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"Gemeinsam gegen Ganser"-Demo in Hannover: Belit Onay präsentiert Hannover weltoffen


"Werden Daniele Ganser seinen Opfermythos nicht gönnen"

  • Patrick Schiller ist t-online Regio Redakteur in Hannover.
Von Patrick Schiller

09.03.2023Lesedauer: 3 Min.
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Belit Onay auf einer Bühne vor dem Hannover Congress Centrum: Vor dem Auftritt von Daniele Ganser sprach Hannovers OB über den Umgang mit Verschwörungsmythen.Vergrößern des Bildes
Belit Onay auf einer Bühne vor dem Hannover Congress Centrum: Vor dem Auftritt von Daniele Ganser sprach Hannovers OB über den Umgang mit Verschwörungsmythen. (Quelle: Patrick Schiller)

In Hannover sind am Donnerstag Hunderte Menschen zu einem Protest gegen den Auftritt des umstrittenen Historikers Daniele Ganser zusammengekommen.

"Gemeinsam gegen Ganser": Unter diesem Motto sind am Donnerstagabend mehrere Hundert Menschen auf dem Theodor-Heuss-Platz vor dem Kuppelsaal des Hannover Congress Centrum (HCC) zusammengekommen, um gegen den gleichzeitig stattfindenden Auftritt des umstrittenen Historikers zu demonstrieren. Aufgerufen hatte ein breites Bündnis aus Politik, Gewerkschaften, Vereinen, Verbänden und jüdischen Gemeinden. Auch Oberbürgermeister Belit Onay (Grüne) stand am Mikron. "Das Schaulaufen von Verschwörungstheoretikern und Holocaustrelativieren wie Daniele Ganser passt nicht zu Hannover."

Während Onay bei anhaltendem Schneeregen auf der Bühne über die Weltoffenheit der Stadt Hannover sprach, versuchten einige Ganser-Anhänger die Rede durch "Meinungsfreiheit"-Zwischenrufe zu stören. Tatsächlich wäre es Onay lieber gewesen, den Auftritt zu verbieten, sagte er. Doch es gehöre zu Gansers Geschäftsmodell, Städte mit Klagen zu drohen, wenn Auftritte verboten werden. "Wir werden ihm sein Opfermythos nicht gönnen."

Onay: "Skandalisierung reicht nicht aus"

Zwar wäre Gansers zugelassener Auftritt in Hannover schwer auszuhalten, so Onay weiter, doch wolle er das nicht unwidersprochen stehen lassen. "Ganser bedient sich dem Aufgreifen von Ängsten und macht Profit mit schlichten Antworten, Feindbildern und Stereotypen", sagte Onay. Bloße Distanz und Skandalisierung solcher Verschwörungserzähler würden nicht ausreichen, sagt der OB. Stattdessen täte Hannover laut Onay gut daran, sich weiterhin weltoffen zu zeigen, wie etwa durch die Aufnahme von Kriegsflüchtlingen aus der Ukraine, die vor "Putins verbrecherischen Krieg, den er begonnen hat, fliehen mussten".

Bereits vor der Veranstaltung mussten Einsatzkräfte der Polizei Personen einer benachbarten Versammlung von Teilnehmern der Kundgebung fernhalten. Immer wieder dröhnten "Kriegstreiber"-Rufe von der Gegenveranstaltung aus dem Querdenker-Spektrum. Auch der Dieselmotor, mit dem der Strom auf der Bühne der "Gemeinsam gegen Ganser"-Veranstaltung versuchte zu stören: Immer wieder erhitzte das Gerät, fiel teilweise aus. Das HCC selbst bezog sichtbar Stellung: Die Ganser-Fans mussten die Veranstaltung durch mehrere Ukraine-Flaggen betreten.

Stadt konnte Verbot nicht durchsetzen

Neben Onay traten auch Vertreter der jüdischen Gemeinde, des "Freundeskreises Hannover" von "Omas gegen Rechts Hannover", und der "HVD Niedersachsen" auf der Bühne auf. Insgesamt hatten sich mehr als 30 Unterstützergruppen dem Bündnis angeschlossen.

Mitglieder der Piratenpartei Hannover hatten vergangene Woche das Vorgehen der Stadt kritisiert. Der Vorsitzende des Stadtverbandes, Thomas Ganskow, sagte t-online: "Da es sich beim HCC lediglich um eine ausgelagerte Tochter der Stadt handelt, hätte die Stadt hier sehr wohl Handhabe". Die Partei hatte eine Prüfung angekündigt, wie es zu dem Vertrag mit dem HCC kommen konnte. "Wir werden nicht lockerlassen", sagte Ganskow, der im Falle eines Stattfindens des Vortrags auch Konsequenzen im HCC gefordert hatte.

Lange hatten Stadt und Politik um eine Absage der Veranstaltung gerungen, nachdem die Städte Nürnberg und Dortmund Auftritte in ihren städtischen Hallen nachträglich verboten hatten. Laut eines Stadtsprechers gab es hierzu allerdings keine rechtliche Grundlage. In Dortmund hat mittlerweile sogar ein Gericht interveniert: Das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen hat entschieden, dass der Ganser-Vortrag stattfinden darf. Lesen Sie hier mehr dazu.

Immer wieder in rechten Medien präsent

Der Historiker Daniele Ganser war in der Vergangenheit immer wieder mit fraglichen Thesen aufgefallen. So verglich er die "Angst vor der Pandemie" mit der "Angst vor der Diktatur". Im Rahmen einer Dokumentation zur Corona-Politik sagte Ganser, es herrsche "weltweit Wahnsinn" – eine Einschätzung, die er mit einem Holocaust-Vergleich untermauert. Dessen Wahnsinn, so Ganser, sei lokal gewesen. "Die Logik seiner Aussagen lautet, wenn man es zu Ende denkt: Die Ungeimpften sind die neuen Juden. Auch das ist eine Form des Antisemitismus", sagt die Sozialpsychologin Pia Lamberty. Erst vor wenigen Wochen hatte Ganser nach t-online-Berichterstattung seinen Vergleich zu den Geschwistern Scholl erneuert.

Ob "Nachdenkseiten", "Rubikon" oder "KenFM": Ganser ist in den gängigsten Alternativmedien prominent vertreten. Auch "Compact" hat Ganser in der Vergangenheit Interviews gegeben. Inzwischen wird das Magazin vom Verfassungsschutz als gesichert rechtsextremistisch eingestuft. Für Patrick Guyton von der "taz" ist Ganser ein "Verschwörungsguru".

Verwendete Quellen
  • Reporter vor Ort
  • presseportal.de: Mitteilung der Piratenpartei Deutschland vom 10. Februar 2022
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