Lehrerausfall mit gravierenden Folgen Warum in Frankfurt einige Schüler keine Noten bekommen
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Weil Lehrkräfte fehlen, können an der Linnéschule in Frankfurt manche Fächer nicht benotet werden. Ein strukturelles Problem.
Aktuell müssen sich Eltern in Hessen entscheiden: Welche weiterführende Schule ist für mein Kind die richtige? Das will gut überlegt sein. Für die Eltern der Klasse 4b der Linnéschule in Frankfurt-Bornheim stellt sich aber noch eine ganz andere Frage: Kann mein Kind auf der weiterführenden Schule überhaupt mithalten, wenn ihm drei Noten im Zeugnis fehlen?
Da eine Lehrkraft krankheitsbedingt langfristig ausfiel, konnten die Schüler in den Fächern Deutsch, Sachunterricht und Kunst in den Halbjahreszeugnissen nicht benotet werden. Laut Elternbeirat sei der Unterricht in den betroffenen Fächern nur lückenhaft und durch permanent wechselnde Vertretungskräfte vorgenommen worden – das sorgt für Frust bei den Schülern. "Mein Kind fragte mich beim Erledigen der Hausaufgaben: Warum soll ich das machen? Es interessiert doch eh niemanden", sagt eine Elternbeirätin der Klasse zu t-online.
Seit über einem Jahr beschweren sich die Eltern über eine fehlende Vertretungsregelung. Manche hatten sich sogar juristisch beraten lassen, wie die Elternbeirätin berichtet. Anfang Februar erreicht sie eine Antwort der Rektorin. In dem Schreiben, das der Redaktion vorliegt, heißt es zu der fehlenden Benotung: "Dies hat keinerlei negative Auswirkungen für Ihre Kinder, auch nicht mit Blick auf den anstehenden Schulwechsel und ist gesetzlich durchaus so vorgesehen. Wir bewegen uns hier also in einem ganz gesicherten und schulisch nicht unüblichen Rahmen."
12.000 Lehrerstellen bundesweit unbesetzt
Die Schulleitung habe sich selbst davon überzeugt, dass "fachlich inhaltlich in allen drei Fächern gearbeitet wurde". Sie habe "keinerlei Zweifel daran, dass die Kinder einen Lernzuwachs in den drei Fächern Deutsch, Sachunterricht und Kunst haben, auch wenn letzten Endes keine Note erteilt wird", heiß es weiter in dem Schreiben. Auf Anfrage von t-online hat sich die Linnéschule nicht zu dem Fall geäußert.
Der Lehrermangel ist bundesweit ein massives Problem. Einer Umfrage des Redaktionsnetzwerks Deutschland zufolge sind nach Angaben der Kultusministerien der Länder derzeit mehr als 12.000 Lehrerstellen unbesetzt. Der Deutsche Lehrerverband geht sogar von einem viel höheren Defizit aus. Prognosen des Bildungsforschers Klaus Klemm zufolge spitzt sich die Situation weiter zu: Bis zum Jahr 2035 könnten 158.000 Lehrerinnen und Lehrer an den Schulen in Deutschland fehlen. Dramatische Zahlen, die die Verantwortlichen aufhorchen lassen.
Weniger Teilzeit, mehr Gesundheitsförderung
Die Ständige Wissenschaftliche Kommission (SWK) der Kultusministerkonferenz hat Ende Januar eine Stellungnahme zum Umgang mit dem Lehrermangel veröffentlicht. Als Ad-hoc-Maßnahmen nennt sie sechs Punkte: Beispielsweise wolle man mit weniger Teilzeit, besserer Gesundheitsförderung und der Möglichkeit zum Quereinstieg gegen den Mangel vorgehen.
Im aktuellen Fall an der Frankfurter Linnéschule konnte nach dem Druck der Eltern eine Lösung gefunden werden: In dem Schreiben der Schulleitung heißt es, dass eine neue Lehrkraft gefunden worden sei. Als Kompensationsmaßnahme erhalte die 4b drei weitere Stunden bei verschiedenen Lehrerinnen, um die Inhalte aufzuarbeiten. Der Elternbeirat ist mit der Lösung zufrieden: "Den Kindern geht es nun wieder viel besser." Wie sich die fehlende Benotung auf die weitere schulische Laufbahn der Kinder auswirkt, bleibt abzuwarten.
