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Köln: Peter Brings im Interview: "Ich mache mir viele Gedanken über die Zukunft in diesem Land"


Peter Brings
"Ich mache mir viele Gedanken über die Zukunft in diesem Land"

  • Lena Kappei
InterviewVon Lena Kappei

Aktualisiert am 03.06.2021Lesedauer: 5 Min.
Interview
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Peter Brings im Kölner Blücherpark: Der Frontmann der Kölsch-Band "Brings" fordert auch von seinen Musikerkollegen, immer "den Mund aufzumachen".Vergrößern des Bildes
Peter Brings im Kölner Blücherpark: Der Frontmann der Kölsch-Band "Brings" fordert auch von seinen Musikerkollegen, immer "den Mund aufzumachen". (Quelle: Moritz Künster)

Eine der bekanntesten Kölner Bands "Brings" darf wieder vor Publikum spielen. Frontmann Peter Brings spricht im Interview mit t-online über die Kirche, bedenkliche Redebeiträge im Bundestag und Durchhalten in der Pandemie.

Nach langen Monaten und endlich sinkender Inzidenzzahl sind Konzerte im Freien mit Einschränkungen wieder erlaubt. Eines der ersten Konzerte in Köln geben "Brings" ("Superjeilezick") und weitere Bands am 3. Juni im Tanzbrunnen. Im t-online-Interview spricht Frontmann Peter Brings über das Gefühl, wieder vor Publikum auftreten zu dürfen, wie sehr ihn Politik und Kirche derzeit beschäftigen und worauf er sich nach dem Lockdown am meisten freut.

t-online: Herr Brings, am 3. Juni dürfen Sie nach langer Zeit im Kölner Tanzbrunnen wieder auf der Bühne stehen und vor Publikum spielen. Wie nervös sind Sie und die Bandkollegen?

Peter Brings: Wir sind gar nicht nervös, sondern freuen uns einfach nur. Es wird ein Einläuten von hoffentlich besseren Zeiten und Normalität. Wir gehen da raus, spielen vier Hits und eine neue Nummer mit dem Titel "Quarantäne". Wir werden richtig abfeiern! Als wir diesen Auftakt zur Konzertreihe im Sommer geplant haben, wussten wir noch nicht, ob das geht. Wir haben Glück gehabt, die Inzidenz spielt mit und wir haben ein super Hygienekonzept.

500 Menschen dürfen teilnehmen …

Was ja vergleichsweise wenig ist! Das ist immer noch eine total deprimierende Zahl. Als ich das letzte Mal im Tanzbrunnen gespielt habe, waren da 13.000 Leute. Und 500 vielleicht haben in unserer Garderobe herumgelungert (lacht). Wir sind eine Band, die normalerweise Fußballstadien füllt, und jetzt spielen wir vor 500 Leuten. Aber das Geile ist, dass sie wieder vor uns sitzen dürfen und nicht in Autos. Wir haben 14 Monate totalen Überlebenskampf hinter uns, spielten in über 60 Autokinos. Wir wollten einfach nicht aufgeben.

Vielen Künstlern hat die Pandemie sehr zugesetzt. Haben Sie eine Botschaft an sie?
Es lohnt sich immer zu kämpfen. Wir hatten in unserer Karriere immer mal wieder Punkte, an denen wir dachten, es geht nicht weiter. Aber wir sind zusammengeblieben. Wir hatten auch gar keine Alternativen, hätten in keine bürgerlichen Berufe zurückgehen können. Ich kann nur Mut machen: Es kommt alles wieder zurück.

Was hat die Pandemie mit Ihnen als Band gemacht?

Ich glaube, die Pandemie hat uns als Band mehr zusammengeschweißt. Anfangs dachten wir noch: Jetzt bleibt alles stehen. Doch dann kam uns die Idee mit den Autokinos. Wir haben in den letzten Monaten auch wieder mehr Songs geschrieben. Wir haben die Zeit gut genutzt, um Musik zu machen.

Das klingt nach einem neuen Album?

Ja, wir haben in der Pandemie ein Album aufgenommen, gemeinsam mit dem Beethoven Orchester Bonn. 14 Songs mit 52 Leuten, das soll unser Geburtstagsalbum sein. Es wird wahrscheinlich zu Weihnachten veröffentlicht. Und dann können wir hoffentlich auch wieder im Stadion spielen.

Sie feiern jetzt 30-jähriges Bühnenjubiläum. Schauen Sie gerne zurück oder lieber nach vorne?

Ich bin schon so ein Nostalgie-Heini, ich finde das schön. Wir wurden in den letzten Monaten zum Jubiläum von einem Kamerateam begleitet und haben uns dazu viele alte Videos angeschaut. Ich liebe so etwas! Wir haben gesehen, wie wir mit 26 durch die Gegend gesprungen sind, haben gelacht und geweint. Ich schaue gern zurück, ich habe ein gutes Leben gehabt bis jetzt.

Sie sind als Band sehr engagiert, haben zuletzt die Aktion "Liebe gewinnt" unterstützt. Wie sehr beschäftigen Sie gesellschaftliche Debatten?

