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AfD-Betrug? Abstimmungen im Landtag in Bayern sollen teils gefälscht sein


Abwesende Abgeordnete stimmten ab
AfD soll in Bayern Abstimmungen gefälscht und betrogen haben

Von Christof Paulus

Aktualisiert am 27.05.2023Lesedauer: 3 Min.
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Ein Fähnchen der AfD in Bayern (Archivbild): Die Abgeordneten im Landtag stehen nun unter Verdacht wegen womöglich gefälschter Abstimmungen.Vergrößern des Bildes
Ein Fähnchen der AfD in Bayern (Archivbild): Die Abgeordneten im Landtag stehen nun unter Verdacht wegen womöglich gefälschter Abstimmungen. (Quelle: ZUMA Wire/imago images)

Es geht um mögliche Geisterwahlen und Geld: Im Bayerischen Landtag gibt es schwere Vorwürfe gegen die AfD. Konsequenzen bleiben dennoch vorerst aus.

Einer oder mehrere Abgeordnete im Bayerischen Landtag sollen mindestens eine Abstimmung im Parlament gefälscht haben. Einen entsprechenden Bericht des "Münchner Merkur" bestätigt Landtagssprecherin Caroline Kubon auf Nachfrage von t-online. Dem Bericht zufolge handelte es sich dabei um Mitglieder der AfD, eine Information, die sich mit Recherchen von t-online decEs gebe eine Vielzahl an Hinweisen, dass einer oder mehrere Abgeordnete etwa im Anschluss an die Haushaltsdebatte am 29. März abgestimmt haben sollen, die an diesem Tag gar nicht im Parlament waren.

Das ist in zweifacher Hinsicht heikel. Sollten sich die Vorwürfe bestätigen, müsse man auch die entsprechenden Abstimmungen "infrage stellen", wie Kubon sagt. Hinzu kommt: Durch das Verhalten könnten Abgeordnete sich Geld erschlichen haben. Denn für verpasste namentliche Abstimmungen oder Sitzungen wird den Parlamentariern ein Teil ihrer Diät abgezogen, wie es das bayerische Abgeordnetengesetz regelt. Pro Sitzung sind das maximal 100 Euro.

Wie im Landtag in Bayern abgestimmt und gezählt wird

Stimmt ein Abgeordneter jedoch ab, zähle er automatisch als anwesend für die Abrechnung, auch wenn er nicht auf der Anwesenheitsliste steht. Ähnliches gilt dem Gesetz zufolge auch für ein "Amtieren als Präsident" oder eine "protokollierte Wortmeldung. "Schließlich könne man es an einem stressigen Tag auch vergessen, sich dort einzutragen, erklärt Kubon – und eine registrierte Abstimmung galt bisher als stichfester Nachweis. Doch nun scheint es möglich zu sein, abstimmen zu lassen, ohne tatsächlich anwesend zu sein.

Kubon gibt an, dass der Landtag interne Nachforschungen unternommen hatte. Dabei seien einzelne Abgeordnete auf den Kameras im Plenarsaal nicht aufgetaucht. Wie der "Münchner Merkur" berichtet, können sich auch diverse Kollegen im Parlament nicht daran erinnern, dass die betreffenden Personen da gewesen seien. Dennoch wurden ihre Stimmen registriert.

Damit scheint der Fall klar zu sein: Die Abstimmungsgeräte, die den Abgeordneten im Sitzungssaal zugeordnet sind, müssten von jemand anderem unbefugt betätigt worden sein. Damit wäre die Abstimmung verfälscht und der Landtag und die Allgemeinheit um Diätenzahlungen betrogen. Oder nicht? Es gibt entscheidende Zweifel – wenn auch nur kleine.

Betrug: Wie Ilse Aigner auf Vorwürfe gegen AfD reagiert

Denn Rügen oder härtere Maßnahmen, etwa eine Geldstrafe, will Landtagspräsidentin Ilse Aigner nicht aussprechen. Und das, obwohl sie davon überzeugt zu sein scheint, dass der Vorwurf genau so stimmt. "Das ist nicht zu tolerieren und schadet der Demokratie", teilt sie auf Nachfrage von t-online mit. "Wenn wir das juristisch zweifelsfrei nachweisen hätten können, hätte ich das sofort mit aller Konsequenz geahndet."

Zeugenaussagen, Kameramaterial: Vieles deutet offenbar darauf hin, dass Abstimmungen gefälscht wurden. Doch Restzweifel bleiben. Und zwar in den toten Winkeln der Kameras im Plenarsaal.

Die toten Winkel im Landtag in München

Denn dort gebe es Ecken, in denen man stehen und abstimmen könne, ohne dabei gefilmt zu werden, sagt Sprecherin Kubon. Auch Türen sind nicht zu sehen. Tatsächlich sei ein Fall bekannt, bei dem eine Abgeordnete, die nachweislich anwesend war, ebenfalls nicht auf den Kamerabildern zu sehen war. Dass es dem oder den Abgeordneten, die wohl der AfD angehörten, ebenso ergangen sei, könne man nicht restlos ausschließen.

Landtagspräsidentin Aigner habe das mutmaßliche Vergehen daher "in sehr deutlicher Form angesprochen", gehe aber über den "sehr eindringlichen moralischen Appell nicht hinaus", sagt Kubon. Und das, obwohl FDP-Abgeordnete dem "Merkur" berichteten, "dass auf dem Tisch eines AfD-Abgeordneten mehrere Abstimmgeräte lagen". Doch der Landtag führe keine Ermittlungen im strafrechtlichen Sinne, erklärt Kubon.

Die Causa sei im Ältestenrat fraktionsneutral besprochen worden, einen "offiziellen Schriftverkehr der Landtagspräsidentin mit den einzelnen Fraktionen" gebe es nicht, heißt es indes von der AfD-Fraktion dazu auf Anfrage von t-online. Dass es sich bei den Vorwürfen um einen AfD-Abgeordneten handeln soll, sei neu und zu keiner Zeit vom Landtagspräsidium so kommuniziert worden.

Verwendete Quellen
  • Münchner Merkur: "Wahlfälschung im Landtag? AfD-Abgeordnete unter Verdacht"
  • Gespräch mit Caroline Kubon
  • Anfrage an Ilse Aigner
  • Anfrage an AfD Landtagsfraktion Bayern
  • Bayerisches Abgeordnetengesetz: Artikel 7, Absatz 1
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