bringen sollen.
Einige Arbeiten waren so dringend, dass sie schon im vergangenen Jahr durchgeführt werden mussten. Zwischen August und Dezember kam es deshalb bereits 2024 zu erheblichen Einschränkungen für die Fahrgäste.
Was bedeutet die Sperrung für den Fernverkehr?
Fahrgäste im Fernverkehr müssen aufgrund der Sperrung Umleitungen und längere Fahrzeiten in Kauf nehmen. Die Fernzüge werden über Stendal und Uelzen umgeleitet. Im Schnitt brauchen sie dann 45 Minuten länger. Zudem gibt es nur noch eine Verbindung pro Stunde statt bisher alle 30 Minuten. Die Halte Ludwigslust und Wittenberge entfallen.
Die EC-Züge zwischen Hamburg und Prag starten und enden in Berlin. Die Fernzüge zwischen Hamburg und Rostock werden über Lübeck und Bad Kleinen umgeleitet und brauchen rund 60 Minuten länger. In Schwerin werden in der Bauzeit keine Fernzüge halten.
Was ist mit dem Regionalverkehr?
Deutlich umständlicher wird es für die Fahrgäste im Regionalverkehr. Zahlreiche Linien entfallen ganz oder sind nur auf einzelnen Teilstücken unterwegs. Auf 28 Verbindungen sollen Ersatzbusse eingesetzt werden. Betrieben werden sie vom Unternehmen Ecovista, das dafür eigenen Angaben zufolge 208 neue Busse bei den Herstellern SOR und Iveco bestellt hat. Die Busse verfügen demnach über WLAN und USB-Steckdosen. Auf der Langstrecke sind die Fahrzeuge teilweise mit Toiletten ausgestattet, teilte Ecovista mit.
Allerdings werden bis zum Start der Bauarbeiten nicht alle davon ausgeliefert sein. Ecovista werde deshalb auf Fahrzeuge von Subunternehmen zurückgreifen, teilte eine Sprecherin mit. Es kämen zudem Busse zum Einsatz, die die Bahn während der Riedbahn-Sanierung verwendet hat. Damit könne der Ersatzverkehr wie geplant in voller Stärke anlaufen, hieß es.
Und wie steht es um den Güterverkehr?
Ein Teil der Güterzüge könne ebenfalls über Uelzen und Stendal umgeleitet werden, teilt die Bahn mit. "Weiterhin sind jedoch auch Umleitungen über Rotenburg (Wümme) und Verden (Aller) vorgesehen. Diese werden im weiteren Fahrtverlauf über Hannover und Magdeburg in Richtung Berlin geleitet." Für die Transportunternehmen bedeutet das Verzögerungen von mehreren Stunden.
Warum wird die Strecke schon wieder gesperrt?
Weil bei den Bauarbeiten im vergangenen Jahr lediglich repariert wurde, was nicht mehr aufgeschoben werden konnte. Nun soll deutlich mehr passieren, um den Zustand grundlegend zu verbessern. Laut Bahn erhielt die Strecke zuletzt die Zustandsnote 3,7. Nach der Generalsanierung prognostiziert der Konzern die Note 2,3. Auf der Riedbahn hat sich die Zustandsnote durch die Generalsanierung demnach von 3,70 auf 2,19 verbessert.
Was wird konkret gemacht – und was nicht?
- 28 Bahnhöfe sollen ein neues Erscheinungsbild erhalten und künftig mehr Aufenthaltsqualität bieten. Damit werden die meisten Bahnhöfe auf der Strecke modernisiert, aber nicht alle.
- 165 Kilometer Gleise werden komplett erneuert, weitere 61 Kilometer instand gesetzt.
- 249 Weichen werden insgesamt eingebaut.
- Auf 25 Kilometern Länge wird der Fahrdraht getauscht, auf weiteren 22 Kilometern die Oberleitung erneuert.
- Sechs neue Stellwerke werden gebaut, 19 Stellwerke modernisiert.
Die Stellwerke werden für den Einsatz einer digitalen Leit- und Sicherungstechnik (ETCS) vorbereitet, die Strecke selbst aber nicht. Nach Erfahrungen bei der Riedbahn-Sanierung wird darauf verzichtet. Erst in den 2030er Jahren soll auf der Strecke Hamburg-Berlin dann auf die digitale Technik umgestellt werden. Sie ermöglicht es, dass insgesamt mehr Züge dichter hintereinander auf der Strecke fahren können.
Wird die Bahn nach den Bauarbeiten pünktlicher?
Das ist zumindest die große Hoffnung der Verantwortlichen. Zuletzt wurden weniger als 60 Prozent der Fernverkehrshalte rechtzeitig erreicht.
Dass diese Quote für das gesamte Netz schon nach dieser dritten von insgesamt rund 40 Generalsanierungen deutlich besser wird, ist unwahrscheinlich. Auf der Strecke selbst sollte der Verkehr nach der Baumaßnahme aber deutlich besser und störungsfreier rollen. Zudem soll die umfassende Generalsanierung dazu führen, dass dort für mehrere Jahre nicht mehr gebaut werden muss.
Wie geht es nach Hamburg-Berlin weiter?
2026 sollen vier Generalsanierungen absolviert werden – und zwar auf den Strecken Hagen-Wuppertal-Köln, Nürnberg-Regensburg, Obertraubling-Passau, Troisdorf-Wiesbaden.
- Nachrichtenagentur dpa