Ich mache mir viele Gedanken und Sorgen um die Zukunft in diesem Land. Mit der Kirche beispielsweise habe ich schon immer Theater gehabt, bin schon vor vielen Jahren ausgetreten. Aber auch politisch läuft hier vieles falsch. Ich bin Vater von drei Kindern, habe zwei erwachsene Söhne und eine 13-jährige Tochter. Ich hinterlasse ja auch eine Welt. Wenn ich mir die Redebeiträge der AfD im Bundestag anhöre, wird mir schlecht. Das sind für mich lupenreine Nazis. Die haben überhaupt nichts mit Demokratie zu tun. Sie wissen aber genau, was sie da tun. Das macht mir Angst. Und dass ich die mit meinen Steuern bezahlen muss, tut mir am meisten weh!

Wie gehen Sie als Vater damit um, diskutieren Sie zu Hause?

Oh ja. Ich diskutiere gerne mit meinen Söhnen. Sie wissen, wie ich ticke. Ich gehe mit meiner Meinung immer raus, auch wenn ich mir mal eine blutige Nase hole. Mein Bruder Stephan und ich kommen aus einem sehr linken Haushalt. Politik hat in unserer Familie einen hohen Stellenwert. Und manchmal hilft nur diskutieren. Ich sage auch meinen Musikerkollegen immer: Wenn ihr auf die Bühne geht, macht den Mund auf. Auch im Karneval. Gerade dort ist es ja wie Politik von unten, da geht es sehr anarchisch zu. Ich bin immer dafür, Farbe zu bekennen und laut zu sein. Und wenn zum Beispiel Synagogen angegriffen werden, muss man die Leute in die Mitte der Gesellschaft holen. Nur so kann man sie schützen.

Wird sich Ihrer Meinung nach die katholische Kirche noch aus der Krise retten können?

Ganz ehrlich? Mir geht das am Hintern vorbei. Da wird sich gar nichts ändern. Das ist ja das Schlimme. Die Kirche ist so menschenverachtend. Das hat mit der Bibel, die ich gelesen habe, nichts zu tun. Wo bleibt denn da die Nächstenliebe? Die Kirche kann in der heutigen Zeit nicht mehr nur nach ihren eigenen Gesetzen leben.

Was denken Sie über den Erzbischof Rainer Maria Woelki?

In einem normalen Missbrauchsfall wäre der jetzt vorbestraft. Aber da passiert gar nichts. Die kommen alle in die Hölle, davon kann man ausgehen. Das ist doch weltweit die einzige Sekte, die über den Staat Geld einzieht und machen kann, was sie will. Die Kirche hat schon immer mit Angst funktioniert. Und das hat sich bis heute nicht geändert. Wenn ich die Misereor-Plakate sehe, denke ich nur: Verkauft mal euren goldenen Mist aus dem Vatikan, dann könnten wir die Armen die nächsten 20 Jahre ernähren! Da wird Wasser gepredigt und Wein getrunken. Als moderne Gesellschaft muss man sich da fragen: Warum machen wir das mit? Zum Glück gibt es in Köln viele Mitarbeiter der Kirche, die wirklich etwas verändern wollen.

Wie sind die Kölner durch die Pandemie gekommen?

Uns wurde erst nicht zugetraut, dass wir uns benehmen können. Das Klischee der Kölner ist ja schon hemmungslos. Aber den Kölnern ist die Freiheit sehr wichtig, die wollen das zurückhaben. Also haben sie sich vorbildlich zusammengerissen. Vielleicht hätte ich gerne mehr von unserer Oberbürgermeisterin gehört. Ich habe mich oft gefragt, wo Frau Reker eigentlich ist? Aber das ist nur mein Gefühl als Kölner Bürger. Man hätte mit den Menschen mehr kommunizieren müssen. Es gibt viele Leute, die alles verloren haben. Da geht es nicht nur um Einschränkungen in der Freizeit. Man wird erst jetzt sehen, wie viele Insolvenzen es eigentlich gibt. Der große Hammer wird noch kommen.

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Die Corona-Maßnahmen werden nun schrittweise gelockert. Was wird das Erste sein, was Sie mit mehr Freiheiten machen werden?

Ich werde als Allererstes in einen Laden gehen und sagen: "Zwei Kölsch und ne Pizza, bitte!" Da freue ich mich schon sehr drauf! Das fehlt mir so, was ich nie gedacht hätte. Essengehen war früher total normal für uns. Mein ganzes soziales Leben hat eigentlich immer in irgendwelchen Kneipen oder italienischen Restaurants stattgefunden. In gesunden Zeiten macht man sich darüber gar keinen Kopf, wie wertvoll das eigentlich ist.

Disclaimer: t-online ist Medienpartner der "Sommer im Garten"-Tour. Frontmann Peter Brings schreibt regelmäßig auf unserem Nachrichtenportal über Themen, die ihn bewegen.

Verwendete Quellen
  • Interview mit Peter Brings
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