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Kölner Kölner Gastronomen fühlen sich vom Ordnungsamt drangsaliert


Streit mit dem Ordnungsamt
Kölner Gastronomen: "Es gibt Wichtigeres als mit uns über Blumenkübel zu diskutieren"


11.06.2022Lesedauer: 4 Min.
Nachrichten
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Die Außenterrasse der Bar "The Bär" in Ehrenfeld: Das Ordnungsamt will, dass die Betreiberin die Möbel abbaut.Vergrößern des Bildes
Die Außenterrasse der Bar "The Bär" in Ehrenfeld: Das Ordnungsamt will, dass die Betreiberin die Möbel abbaut. (Quelle: The Bär)

"Die Möbel sind zu bunt oder ein Hindernis für den Verkehr." So etwas hören Kölner Gastronomen vom Ordnungsamt immer öfter. Manche von ihnen sprechen mittlerweile von unklaren Regeln und Willkür.

"Die Außenterrasse ist nicht genehmigt. Die muss weg!", heißt es häufig, wenn das Kölner Ordnungsamt Gastronomen kontrolliert. Seit die Corona-Maßnahmen in Köln weitgehend gelockert wurden, sehen sich Kneipenwirte mit Außengastronomie immer häufiger im Kreuzfeuer des Ordnungsamts.

Die Kontrolleure würden häufig Aufbauten im Außenbereich kontrollieren und sie beanstanden, heißt es. So ist es auch Judith Grazio von der Bar "The Bär" in Köln-Ehrenfeld passiert. Seit 2019 habe sie im Außenbereich eine selbst gebaute, umzäunte Terrasse aus Euro-Paletten stehen. Nie sei daran etwas beanstandet worden. "Bei uns in Ehrenfeld waren die Kontrolleure vom Ordnungsamt sonst immer nett."

Grazio fragt sich daher, warum sie und ihre Kollegen auf einmal so im Fokus des Ordnungsamts stehen. "Früher ist das Ordnungsamt nie hier gewesen", sagt sie. Sie sieht darin eine gewisse Willkür, denn andere Kollegen dürften im Gegensatz zu ihr ihre selbst gebauten Terrassen stehen lassen.

Köln: "Oma Kleinmanns" musste teure Pavillons abbauen

"Warum wird hier mit zweierlei Maß gemessen?", fragt sie und nennt ein Beispiel von der Roonstraße, wo der Kollege mit den bunten Paletten seine Sachen entfernen musste, der Nachbar mit den grauen Paletten durfte sie aber stehen lassen.

Auch Markus Vogt, der die Interessen der Wirte im "Kwartier Latäng" vertritt, hat von seinen Kollegen Geschichten gehört, die für ihn nicht nachvollziehbar sind. Das bekannte Lokal "Oma Kleinmann" hatte beispielsweise Probleme, eine Markise zu bekommen.

"Da haben sie sich Pavillons ohne Seitenwände besorgt", erzählt Vogt. "Die waren sicher, super hochwertig und schön. Das war die schönste Außengastronomie im Viertel." Trotzdem musste die Kneipe die Pavillons wieder abbauen. Damit hätten die Betreiber 6.000 Euro verloren.

Köln: Außenmöbel und Kissen dürfen nicht zu bunt sein

Der Grund: Sie sind genehmigungspflichtig. Für Vogt ist das unbegreiflich. Seiner Meinung nach gibt es Wichtigeres zu kontrollieren: "Es gibt einige Läden, die ohne Konzession laufen – aber mit uns über Blumenkübel diskutieren", sagt er ironisch.

Genau das ist ein weiterer schwelender Konflikt: die farbliche Gestaltung der Außenmöbel. Hier setzt die Stadt enge Vorgaben. Alles, was zu bunt ist, passt nicht zur Außengestaltung. Für Grazio unbegreiflich, zumal eine Überarbeitung der Richtlinien schon lange in Planung sei. "Die Stadt soll doch verstehen, dass die Bürger eine bunte Stadt wollen. Das passt gar nicht zum offenen Image der Stadt", findet die Wirtin.

