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FC Schalke 04 | Trainer Reis: "Auf Schalke bekommst du viel Druck ab!"


Schalke-Trainer Thomas Reis
"Deutschland hat uns Bundesliga-Tauglichkeit abgesprochen"

InterviewVon Dietmar Nolte

Aktualisiert am 30.03.2023Lesedauer: 6 Min.
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Schalke-Trainer Thomas Reis (Archivbild): Die Erwartungen an seine Mannschaft sind hoch. (Quelle: Bernd Thissen/dpa/dpa)

Der Glaube an den Klassenerhalt lebt auf Schalke – dank Trainer Thomas Reis: "Ich hatte immer die Überzeugung, dass wir etwas Unmögliches schaffen können!"

Neben Borussia Dortmund ist der FC Schalke 04 die einzige Mannschaft der Liga, die in der Rückrunde noch ungeschlagen ist. Und die sich vom abgeschlagenen Tabellenletzten wieder zu einem ernsthaften Kandidaten für den Klassenerhalt gemausert hat. Das ist vor allem das Ergebnis einer aggressiven und leidenschaftlichen Defensivarbeit, die Thomas Reis der Mannschaft eingeimpft hat.

Im Exklusiv-Interview mit t-online verrät der Schalker Trainer, wie er seine Spieler gekitzelt hat, was er von ihnen erwartet und warum ihm auch die aktuellen Verletzungssorgen keine Angst machen. Der 49-Jährige schätzt die Chancen im Duell gegen Leverkusen ein und wagt eine Prognose zum Abstiegskampf. Und Reis bekennt ganz offen: "Auf Schalke bekommst du schon viel Druck ab!"

t-online: Thomas Reis, am Samstag geht's gegen Bayer Leverkusen. Tabellenplatz und Name sprechen für die Gäste, die Form spricht für Schalke. Wie sehen Sie die Rollenverteilung?

Thomas Reis: Wir sind für viele klarer Außenseiter, weil Leverkusen auch in einer sehr guten Form ist. Die Kaderqualität ist bei Bayer höher als bei uns, sie haben sich als Mannschaft gefunden und zuletzt die Bayern geschlagen. Da ist die Favoritenrolle auch aus meiner Sicht normalerweise klar vergeben.

Aber trotzdem wird Ihre Mannschaft mit breiter Brust in das Duell gehen?

Definitiv, wir werden uns sicher nicht wie das Kaninchen vor der Schlange verhalten. Immerhin sind wir seit acht Spielen ungeschlagen. Wir haben am Samstag ein Heimspiel und die Rückendeckung unserer Fans. Wir müssen weiter Punkte sammeln. Wenn du Leverkusen schlagen willst, musst du alles abrufen. Und genau das werden wir.

Sie haben die Serie von acht Spielen ohne Niederlage angesprochen. Was macht es so schwer, gegen Schalke zu gewinnen?

Wir haben eine sehr gute Mentalität entwickelt. Die Mannschaft verteidigt mit Mann und Maus, wir sind in den Zweikämpfen sehr aggressiv. Wenn ein Spieler ausgespielt wird, ist sofort der nächste da. Jeder hat Lust, das eigene Tor zu verteidigen.

Ist das das Wichtigste, was Sie der Mannschaft für den Abstiegskampf mitgegeben haben?

Wenn du selbst nicht viele Tore schießt, ist es umso wichtiger, gut zu verteidigen, um Punkte zu sammeln. Das habe ich der Mannschaft eingeimpft. Der Fokus liegt bei uns auf der Defensive, ohne dass wir einen Bus vor das Tor stellen. Ganz Fußball-Deutschland hat uns die Bundesliga-Tauglichkeit abgesprochen. Ich habe der Mannschaft klar gesagt, dass es an uns liegt, ob wir diesen Vorwurf weiter leben wollen – oder ihnen das Gegenteil beweisen.

Warum tut sich Schalke offensiv oft so schwer? Ist es eine Frage der Qualität, des Selbstvertrauens – oder woran liegt es?

Es ist eine Mischung aus vielen Dingen. Wir bekommen nicht so viele Chancen, sind dann manchmal überhastet. Manchmal treffen wir vor dem Tor die falsche Entscheidung oder spielen den letzten Pass nicht sauber. Natürlich ist die Qualität der gegnerischen Abwehr in der Bundesliga auch höher als in der 2. Liga. Und in der 1. Liga müssen Stürmer gerade bei einem Aufsteiger, der um den Verbleib in der Klasse kämpft, noch andere, defensive Aufgaben übernehmen. Du musst als Mannschaft erst mal das Vertrauen finden, dass du hinten gut stehst. Dann kannst du das Ganze nach vorne verlagern. Zuletzt ist uns das ganz gut gelungen.

Sie haben die Qualität in der Abwehr in der Winterpause mit dem Transfer von Moritz Jenz signifikant erhöht. War dies das entscheidende Puzzlestück für die jetzt so sichere Defensive?

Er ist sicher ein Unterschiedsspieler und hat ebenso wie Michael Frey, Eder Balanta oder Tim Skarke die Qualität des Kaders angehoben. Wir können Ausfälle besser kompensieren und Rückschläge durch Verletzungen werfen uns nicht mehr aus der Bahn. Wir haben ein gutes Konstrukt, eine gute Stabilität gefunden. Hätte vorher jemand gesagt, Hennig Matriciani spielt Linksverteidiger, hätten sich alle an die Stirn getippt. Aber jetzt siehst du, was der Kopf und das nötige Selbstvertrauen ausmachen können.

Ist Matriciani ein Musterbeispiel für die Lust am Verteidigen?

