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Kölner Pferdehalter kritisiert: "Mit dem Wolf lässt sich viel Geld verdienen"


Landwirt in Sorge
"Keiner sagt was gegen den Wolf – aus Angst vor Extremisten"


Aktualisiert am 10.07.2021Lesedauer: 5 Min.
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Ein Wolf vor einem Zaun, dahinter sind Pferde (Collage): Immer wieder kam es zu Wolfrissen in Nordrhein-Westfalen.Vergrößern des Bildes
Ein Wolf vor einem Zaun, dahinter sind Pferde (Collage): Immer wieder kam es zu Wolfrissen in Nordrhein-Westfalen. (Quelle: imago-images-bilder)

In Köln hat ein Wolf für Wirbel gesorgt, der mitten durch das Stadtgebiet gelaufen ist. Manche feiern nun die Rückkehr des Raubtiers

Mehr als 180 Jahre lang waren Wölfe in Deutschland ausgerottet. Nun aber sind sie zurück und wieder in aller Munde: Nachdem ein Wolf in Köln-Ehrenfeld gesichtet wurde und im Norden der Stadt vier Schafe riss, ist die Verunsicherung groß. Während der Wolf für Menschen jedoch keine große Gefahr darstellt, fürchten Landwirte um ihre Tiere. Denn anders als der Mensch fallen diese sehr wohl in das Beuteschema des Wolfes.

"Der Wolf bereitet mir ganz extreme Sorgen", sagt Landwirt Markus Wipperfürth. Wipperfürth betreibt den Hahnenhof in Pulheim, nördlich von Köln, seit Generationen ein Familienbetrieb. Sein ganzer Stolz sind die drei Reitanlagen des Hofes und die etwa 300 Pferde, denen Wipperfürth eine Heimat bietet. 2008 wurde der Hahnenhof im Rahmen des Bundeswettbewerbs für "Landwirtschaftliches Bauen 2007/2008, Gruppenhaltung von Pferden im landwirtschaftlichen Betrieb" ausgezeichnet. "Die Urkunde kann ich jetzt eigentlich verbrennen", sagt Markus Wipperfürth, dem der Ärger anzuhören ist.

10.000 Volt: Elektrozäune gegen Wölfe

Das Problem nämlich sei, dass der Landwirt seine Pferde nicht mehr ruhigen Gewissens auf die Weiden lassen könne – aus Angst vor dem Wolf. "Es gibt bis jetzt keinen Zaun, der Wölfe verlässlich abhalten kann", erklärt der Pferdehalter, "es kommt immer darauf an: Was für einen Kohldampf hat der Wolf, was ist er bereit zu tun, um seinen Hunger zu stillen?" Wenn der Hunger des Wolfes groß genug ist, überklettert er Zäune oder gräbt sich unter ihnen durch – das einzige, was helfe, so Wipperfürth, sei Strom.

Stromzäune allerdings müssen stets frei von pflanzlichem Bewuchs gehalten werden – im Falle von Wipperfürth bedeutet das, dass er acht Kilometer Zaun freihalten müsste. Was bei einem ohnehin schon zwölfstündigen Arbeitstag einen enormen Mehraufwand bedeuten würde. "Zwei unserer Reitanlagen liegen am Rand von Köln, die Weiden befinden sich direkt am Waldrand vom Chorbusch", so der Landwirt. An diesem stelle ein Elektrozaun eine Gefahr für Spaziergänger dar – besonders für jene, die gemeinsam mit Hunden oder Kindern unterwegs sind. Immerhin fließen durch einen Elektrozaun 10.000 Volt.

"Mit dem Wolf lässt sich viel Geld verdienen"

"Außerdem haben wir auch noch Feldhühner und Hasen, die auf unseren Weiden ihre Jungen kriegen", so Wipperfürth weiter. Der Elektrozaun unterscheide aber schließlich nicht, ob er von einem Kind, einem Hund, einem Hasen oder einem Wolf berührt wird. Die Spannung auf dem Zaun ist immer dieselbe und kann für Kleintiere den Tod bedeuten. "Da Zäune problematisch sind, kann ich meine Pferde eigentlich nur noch im Stall lassen."

Alles, was er und andere Landwirte in Sachen Umweltschutz und Tierhaltung erreicht hätten, würde nun kaputt gemacht: "Und das alles nur für die goldene Kuh, den Wolf." Denn, so erklärt Wipperfürth, es lasse sich mit dem Wolf eine Menge Geld verdienen – etwa durch Wolfspatenschaften, wie sie der Naturschutzbund Deutschland (NABU) anbietet. Für eine monatliche Gebühr von 8, 15 oder 30 Euro kann man hier eine Patenschaft eingehen, um den Bestand der Wölfe in Deutschland zu schützen.

"Aber was hat ein Wolf von so einer Patenschaft?", fragt Wipperfürth: "Nichts. Lieber sollten die Einnahmen an die geschädigten Weidetierhalter gehen.

