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Alfons Schuhbeck | TV-Koch muss ins Gefängnis: Das Ende einer Karriere


Starkoch zu Gefängnisstrafe verurteilt
Alfons Schuhbecks bitterster Gang

Von Christof Paulus

Aktualisiert am 28.10.2022Lesedauer: 4 Min.
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Alfons Schuhbeck: So enttäuscht zeigen sich seine Anwälte nach der Urteilsverkündung. (Quelle: Reuters)

Aus TV-Star wird Gefängnisinsasse: Alfons Schuhbeck muss wegen Steuerbetrugs hinter Gitter. Das Ende eines spektakulären Prozesses – und einer steilen Karriere.

Auch in den letzten Momenten des Steuerprozesses bleibt Alfons Schuhbeck (73) so wie in all den Stunden zuvor: Stoisch, fast teilnahmslos wirkt er, selbst wenn sein Blick durch den Saal 134 im Münchner Justizpalast schweift. Als Richterin Andrea Wagner das Urteil verkündet, verzieht er keine Miene.

Er sei schuldig, sagt sie, und soll wegen mehr als vier Millionen Euro hinterzogener Steuern für drei Jahre und zwei Monate ins Gefängnis. Das Gericht ordnet die Einziehung von rund 1,2 Millionen Euro an. Schuhbecks Karriere liegt in Trümmern, sein Leben nun erst einmal in den Händen der Justiz.

Aus seinem Umfeld heißt es, er habe mit Erleichterung aufgenommen, dass nun endlich der Richterspruch da sei. Illusionen, dass er mit Bewährung davonkommt, soll sich Schuhbeck trotz seiner Bitten um Milde nicht mehr gemacht haben.

Der Prozess gegen den Starkoch bietet eine Kulisse, wie sie im Münchner Landgericht nicht alltäglich ist. Und sie toppt am Schlusstag noch einmal den Andrang, der schon an den Vortagen im Gerichtssaal herrschte. Etwas über 60 Plätze fasst der Saal. Als der Prozess beginnt, wartet immer noch über ein Dutzend Menschen davor. Eine Frau, etwa 70 Jahre alt, läuft neben der Warteschlange auf und ab. "Es geht bald wieder was, hat der Justizbeamte gesagt", erzählt sie den anderen Wartenden dort.

Fans, Presse und Gerichtstouristen bei Alfons Schuhbeck

"Vielleicht muss ich ihm mal eine mit meinem Wanderstock mitgeben", sagt sie etwa fünf Minuten später, als eben doch noch nichts vorangegangen ist in der Schlange, und lacht. Mehrere Stunden stellen sich manche Prozessbeobachter an, um endlich in den Gerichtssaal zu kommen.

Das Gericht vernimmt unterdessen den letzten Zeugen, einen Sommelier aus Schuhbecks Restaurant. Danach wird auch im Gerichtssaal die Stimmung gereizter. Zwischen der Kammer und der Verteidigung entflammt eine Diskussion darüber, ob die Berechnung der Staatsanwaltschaft korrekt sei: Ja, Schuhbeck habe Steuern hinterzogen. Aber ob die mehr als vier Millionen Euro, die die Staatsanwaltschaft ihm vorwirft, wirklich zutreffen, sei zu bezweifeln.

Nach der Mittagspause hat sich die Frage dann erledigt: Schuhbeck verliest eine Erklärung. Er übernimmt die gesamte Verantwortung und bittet seine Verteidigung, die Zweifel nicht weiter zu verfolgen. Im Klartext heißt das: Unmittelbar vor den Plädoyers baut Schuhbeck sein Geständnis, das er am zweiten Prozesstag begonnen hat, nun ein weiteres Mal aus. Am Ende bestätigt er die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft. Vollkommen.

Über vier Jahre Haft für Schuhbeck gefordert

Und damit geht es endgültig nur noch um die Frage, was das Gericht aus den Vorwürfen gegen Schuhbeck macht. Vier Jahre und zwei Monate Haft fordert die Staatsanwältin. Höchstens zwei Jahre, und die auf Bewährung, will die Verteidigung. Und während die Staatsanwaltschaft Schuhbecks Geständnis als "taktisch" bewertet, halten die Anwälte sein Vorgehen für ehrenvoll und "beeindruckend".

