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Niedersachsen: Droht der Kita-Kollaps? Eltern in Gehrden besorgt


Kita-Notstand in Niedersachsen
"Dann muss ich meinen Job an den Nagel hängen"


Aktualisiert am 29.02.2024Lesedauer: 3 Min.
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Katharina B. mit ihrer Tochter vor dem Gehrdener Rathaus: Wie mehrere Hundert Eltern wäre sie massiv von verkürzten Kita-Zeiten betroffen.Vergrößern des Bildes
Claudia Rathge mit ihrer Tochter vor dem Gehrdener Rathaus: Wie mehrere Hundert Eltern wäre sie massiv von verkürzten Kita-Zeiten betroffen. (Quelle: Patrick Schiller)

In der Region Hannover verschärft sich die schlechte Situation in der Kinderbetreuung. Mit Folgen vor allem für die Eltern und ihre Kinder. Ein Fall aus Gehrden.

Die Stadt Gehrden bei Hannover plant, die Öffnungszeiten städtischer Kindertagesstätten zu beschränken. Betreuung gibt es dann ab dem 1. August nur noch von 7.30 bis 14 Uhr. Claudia Rathge arbeitet als Medizintechnik-Ingenieurin in einer Aufsichtsbehörde und ist alleinerziehende Mutter von drei Kindern. Für sie wäre das ein herber Schlag: "Manchmal bin ich eineinhalb Stunden zu den Praxen unterwegs, die ich im Außendienst betreue", erzählt sie. Viele lägen weit außerhalb der Region Hannover. Wenn der Gehrdener Rat diesen Beschluss fasst, drohten ihrer Familie gravierende wirtschaftliche Einschnitte.

"Wenn die Satzungsänderung kommt, muss ich meinen Job an den Nagel hängen", sagt Rathge. Sie ist mit ihrer Verzweiflung nicht alleine: Vor der Ausschusssitzung am Dienstagabend hatten mehr als einhundert Eltern mit ihren Kindern vor dem Gehrdener Rathaus demonstriert.

Die Problematik ist nicht neu; mit Barsinghausen und Laatzen haben andere Kommunen in der Region bereits ähnliche Beschlüsse gefasst. Andere stehen laut t-online-Informationen offenbar kurz davor. Hintergrund der Kita-Krise ist das Niedersächsische Gesetz über Kindertagesstätten und Kindertagespflege (NKiTaG). Das schreibt eine Mindestanzahl an qualifizierten Erziehern vor – auch in den Randzeiten. Die Folge: In Gehrden kann das nicht sichergestellt werden, es gibt zu wenig Fachkräfte.

Kita-Krise: Personalmangel trotz Bewerbern

"Was willst du als Kommune auch tun, wenn du einfach keine Erzieher hast?", fragt etwa Elternvertreter Göray Aktas. Sein eigener Sohn habe wegen spontaner Ausfälle und dünner Personaldecke seit dem Sommer seine Kita kaum mehr von innen gesehen. "Verglichen mit anderen Städten ergeht es den Gehrdener Eltern jedoch noch vergleichsweise gut", so Aktas weiter. Andernorts sei die Entscheidung zu kürzeren Öffnungszeiten von jetzt auf gleich gekommen.

Bürgermeister Malte Losert (parteilos) erklärt das Problem bei der Stellenbesetzung: "Wir haben aktuell acht Erzieherstellen ausgeschrieben." Bewerben würden sich allerdings vor allem Sozialassistenten, pädagogische Fachkräfte oder Quereinsteiger. "Wenn wir die nehmen dürften, wäre das Problem der Betreuung größtenteils gelöst", so Losert weiter. Aber selbst erfahrene Fachkräfte aus diesen Bereichen lehne das Kultusministerium auf Grundlage des KiTa-Gesetzes ab. Auch die Zusammenlegung von Kita-Gruppen habe das Kultusministerium strikt abgelehnt.

Familien in Not durch Kita-Gesetz?

Wenn die neue Satzung umgesetzt wird, ist auch Kathrin K. schwer betroffen. Die Ärztin in einem hannoverschen Klinikum lebt mit Mann und Kindern in Gehrden. Aber: "Nicht nur ich falle dann beruflich aus", sagt K. Viele Menschen in sozialen Berufen, etwa in der Pflege, wären dann beruflich am Ende, ergänzt sie. "Das führt zu einer Verkettung in alle möglichen Branchen, deren Konsequenzen am Ende nicht absehbar sind." Dabei habe man das Problem seit Jahren kommen sehen.

Auch Christine M. protestiert, samt Ehepartner und Kindern. "Wir müssen bereits jetzt immer wieder unsere Arbeitszeiten kürzen, das Haus will auch abbezahlt werden – und dann müssen wir unsere Kinder während unserer Arbeitszeit vor dem Fernseher parken. Das kann doch nicht gutgehen", sagt sie. Das neue Kita-Gesetz sei zwar gut gemeint, aber es nütze nichts, wenn dadurch niemand mehr auf die Kinder aufpassen könne.

Kultusministerin soll konfrontiert werden

Gehrdens Bürgermeister Losert sieht die Verantwortung beim Kultusministerium. "Die Landesregierung wirft uns mit dem Gesetz Knüppel zwischen die Beine." Er spricht von einer "politisch katastrophalen Lage". Deshalb wolle er sich mit anderen Bürgermeistern der Region Hannover zusammenschließen und austauschen. Womöglich käme auch eine Kundgebung vor dem Landtag in Betracht.

 
 
 
 
 
 
 

Für Anfang April hat Kultusministerin Julia Willie Hamburg (Grüne) ihr Kommen nach Gehrden angekündigt. Bürgermeister Losert wolle ihr dann eindringlich die Probleme in Gehrden bewusst machen. Allerdings wird zu dem Zeitpunkt die neue Satzung mit den verkürzten Kita-Zeiten schon beschlossen sein. Im März soll sie verabschiedet werden. Wenigstens soll in den Text eine Klausel, wonach bei besserer Personallage die Kita-Zeiten auch wieder verlängert werden können.

Zukunft der Randzeitenbetreuung ungewiss

Aber danach sieht es in Zukunft erst einmal nicht aus. Angesichts des Fachkräftemangels sei eine Rückkehr zur Randzeitenbetreuung in den nächsten Jahren nicht realistisch, sagt Bürgermeister Losert. "Wir werben aktuell noch damit, eine familienfreundliche Kommune zu sein", sagt er, "aber eigentlich müssen wir den Spruch von unserer Website löschen."

Bundesweit herrscht ein Mangel an Kitaplätzen und eine ungleiche Verteilung des Personals. Insbesondere in den westdeutschen Bundesländern fehlen nach aktuellen Berechnungen der Bertelsmann Stiftung rund 385.900 Kita-Plätze. Der Bedarf steigt dagegen stetig an.

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Verwendete Quellen
  • Reporter vor Ort
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