Grazio wünscht sich viel mehr Aufmerksamkeit der Stadt für die Belange der Gastronomen, die schon durch Corona sehr schwer gelitten hätten. Jetzt immer häufiger mit Bußgeldern zu drohen, sei unangebracht und schüre ein Klima der Angst.

Kneipenpächter haben Angst vor Bußgeldern

Wegen Corona schwer angeschlagene Betriebe würden sich kaum trauen, ihre Außengastronomie zu betreiben, aus Angst, wegen Fehlern bei der Gestaltung belangt zu werden. Im schlimmsten Fall könne die Stadt schließlich eine Gaststätte so lange stilllegen, bis eine nicht genehmigte Terrasse abgebaut sei. Das wolle niemand riskieren. Auch Judith Grazio habe sich deshalb gefügt und ihre Terrasse teilweise abgebaut.

Ein Dialog mit der Stadt wäre ihr aber wesentlich lieber. Der sei allerdings kaum möglich. "Die Stadt verweigert jegliche Kommunikation." Bei Konflikten zwischen dem Ordnungsamt und der Gastronomie soll eigentlich die Clearingstelle helfen. Auch da sei wenig für die Kneipiers zu erreichen.

Der Interessensverband IG Gastro dürfe dort nicht für alle vorsprechen, sondern jeder Gastronom solle einzeln mit seinem Anliegen an die Clearingstelle herantreten. Auch dem Ordnungsamt selbst wirft Grazio vor, untereinander nicht gut zu kommunizieren. Denn oft komme es vor, dass ein Mitarbeiter eine Sache erlaube, während der nächste Kontrolleur das wieder ganz anders sehen würde. "Da weiß die linke Hand nicht, was die rechte tut", glaubt Grazio.

Die Stadt weist die Vorwürfe zurück

t-online hat die Stadt Köln mit den vielfältigen Vorwürfen der Wirtin konfrontiert. Stadtsprecherin Simone Winkelhog antwortet ausweichend. Die häufigeren Kontrollen begründet sie damit, dass die Beamten zuvor vornehmlich mit den Kontrollen der Corona-Maßnahmen beschäftigt gewesen seien.

Jetzt würden sie wieder ihren eigentlichen Tätigkeiten nachgehen. Allerdings: Laut Grazio fanden zuvor in "The Bär" kaum Kontrollen statt. Auch Corona-Maßnahmen seien in der Bar nie überprüft worden, berichtet Grazio.

Die Vermittlung zwischen Stadt und Gastronomen würde vor allem dabei helfen, Gastronomen zu den richtigen Behörden zu leiten, schreibt Winkelhog weiter. Die Clearingstelle befinde sich laut Winkelhog noch im Aufbau. "Natürlich bemühen sich die Mitarbeitenden auch in Einzelfällen um Vermittlung", äußert die Sprecherin beschwichtigend.

Gestaltungshandbuch empfiehlt Anthrazit im Außenbereich

Was die Sorge der Gastronomen vor Bußgeldern betrifft, kommt nur eine allgemeine Antwort von der Stadt: "Gastronomen müssen lediglich mit Ordnungsgeldern rechnen, sofern sie sich nicht an die geltenden Regelungen halten, zum Beispiel Jugendschutz, Lärm, Gestaltungshandbuch."

Letzteres würde im Gegensatz zu den Beschwerden von Judith Grazio nicht verlangen, die Möbel in Grau zu halten. Es werde jedoch überlegt, die Farbgebung zu vereinheitlichen, um insgesamt ein besseres Stadtbild zu bekommen. Grazio selbst hat daraufhin im Gestaltungshandbuch nachgesehen. Darin steht genau das Gegenteil: Man solle zurückhaltende, gedeckte Farben wählen. Anthrazit sei zu bevorzugen.

Auch die Sorge der Gastronomen vor Fehlern bei der Außengestaltung hat Grazio in einem erneuten Gespräch mit t-online angesprochen. Um nicht unbewusst Fehler zu machen, müsse man erst mal Klarheit über die Regeln haben. Die wünscht sie sich – und zwar am liebsten im gemeinsamen Austausch zwischen Gastronomen und der Stadt.

Verwendete Quellen
  • Gespräch mit Judith Grazio und Markus Vogt
  • Schriftliche Antwort der Stadt
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