Nicht immer werden Schutzvorrichtungen staatlich gefördert

Tatsächlich erhalten Nutz- und Weidetierhalter eine finanzielle Förderung vom Staat, um Zäune hochzuziehen und Hütehunde zu halten – allerdings nur in Wolfsgebieten, in Wolfsverdachtsgebieten und in Pufferzonen, dem Umkreis von solchen ausgewiesenen Bereichen. Von Wolfsgebieten spricht man dann, wenn im betreffenden Areal durch das Landesumweltamt nachgewiesen wurde, dass ein Wolf in ihm sesshaft geworden ist. Köln und Pulheim aber liegen noch nicht in einem solchen Wolfsareal. "Außerdem bekommen Pferdehalter keine Weideschutzzäune gestellt, nur Schaf- und Ziegenhalter", erklärt Markus Wipperfürth.

Wie das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz NRW (LANUV) erklärt, liege dies daran, dass Pferde und andere große Nutztiere, wie Rinder, nur selten zum Opfer von Wolfsattacken werden. So heißt es auch im Bericht zu Prävention und Nutztierschäden 2019 der Dokumentations- und Beratungsstelle des Bundes zum Thema Wolf (DBBW): "Rinder und Pferde sind im Vergleich zu Schafen und Ziegen von Natur aus recht wehrhaft und haben oft noch ein ausgeprägtes Herdenverhalten. Zudem sind sie durch ihre reine Körpergröße nicht so einfach zu erbeuten wie kleinere Nutztiere."

Im Kreis Köln ist es seit 2009 schließlich nur zu einem Fall gekommen, in dem ein Wolf nachweislich Nutztiere riss – im vergangenen Mai, als das Raubtier auch durch Ehrenfeld streifte. Auch in diesem Fall handelte es sich bei den gerissenen Tieren um Schafe, Pferde wurden im Kreis Köln noch nicht zum Opfer des Wolfes. Dennoch können auch Pferdehalter eine Förderung für den Schutz ihrer Tiere erhalten. Das ist allerdings nur in Ausnahmefällen möglich und sei bisher noch nicht ein Mal geschehen, wie eine Sprecherin des LANUV mitteilt.

"Der Wolf steht über allem"

Es sind Dinge wie diese, die Landwirt Markus Wipperfürth verärgern. Was ihn weiterhin störe, sei die öffentliche Darstellung des Wolfes, welche die Problematik häufig harmonisiere. Dass der Wolf aber nicht unbedingt harmoniebedürftig ist, hat Wipperfürth bei seinen Kollegen erfahren müssen.

Denn auch wenn das Risiko für den Menschen gering ist, bedeutet der Wolf für andere Tiere – etwa Schafe und Pferde – eine ganz reale Gefahr: "Zum Glück wurde noch keines meiner Pferde gerissen, aber ich war bei einer Pferdehalterin zu Besuch, wo ein Wolf in den Stall eingedrungen ist und eines der Tiere verletzt hat."

"In bestimmten Gebieten kann der Wolf ja von mir aus leben, aber doch nicht in Ballungsgebieten wie hier bei Köln." Dass früher oder später eine entsprechende Regelung getroffen wird, ist laut Wipperfürth dabei nur eine Frage der Zeit. Die andere Frage sei, wie viele Opfer es bis dahin noch geben müsse: "Ein Wolf will nur ein Tier fressen, tötet aber gleich mehrere – er verfällt in einen Blutrausch und kann sich nicht stoppen."

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"Aus Angst sagt keiner etwas gegen den Wolf"

Auch kritisiert Wipperfürth den Umgang der Öffentlichkeit mit dem Thema Wolf. Wer sich für eine Regulierung der Wolfspopulation ausspreche, müsse mit gravierenden Anfeindungen von Tierschützern rechnen. Wie der Pferdehalter weiter erzählt, würden Landwirte immer wieder zur Zielscheibe von Beschimpfungen und Drohungen, wenn diese den hiesigen Umgang mit dem Wolf kritisierten: "Einem Kollegen von mir haben sie sogar damit gedroht, seinen Hof anzuzünden – deswegen sagt keiner etwas gegen den Wolf. Aus Angst vor Extremisten."

Trotz aller Probleme, die ihm der Wolf bereite, habe Wipperfürth persönlich nichts gegen ihn. Er sucht den Diskurs mit Fachleuten, besucht Wolfsgehege, will sich weiterbilden über das Tier, das ihm und vielen seiner Kollegen Kopfzerbrechen bereitet: "Ich selbst habe eine gewisse Faszination für ihn und bin auf keinen Fall ein Gegner des Wolfes. Ich mache ihm keinen Vorwurf, sondern den Menschen – mit uns Landwirten will niemand über das Thema sprechen."

Und auch wenn sich Wipperfürth keinen großen Schutz durch einen Wolfszaun verspricht, will er nun doch einen solchen errichten. An seinen Reitanlagen am Kölner Stadtrand. Und zwar so, dass er für Passanten und Spaziergänger gut sichtbar ist. Quasi als Wink mit dem Zaunpfahl, um auf die Situation der Landwirte aufmerksam zu machen: "Hier im Kölner Stadtgebiet läuft ein Wolf herum und wir können nichts dagegen tun.”

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