"FΓΌr den Job muss man eine kleine Macke haben"
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Mit 466 Tonnen Gewicht durch die Nacht: In Frankfurt ist ein Hunderte Tonnen schwerer Transformator durch die Stadt transportiert worden. t-online hat den Einsatz begleitet.
Ein grΓΌner Koloss steht wie ein Berg aus Stahl in der Dunkelheit und fΓΌllt die komplette Breite der KesselbrΓΌcke. "Auf gehtβs", sagt Frieder Saam (57) und steigt in einen 680-PS-Laster, der vor dem grΓΌnen Berg steht, sein Kollege Ronald Winnegar (58) in den dahinter. "FΓΌr den Job muss man schon eine kleine Macke haben", sagt Saam und lacht. Er und sein Kollege sollen den Berg aus Stahl, der ein Transformator ist, von der KesselbrΓΌcke quer durch Frankfurt nach Bergen-Enkheim zum Umspannwerk bringen.
Es ist ein gigantischer Schwertransport, der in der Nacht auf Mittwoch durch Frankfurt rollt. Die Laster der beiden Fahrer ziehen den Transformator gleichzeitig von vorn und schieben ihn von hinten: 466 Tonnen wiegt der Koloss β mehr als zwei gemauerte EinfamilienhΓ€user. Mit knapp 73 Metern ist er so lang wie drei Eisenbahnwaggons. Es ist eine kostbare Fracht: Inklusive Fundament und Transport kostet der Transformator vier bis fΓΌnf Millionen Euro.
Eigentlich sollte er schon vor einer Woche zum Umspannwerk gefahren werden. Wegen einer Baustelle bei der Bahn konnte er jedoch nicht rechtzeitig transportiert werden. Nun, gegen 23 Uhr ist es endlich so weit.
WΓ€hrend die Fahrer schon startklar sind, geht es an der Verladestation noch hektisch zu. In der Orber StraΓe parken trotz Halteverbot noch 20 Autos, sie mΓΌssen erst noch abgeschleppt werden, denn sonst kommt der Schwertransport nicht durch.
Die Polizei hat die StraΓe abgesperrt. Das GefΓ€hrt brummt und kriecht nun auf die Hanauer LandstraΓe, auf der noch StraΓenbahnen fahren. Die stΓ€dtische Busverkehrsgesellschaft stoppt den Bahnverkehr. Mit zwei Hubwagen werden die Fahrleitungen einen halben Meter angehoben, bevor der Gigant schnaufend rΓΌckwΓ€rts ΓΌber die Gleise in die DieselstraΓe rollt.
BΓΌrgersteigkanten wurden vorher mit Keilen gesichert, alles geht glatt. Γber das Casella-GelΓ€nde tuckert das riesige GefΓ€hrt wieder ΓΌber die Hanauer LandstraΓe. Abermals werden die Fahrleitungen angehoben. Der Koloss fΓ€hrt untendurch. An der Bahnschranke ist Stopp. Die Fahrer mΓΌssen bis 1 Uhr warten, erst dann dΓΌrfen die Gleise ΓΌberquert werden. Mit langen Stangen erden Ingenieure die Oberleitungen. Der Transporter fΓ€hrt durch enge StraΓen Richtung Borsigallee.
Die Polizei ΓΌberwacht den Transport
Mehrmals rangieren die Fahrer den Transporter wie ein riesiges Schaukelpferd millimeterweise vorwΓ€rts und rΓΌckwΓ€rts. Fast parallel verschieben sich die Teile, die auf 32 Achsen unterwegs sind. Neugierige beobachten das seltene Geschehen am StraΓenrand und filmen es. An einer Stelle wird der Transformator wie von Geisterhand auf eine HΓΆhe von 5,10 Meter hochgefahren, um schadlos ΓΌber ein GelΓ€nder zu schweben.
Auf gerader Strecke geht es dann schneller. Ohne Unterbrechung surrt das enorme GefΓ€hrt den steilen Weg ΓΌber die Vilbeler LandstraΓe hinauf zum Galgen in Bergen. Ganz scharf nach links fΓΌhrt die Einfahrt in stockfinsterer Nacht. Der Transporter hΓ€lt an. Einen Moment lang wirkt es, als sei eine Leitplanke im Weg. Sie ist es nicht. Der Einfahrtwinkel passt auf den Millimeter genau.
Um 2.57 Uhr verschwindet der Riese im Dunkel des Umspannwerks. "Wir sind keine Lkw-Fahrer. Wir sind ein Montage-Team", sagt Winnegar, als er aus dem Laster steigt. Saam erklΓ€rt: "Wir machen das jede Woche." Seit 35 Jahren fΓ€hrt er Schwertransporter.
Im Jahr 2027 sollen die NetzkapazitΓ€ten in Frankfurt um mehr als 50 Prozent auf 500 Megavoltampere erhΓΆht sein. Deswegen mΓΌssen noch weitere Transformatoren durch die Stadt transportiert werden. Am 28. MΓ€rz und am 4. April rollen weitere Kolosse durch Frankfurt, dann nach Maintal-DΓΆrnigheim.
- Reporterin vor Ort