t-online - Nachrichten für Deutschland
t-online - Nachrichten für Deutschland
Such IconE-Mail IconMenü Icon



HomeRegionalEssen

Nach Paraguay verschleppte Kinder: "Querdenker" helfen Fahndern unfreiwillig


Entführte Kinder in Paraguay
Haben die "Querdenker" einen schweren Fehler gemacht?

Von t-online, mtt

Aktualisiert am 03.06.2022Lesedauer: 3 Min.
Die Gesuchten: Ihr Video lieferte den Ermittlern aktuelle Fahndungsbilder.Vergrößern des BildesDie Gesuchten: Ihr Video lieferte den Ermittlern aktuelle Fahndungsbilder. (Quelle: Screenshot)
Auf Facebook teilenAuf x.com teilenAuf Pinterest teilen
Auf WhatsApp teilen

Ein mutmaßliches "Querdenker"-Paar aus Deutschland befindet sich auf der Flucht, die beiden sollen zwei Mädchen nach Paraguay verschleppt haben. Ermittler sind ihnen auf der Spur. Nun hat das Paar möglicherweise einen Fehler gemacht.

Die in Paraguay abgetauchten mutmaßlichen "Querdenker" Andreas Egler und seine Frau Anna befinden sich seit einem halben Jahr auf der Flucht. Das Paar fürchtet sich vor vermeintlichen "experimentellen Genspritzen" in Deutschland. Sie haben zwei Mädchen bei sich: Annas Tochter Lara Valentina aus einer vorigen Beziehung und Andreas Eglers Tochter Clara – für die nicht er das Sorgerecht hat, sondern seine Ex-Frau Anne Reiniger-Egler.

An der Suche nach Clara sind mittlerweile Interpol und auch Paraguays Polizei beteiligt. In einem aufsehenerregenden Appell wandte sich Anne Reiniger-Egler diese Woche an die paraguayische Öffentlichkeit und bat um Mithilfe. Die "Querdenker" reagierten ihrerseits mit einem Video, das sie über die sozialen Medien verbreiteten: "Ihr schadet den Kindern, verdammt noch mal", schnauzte Andreas Egler in die Kamera.

"Die Hoffnung ist groß, dass die Behörden nah dran sind"

Damit könnte er einen für ihn folgenschweren Fehler begangen haben. Denn bisher hatte die Polizei in Paraguay nur alte Fotos von Egler für ihre Fahndungsaufrufe zur Verfügung. "Dank der Videobotschaften hat die Staatsanwaltschaft nun auch brandaktuelle Bilder der Gesuchten", sagt Matthias Onken vom Unterstützerkreis um Anne Reiniger-Egler zu t-online.

Empfohlener externer Inhalt
X
X

Wir benötigen Ihre Einwilligung, um den von unserer Redaktion eingebundenen X-Inhalt anzuzeigen. Sie können diesen (und damit auch alle weiteren X-Inhalte auf t-online.de) mit einem Klick anzeigen lassen und auch wieder deaktivieren.

"Die Hoffnung ist groß, dass die Behörden aufgrund des öffentlichen Fahndungsdrucks jetzt nah an ihnen dran sind", erklärte Onken weiter. Es gebe ständig neue Hinweise aus der Bevölkerung. Diese hätten zwar unterschiedliche Qualität, aber die Fluchtsituation habe sich für die "Querdenker" zweifellos erheblich erschwert. Auch die Medien in Paraguay würden immer größer über den Fall berichten.

Anwälte appellieren: "Beenden Sie die für alle belastende Situation"

Eine wichtige Spur entdeckte die Polizei diese Woche bereits: einen zurückgelassenen Mietwagen in der Ortschaft Bella Vista nahe der argentinischen Grenze. Der Vermieter des Autos wurde vorübergehend festgenommen und verhört. Man gehe davon aus, dass sich die mutmaßlichen Kindesentführer weiter im Land befinden, sagte Staatsanwältin Carina Sánchez danach.

Die Anwälte von Anne Reiniger-Egler sind unterdessen ebenso wie ihre Mandantin ebenfalls nach Paraguay gereist. Mit einem offenen Brief wandten sie sich an das "Querdenker"-Paar. "Das Wohl der Kinder ist mit dem Leben auf der Flucht, für das Sie sich entschieden haben, nicht vereinbar", heißt es darin. "Beenden Sie diese für alle belastende Situation. Tun Sie das Richtige. Melden Sie sich bei uns oder den Behörden. Unseren Mandanten geht es nicht um Strafe. Sie wollen mit Ihnen eine Lösung finden, die allen eine Zukunft in Frieden und eine Rückkehr in ein normales Leben ermöglicht."

Die Polizei geht davon aus, dass die Familie in einer der zahlreichen deutschen Kolonien in Paraguay untergetaucht ist, dort dürften sie auf die Unterstützung von Gleichgesinnten bauen können. "Es gibt hier sehr abgeschottete deutsche Gemeinschaften, das macht die Ermittlungen so schwierig", sagte der stellvertretende Leiter des Entführungsdezernats der paraguayischen Polizei, Mario Vallejos.

2021 kamen 3.440 Deutsche nach Paraguay

Paraguay kann auf eine lange Tradition von Einwanderung aus Deutschland zurückblicken. Bereits Ende des 19. Jahrhunderts kamen viele Deutsche in das fruchtbare Land, um sich ein neues Leben aufzubauen. Während der Corona-Pandemie entwickelte sich Paraguay dann zu einem Dorado von Impfgegnern, "Querdenkern" und rechten Verschwörungsideologen. Allein im vergangenen Jahr ließen sich nach Angaben der paraguayischen Migrationsbehörde 3.440 Deutsche neu nieder.

Als Einwanderungsland ist Paraguay attraktiv, weil Ausländer vor allem aus Europa recht einfach eine Aufenthaltsgenehmigung erhalten und auch Land oder Immobilien kaufen können. Für Impfgegner wurde Paraguay während der Corona-Pandemie interessant, weil man zunächst auch ohne Impfnachweis einreisen konnte. Zahlreiche Auswanderer sollen zuletzt dem Land aber wieder den Rücken gekehrt haben. Sprachprobleme, geringe Verdienstmöglichkeiten, das extreme Klima und Mentalitätsunterschiede treiben sie zurück, wie es in einschlägigen Internetforen heißt.

Anne Reiniger-Egler ist die Tochter des Ex-Oberbürgermeisters der Stadt Essen, Wolfgang Reiniger. Ihr ehemaliger Mann Andreas war früher Fußballer und kommt laut "Transfermarkt.de" auf insgesamt 32 Einsätze in Regionalligen.

Verwendete Quellen
  • Telefonat mit Matthias Onken
  • Video der "Querdenker"
  • Offener Brief der Anwälte von Anne Reiniger-Egler
  • Mit Material der Nachrichtenagentur dpa
  • Eigene Recherche
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...

ShoppingAnzeigen

Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...



TelekomCo2 Neutrale Website