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Rottach-Egern: Saß der "Badewannenmörder" zu Unrecht 13 Jahre im Gefängnis?


Neue Beweismittel gefunden
Saß der "Badewannenmörder" zu Unrecht 13 Jahre hinter Gittern?


Aktualisiert am 17.08.2022Lesedauer: 3 Min.
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Genditzki und seine Anwältin: Sie hatte mehr als zehn Jahre lang für seine Befreiung gekämpft.Vergrößern des Bildes
Genditzkis Anwältin empfängt ihn in Freiheit: Sie hatte mehr als zehn Jahre lang für seine Befreiung gekämpft. (Quelle: Hans Holzhaider)

Manfred Genditzki saß über ein Jahrzehnt in Haft, nun ist er frei: Moderne Ermittlungsmethoden wecken Zweifel an seiner Schuld. Ein Justizskandal?

Er soll eine 87 Jahre alte Frau in der Badewanne ertränkt haben, hatte den Mord immer bestritten – nun gibt es neue Erkenntnisse zum "Badewannenmord": Manfred Genditzki ist mangels dringenden Tatverdachts auf freiem Fuß. Es war 11.20 Uhr am Freitag, als der 62-Jährige aus dem Tor der Justizanstalt Landsberg schritt.

Eine Jeans, ein weißes Hemd, zwei Plastiktüten und einen kleinen Rollkoffer nimmt Genditzki nach 13 Jahren, 23 Wochen und 6 Tagen aus dem Gefängnis mit. Nun ist er wieder ein freier Mann. Völlig überraschend hatte das Landgericht München I vergangene Woche seinen Haftbefehl aufgehoben und ein erneutes Verfahren angeordnet. Ein Zeitpunkt wurde noch nicht genannt.

Das warf das Gericht Genditzki vor

An der Pforte der JVA Landsberg erwartete ihn die Münchner Anwältin Regina Rick. Ihren fast zehnjährigen Bemühungen hat es der wegen Mordes Verurteilte zu verdanken, dass er nun an den Tegernsee zu seiner Ehefrau und den drei Kindern zurückkehren kann. "Seine Augen haben geleuchtet", erzählt die erfolgreiche Juristin. Der 62-Jährige habe sich wahnsinnig auf seine Familie gefreut.

Vor 14 Jahren hatte der sogenannte Badewannenmord von Rottach-Egern für Aufsehen im Landkreis Miesbach gesorgt. Genditzki, damals Hausmeister, wurde wegen Mordes und vorsätzlicher Körperverletzung zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt.

Nach Ansicht der Kammer des Landgerichts München II soll er im Oktober 2008 eine 87 Jahre alte Hausbewohnerin bewusstlos geschlagen und danach in ihrer Badewanne ertränkt haben. Damit habe er die beiden schweren Kopfverletzungen vertuschen wollen. Doch da ist sich das Gericht jetzt nicht mehr so sicher.

Neue Erkenntnisse zum Todeszeitpunkt ermöglichen neues Verfahren

Neue Sachverständigengutachten in Verbindung mit den früher erhobenen Beweisen könnten nun zu einer für den Angeklagten günstigeren Entscheidung im Wiederaufnahmeverfahren zu führen, teilt das Landgericht München I jetzt mit.

So habe erstmals ein Experte errechnen können, wie warm das Wasser in der Badewanne war, in der die Mitarbeiterin eines Pflegedienstes den Leichnam fand. "Auf dieser Grundlage konnte sodann eine neue ungefähre Eingrenzung der Leichenliegezeit und damit des Todeszeitpunkts erfolgen." Dieser liege "erheblich außerhalb des vom Tatgericht angenommenen Zeitfensters", so die neuesten Erkenntnisse des Gerichts.

Das sei erst aufgrund technischer Entwicklungen möglich geworden: Seinerzeit hätten sie nicht als wissenschaftliche Methoden zur Verfügung gestanden. "Daher handelt es sich auch um neue Beweismittel im Sinne des Wiederaufnahmerechts", so nun das Landgericht.

Tegernseer Ex-Bürgermeister: "Er hätte nicht verurteilt werden dürfen"

Für Anwältin Rick ist damit eine Mord-Verurteilung nicht mehr haltbar: Ihrer Ansicht nach kommt nur noch ein Unfallgeschehen für den Tod der alten Dame infrage. Genditzkis namhafter Unterstützerkreis am Tegernsee unterstellt dem Landgericht, "dass es im Justizskandal des Rechtsfalls Manfred Genditzki auf Zeit spielen will, um die Angelegenheit durch die Zeit für sich zu retten".

Die Defizite der bayerischen Justiz gerade in Wiederaufnahmefällen seien seit Jahren bekannt und, so der Vorwurf, "anhand zahlreicher, teilweise skandalös verlaufener Fälle gut dokumentiert". Peter Janssen, Jurist und einstiger Bürgermeister von Tegernsee, klagt an, dass Genditzki "nicht hätte verurteilt werden dürfen". Er sei davon überzeugt gewesen, dass die Wiederaufnahme klappt.

"Wir sind froh, dass er in den über 13 Jahren Haft als Unschuldiger nicht daran kaputtgegangen ist", sagt die unterstützende Ärztin Ursula Janssen auf Nachfrage von t-online. Sie hat Genditzki gleich nach dem Wiedersehen mit seiner Familie besucht. "Er hat einen gefassten und guten Eindruck gemacht."

Der Freigelassene habe schon Ideen, wie er seine Zukunft nun "anpackt". Dies flöße ihr "einen Heidenrespekt ein", gesteht sie.

Verwendete Quellen
  • Pressemitteilung Oberlandesgericht München
  • Eigene Recherchen
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