Auf jeden Fall! Henning ist ein typisches Beispiel dafür, dass man manchmal auch mit etwas weniger Talent, aber einem großen Herzen vieles wettmachen und erreichen kann. Und wenn du selbst zu Sicherheit in deinem Spiel findest, gibst du das auch an die Mannschaft weiter.

Moritz Jenz fällt jetzt verletzt aus – ein herber Rückschlag im Abstiegskampf?

Moritz hat uns qualitativ sehr geholfen, stabil zu werden, daher ist es ein harter Schlag. Ich habe es vorhin schon angesprochen: Uns hat zuletzt ausgezeichnet, dass wir immer wieder Verteidiger ersetzen mussten – und trotzdem hat es funktioniert. Das haben wir uns erarbeitet. Und egal, wer am Samstag für Moritz spielt, er wird sich nahtlos einfügen. Moritz hat uns viel geholfen und ich denke, die Mannschaft hat jetzt auch das Ziel, etwas zurückzugeben, wenn jemand wie er fehlt.

Wie wichtig war der Wechsel auf der Torhüterposition von Alexander Schwolow zu Ralf Fährmann für die Stabilität der Mannschaft?

Ich konnte Schwoli kein Gegentor vorwerfen, seit ich Trainer auf Schalke bin. Ich habe mich trotzdem für einen Neustart auf dieser Position entschieden. Ralle kennt das Umfeld, das sehr unruhig geworden war. Er kennt das Stadion, hat hier sowohl positive als auch negative Sachen erlebt. Er hat eine gute Präsenz. Und er hat sich nie hängen lassen. Beide Torhüter waren immer auf Augenhöhe, sonst hätte ich diesen Wechsel nie erwogen.

War das ein mutiger Schritt?

Wenn ich eine Entscheidung treffe, dann aus Überzeugung. Ich war davon überzeugt, dass dieser Schritt der Mannschaft helfen kann. Ob das mutig ist – keine Ahnung, das war zumindest nicht meine Intention.

Eine Entscheidung aus Überzeugung – war das auch der Fall, als Sie im Oktober auf Schalke unterschrieben haben? Und brauchte es dafür diesen unerschütterlichen Optimismus, den Sie sich selbst bescheinigen?

Ich denke schon. Schalke war damals weitgehend als bundesligauntauglich abgestempelt. Trotzdem war es eine Entscheidung aus Überzeugung. Ich wollte wieder an der Linie stehen, musste dafür nicht mal umziehen – und habe die Verantwortung für einen Verein bekommen, der riesengroß ist.

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Gab es danach trotzdem auch mal einen Moment des Zweifels, dass sie erfolgreich sein werden?

Auch wenn mir das vielleicht nicht jeder glaubt – ich hatte immer die feste Überzeugung, dass wir etwas Unmögliches schaffen können. Wir haben zunächst nicht gut gepunktet, aber ich habe gesehen, dass sich etwas entwickelt. Ich habe bei meinen Mannschaften immer bewiesen, dass ich sie entwickeln kann. Bisher sind wir auf einem guten Weg. Aber es hat auch sehr viel Energie gekostet, dorthin zu kommen. Das hat man der Mannschaft im letzten Spiel gegen Augsburg angemerkt. Schalke 04 ist ein besonderer Verein, mit dem Umfeld, mit den Fans – das ist absolut positiv, aber es kostet auch viele Körner.

Können Sie das näher beschreiben?

Auf Schalke bekommst du aus verschiedenen Richtungen viel Druck ab. Das macht es für den Trainer aber manchmal auch einfacher, weil niemand Bock hat, negativ dazustehen. Es kann noch ein paar Prozent mehr aus den Spielern herauskitzeln.

Was waren bislang die emotionalsten Momente in Ihrer Schalker Zeit – das Revierderby gegen den BVB und natürlich die Rückkehr nach Bochum?

Der erste Sieg war ein Highlight. Auch die beiden siegreichen Spiele in Folge, die uns in der Tabelle wieder herangebracht haben. Das Derby gegen den BVB hat immer eine besondere Brisanz. Aber ich genieße jedes Spiel, weil es einfach jedes Mal eine geile Atmosphäre ist. Zu Hause entwickelt sich in der Arena eine unglaubliche Power und auch auswärts hast du gefühlt oft ein Heimspiel. Bochum war für mich natürlich mit der Rückkehr schon etwas Besonderes. Für mich war es wichtig, dass ich entspannt bleibe – und wir die drei Punkte mitnehmen.

Nach der Partie gegen Leverkusen muss Schalke nach Hoffenheim, dann kommt Hertha. Sind diese Duelle die Schlüsselspiele auf dem Weg zum Klassenerhalt? Zum Ende hin hält der Spielplan mit Bayern, Frankfurt und Leipzig noch drei absolute Hochkaräter bereit.

Es sind Spiele, die du natürlich jeweils mit drei Punkten beenden möchtest. Wer sagt denn, dass nicht auch in den letzten Partien etwas zu holen ist? Da sind auch neun Punkte zu vergeben. Vielleicht geht's dann bei Frankfurt um nichts mehr, vielleicht haben die Bayern richtig Druck im Kampf um die Schale. Und gegen Leipzig hat Bochum gerade bewiesen, dass man sie schlagen kann. Schwer wird's, keine Frage – aber schwer ist alles.

Wird es am Ende in der Tabelle auch um die Tordifferenz gehen? Da steht Schalke nicht sonderlich gut da.

Ich denke schon, dass es am Ende eine Rolle spielen kann. Und weil die Tordifferenz bei uns tatsächlich nicht so gut ist, müssen wir am 34. Spieltag eben ein Pünktchen mehr haben als die Konkurrenz.

Verwendete Quellen
  • Gespräch mit Thomas Reis
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