Mit seinem Geständnis habe Schuhbeck verhindern wollen, dass ein Mitarbeiter nach dem anderen in die Öffentlichkeit gezerrt werde und aussagen müsse, sagt der Rechtsanwalt Sascha König. In die Öffentlichkeit drängt eine ehemalige Mitarbeiterin Schuhbecks indes von ganz allein. Eine Köchin, die einen Brief an Richterin Andrea Wagner geschrieben hat, will sich im Prozess zu Wort melden. Wagner hatte sie zuvor angesprochen. Reden darf die Frau nicht, ihr Brief wird aber vorgelesen.

"Unser Chef, unser Alfons", nennt die Mitarbeiterin den Fernsehkoch. Ja, er sei oft ein harter Hund, heißt es in dem Brief. Das sei aber auch nötig, schließlich stehe der Name Schuhbeck für Qualität. Und zugleich habe Schuhbeck mit den Mitarbeitern eine "Engelsgeduld" gehabt, um Arbeitsprozesse zu verbessern. Sie bittet das Gericht daher um ein mildes Urteil. In einem Gespräch mit t-online in einer Verhandlungspause sagt sie, sie wolle Schuhbeck beistehen bis zum Schluss.

Plädoyer für Alfons Schuhbeck betont seine Lebensleistung

Ähnlich wohlwollend klingen die Worte, die die Verteidigung in ihrem Plädoyer für Schuhbeck findet. Er sei ein begnadeter Koch, der wie kein anderer mit Gewürzen hantieren könne, sagt Anwalt Markus Gotzens. Seine Lebensleistung müsse man ins Urteil einbeziehen. Nur das Kaufmännische sei ihm aus der Hand geraten: "Daran ist er letzten Endes gescheitert."

Dann unterbricht Richterin Wagner den Prozess noch einmal für eine Stunde. Pause, Beratung, Urteil, so soll es weitergehen. Für das Publikum heißt das wieder: raus aus dem Saal, in der Halle anstellen und warten. Die Pausengespräche nehmen nun richtig Fahrt auf. Die Themen: das starke Pathos im Plädoyer der Verteidigung; die Gewissheit, dass Schuhbeck ins Gefängnis muss – da sind sich schon vor dem Urteil fast alle einig. Und die Briefschreiberin, die unterdessen inmitten von Kameras und Mikros ein Interview nach dem anderen gibt.

Zurück im Saal entlädt sich schließlich die Spannung, die sich über Stunden aufgebaut hat.

Schuhbeck ist schuldig. Auch sein Mitangeklagter wird verurteilt, eineinhalb Jahre auf Bewährung lautet das Urteil für ihn. Im Gerichtssaal bleibt es ruhig, nicht einmal die Briefschreiberin sagt etwas. Beim Plädoyer der Staatsanwaltschaft hatte sie noch laut aufgestöhnt, offenbar entsetzt über die mehr als vier geforderten Jahre.

München: Was Uli Hoeneß und Alfons Schuhbeck unterscheidet

Mit dem Urteil bleibt das Gericht hinter der Forderung der Staatsanwaltschaft zurück, die sogar über dem Urteil für Uli Hoeneß 2014 lag. Der hatte ein Vielfaches an Steuern hinterzogen und musste dafür dreieinhalb Jahre in Haft. Doch das sei nicht das einzige Kriterium für die Strafe, sagt Anne Leiding, Sprecherin der Staatsanwaltschaft. Bei Schuhbeck sei eine "hohe kriminelle Energie" festzustellen, erklärt sie. Auch das sei wichtig.

Damit endet ein Prozess, der viel kürzer war als eigentlich erwartet. Schuhbecks Geständnis hatte alles verändert und weitere Prozesstage überflüssig gemacht. Aber erst, als sein Mitangeklagter "überschießend" gestanden hatte – wie Juristen es nennen, wenn jemand vor Gericht mehr zugibt, als er müsste –, packte auch Schuhbeck aus. Und erst am letzten Tag gab er alles zu. Schon nach dem ersten Eingeständnis verlor er seine Sendungen beim Bayerischen Rundfunk. Der Versuch, zu retten, was zu retten ist, misslang.

Dafür hätte Schuhbeck früher reden müssen, das ließ auch Richterin Wagner in der Urteilsbegründung durchblicken. Es sei schon ein wenig so, wie die Staatsanwaltschaft argumentierte: Die Geständnisse kamen immer nur stückchenweise und immer nur dann, wenn kaum noch etwas zu kitten war. Was Schuhbeck nun bleibt: Noch ist das Urteil nicht rechtskräftig. Seine Anwälte beraten, wie sie weiter vorgehen.

Verwendete Quellen
  • Reporter vor Ort
  • Mit Material der Nachrichtenagentur AFP
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