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Köln-Merkenich: Protest gegen neue Anlage zur Klärschlammverbrennung


Protest gegen neue Anlage
"Wir sollen Mülleimer für das westliche Rheinland werden"

Von Christopher Dröge

08.04.2021Lesedauer: 3 Min.
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Kraftwerk Köln-Merkenich in der Abenddämmerung (Archivbild): Auf dem Gelände soll eine Klärschlammverbrennungsanlage entstehen.Vergrößern des Bildes
Kraftwerk Köln-Merkenich in der Abenddämmerung (Archivbild): Auf dem Gelände soll eine Klärschlammverbrennungsanlage entstehen. (Quelle: Sommer/imago-images-bilder)

Auf dem Gelände des Heizkraftwerks Köln-Merkenich ist eine neue Anlage für die Verbrennung von Klärschlamm geplant. Das sorgt bei den Anwohnern für großen Unmut.

Mit den Rückständen aus Klärwerken setzt sich niemand gerne auseinander, doch mit der Neufassung der Klärschlamm- und Düngeverordnung muss nun auch die Stadt Köln handeln. Während die gern genutzte Möglichkeit, Klärschlamm als Düngemittel in der Landwirtschaft einzusetzen, stark eingeschränkt wurde, ist gleichzeitig die Phosphor-Knappheit zum Problem geworden. Der Rohstoff muss zurückgewonnen werden.

In Köln-Merkenich ist daher nun der Bau einer Klärschlammverbrennungsanlage (KVA) geplant, die den Schlamm der Rheinmetropole, aber auch zusätzlich den der ganzen Region entsorgen soll. Auch eine Phosphor-Recycling-Anlage ist geplant. Doch die Pläne sorgen im Kölner Norden bei den Anwohnern für Unmut.

"Mülleimer für das ganze westliche Rheinland"

Um fristgerecht 2029 mit der Phosphorrückgewinnung beginnen zu können, soll die Anlage 2028 den Betrieb aufnehmen. Geruchsbelästigung sei in der Umgebung der Anlage nicht zu erwarten, versichert Birgit Konopatzki, Pressesprecherin der Stadtentwässerungsbetriebe Köln – die Luft aus dem Klärschlammbunker werde abgesaugt oder aber gefiltert.

Dennoch gibt es Ärger und Verunsicherung. "Wir verstehen, dass die Bedingungen in Merkenich günstig sind, aber aus Sicht der Menschen hier stellt es eine weitere Verschlechterung dar", so Mattis Dieterich, Vorsitzender des Ortsverbandes der SPD.

Der Norden sei bereits durch eine Reihe von Emissionsquellen belastet, sagt Helga Wagner, die Vorsitzende des Bürgervereins des benachbarten Stadtteils Lindweiler. "Wir müssen schon mit drei Müllverbrennungsanlagen leben – eine in Niehl, zwei in Leverkusen – außerdem mit Ford und der chemischen Industrie im Umkreis", sagt sie. "Jetzt sollen wir zum Mülleimer für das ganze westliche Rheinland werden!"

Der Frust der Bürger speise sich auch daraus, dass diese mit dem Ende der Braunkohleverbrennung im Heizkraftwerk eigentlich eine Verbesserung erwartet hatten, erklärt Bruno Klais, Vorsitzender des Bürgervereins Merkenich: "Stattdessen wird dieser Brennstoff durch einen ersetzt, der kein Auslaufdatum hat".

Es könne nicht sein, dass dem Norden Kölns immer neue Belastungen aufgezwungen würden, während dieser beim Ausbau von Infrastruktur oder Nahverkehr immer leer ausgehe – darüber sind sich die drei einig.

"Risiken für Umgebung"

Während die SPD fordert, dass die Anlieferung von Klärschlamm per Lkw zumindest nicht über den durch ein Wohngebiet führenden Ivenhofsweg erfolgt, haben sich Wagner und Klais mit Vertretern weiterer Bürgervereine abgestimmt, um ihren Protest zu formulieren.

"Das Standortauswahlverfahren ist für uns nicht nachvollziehbar, ebenso wenig das ganze Konzept", so Wagner. Auch die geplante Phosphorrückgewinnung, für die es noch kein erprobtes Verfahren gibt, birgt nach Klais Meinung Risiken für die Umgebung. "Das wird eine experimentelle Anlage, die leicht industrielle Ausmaße annehmen kann", befürchtet er.

Klais und Wagner haben inzwischen den Umweltausschuss angeschrieben und sich mit einem umfangreichen Fragenkatalog an die StEB gewandt. Die hat derweil zugestimmt, das Vorhaben in einer Infoveranstaltung am 20. April genauer zu erklären. "das ist allerdings nur fünf Tage vor der Sitzung des Umweltausschuss am 25. April, in der die Anlage auf der Tagesordnung steht", weiß Klais.

"Viel Zeit zu reagieren bleibt dann nicht mehr". Die Bürgervereine wollen daher noch mindestens bis zum 6. Mai auf ihr Anliegen aufmerksam machen. Dann findet die Sitzung des Stadtrates statt, in der der Bau beschlossen werden soll. "Wird dieser Beschluss tatsächlich gefasst, ist die Sache durch", ist Klais überzeugt.

Hunderttausende Tonnen Klärschlamm jährlich

Insgesamt bringen die Partner der Klärschlammkooperation Rheinland 360.000 Tonnen Klärschlamm im Jahr auf die Waage – gut die Hälfte, nämlich 120.000 bis 180.000 Tonnen, sollen in der künftigen KVA nach der Trocknung entsorgt werden, davon allein 75.000 aus den Kölner Klärwerken.

Vor dem Hintergrund der Klärschlamm-Herausforderung gründeten die Kölner Stadtentwässerungsbetriebe, die Stadt Bonn, die Wasserverbände Eifel-Ruhr, Erft und Niers sowie 17 weitere Gemeinden 2018 die Klärschlammkooperation Rheinland (KKR). Für Bau und Betrieb der KVA planen StEB und Stadtwerke Köln (SWK) die Gründung eines Gemeinschaftsunternehmens, der KLAR GmbH (Klärschlammverwertung am Rhein).

Aus Sicht der KKR sprechen diverse Vorteile für den Standort in Merkenich: So befindet sich dort bereits ein Heizkraftwerk, dessen Braunkohleverfeuerung ab 2025 auslaufen soll – die KVA könnte somit auf einer bestehenden Infrastruktur aufgebaut werden und das Fernwärmenetz des Kraftwerks versorgen.

Durch die Lage am Rheinufer könnten Klärschlämme aus Bonn per Schiff angeliefert werden, diejenigen aus dem Klärwerk Stammheim im rechtsrheinischen Köln per Druckleitung über einen vorhandenen Düker, wodurch sich die Anlieferung per Lkw auf ein erträgliches Maß reduzieren lasse.

Verwendete Quellen
  • Birgit Konopatzki, Stadtentwässerungsbetriebe Köln)
  • Interviews mit Mattis Dieterich, Helga Wagner, Bruno Klais
  • Bundesministerium für Umwelt, Verordnung zur Neuordnung zur Klärschlammverwertung
  • Bundesministerium für Umwelt, Info-Seite Klärschlamm
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