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Corona I Masken-Prozess in München – Andrea Tandler bricht ihr Schweigen


Steuerbetrug in Millionenhöhe?
Masken-Prozess: Andrea Tandler bricht ihr Schweigen


04.10.2023Lesedauer: 3 Min.
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Die Angeklagte Andrea Tandler (3.v.r) steht zu Prozessbeginn an ihrem Platz im Gerichtssaal vor ihren beiden Anwältinnen Cheyenne Blum (2.v.r) und Sabine Stetter (r). (Quelle: Peter Kneffel, dpa)

Bei Maskendeals in der Corona-Zeit hat Andrea Tandler viel Geld verdient. Dabei soll sie Steuern hinterzogen haben. Zum Prozessbeginn äußert sie sich vor Gericht.

Es ist nur ein untergeordneter Punkt in dieser zwölf Seiten starken Anklage, in der es vor Millionenbeträgen nur so wimmelt, weshalb die Staatsanwältin sich beim Verlesen im Gerichtssaal hier und da verhaspelt. Und doch ist diese Randnotiz, die als "Subventionsbetrug" firmiert, vielsagend für diesen Prozess und für die Angeklagte – zumindest aus Sicht jener, die in Andrea Tandler eine raffgierige Unternehmerin mit besten Kontakten in die Politik sehen, die sich in Zeiten des Pandemie-Notstands durch Maskendeals bereichert hat.

Jener Subventionsbetrug betrifft einen Antrag auf 9.000 Euro Corona-Soforthilfe. Gestellt hat ihn Andrea Tandler im April 2020 – mit der Begründung, dass ihre PR-Agentur unter ausbleibenden Aufträgen leide. Dabei wusste die Tochter des früheren CSU-Generalsekretärs Gerold Tandler laut der Staatsanwaltschaft München I zu diesem Zeitpunkt schon genau, dass in wenigen Wochen die Provision für ein Maskengeschäft auf ihrem Konto eintreffen würde – satte 14 Millionen Euro.

Corona-Masken: Insgesamt 48 Millionen Euro an Provisionen

Insgesamt erhielten die 40-Jährige und ihr Geschäftspartner Darius N. laut Anklage mehr als 48 Millionen Euro an Provisionen: Im März 2020 fädelten sie mehrere Deals ein, bei denen eine Schweizer Firma Masken, Schutzanzüge und Einmalhandschuhe für mehr als 700 Millionen Euro an die Gesundheitsministerien des Bundes sowie der Länder Bayern und Nordrhein-Westfalen verkaufte.

Diese Geschäfte, bei denen Tandler maßgeblich von ihrem Namen und ihren hervorragenden Kontakten in die Politik profitierte, waren an sich legal – ebenso wie das Einstreichen der Provision. Jedoch wirft die Staatsanwaltschaft der Unternehmerin vor, dass sie im Zuge der Maskendeals 23,5 Millionen Euro Steuern hinterzogen hat.

Tandler: "Es ging mir nie darum zu betrügen"

Seit Mittwoch muss sich Tandler deshalb vor dem Landgericht München I verantworten. Mit ihr auf der Anklagebank sitzt ihr Geschäftspartner Darius N., der bei der Steuerhinterziehung geholfen haben soll. Anders als im Masken-Untersuchungsausschuss des Bayerischen Landtags, wo Tandler mit Kappe, Sonnenbrille und Maske erschien, betritt sie den Gerichtssaal an diesem Vormittag nicht vermummt, dafür in Turnschuhen und blauem Sommerkleid.

Sie werde "für Transparenz sorgen und keine Frage unbeantwortet lassen", kündigt Andrea Tandler zu Beginn ihrer Erklärung an, bei der ihr mehrfach die Stimme bricht. Danach schildert sie ausführlich, wie sich die Maskendeals damals anbahnten und wie sie seitens der Politik unter "immensen Druck" gesetzt wurde.

"Es war eine extrem hektische Zeit, in der Fehler passiert sein können", sagt Tandler. Aber: "Es ging mir nie darum, zu betrügen." Am Ende geht die Unternehmerin auch noch auf die 9.000 Euro Corona-Soforthilfe ein, die ihr damals ausbezahlt wurden. "Mit dem Wissen von heute hätte ich diesen Antrag nicht gestellt", sagt Andrea Tandler. Zudem räumt sie ein, dass sie zu lange gebraucht habe, um das Geld zurückzuzahlen – nämlich ein ganzes Jahr und erst nach Medienberichten über ihre Rolle bei den Maskendeals.

"Da sitzt sie, die Tochter eines CSU-Amigos"

Seit Januar sitzen sie und ihr Geschäftspartner wegen Fluchtgefahr in Untersuchungshaft. Dies habe ihr Leben und das ihrer Familie "komplett aus den Angeln gehoben", sagt die 40-Jährige in der zweistündigen Erklärung, die sie am ersten Prozesstag verliest. "Ich kann mir vorstellen, welche Gedanken sich diejenigen machen, die den Prozess verfolgen", sagt sie. "Da sitzt sie, die Tochter eines CSU-Amigos, die politische Kontakte ihres Vaters genutzt hat, um Millionen abzuzocken."

Doch dieses in der Öffentlichkeit gezeichnete Bild sei falsch, betont Tandler. "Ich habe diese Geschäfte nach bestem Wissen und Gewissen gemacht und wollte immer, dass alles steuerlich korrekt abgewickelt wird." Genau das ist aus Sicht der Staatsanwaltschaft aber nicht passiert. Vielmehr soll Andrea Tandler in Zusammenhang mit den Maskendeals 8,7 Millionen Euro Einkommensteuer hinterzogen haben.

Die Firma nur ein Zimmer in Grünwald?

Die Anklagebehörde wirft ihr außerdem vor, dass sie Darius N. einen Teil der Provisionen über die gemeinsame Little Penguin GmbH zuschanzte, ohne die dafür fälligen 6,6 Millionen Euro Schenkungssteuer zu entrichten. Und auch bei der Gewerbesteuer soll Tandler gemogelt haben – und zwar, indem sie ihre in München ansässige Firma in Grünwald anmeldete, um von dem kaum halb so hohen Steuersatz dort zu profitieren. Hierzu habe die Little Penguin GmbH in der als Steuerparadies verschrienen Gemeinde ein 15 Quadratmeter großes Zimmer angemietet, unter dessen Adresse noch 20 weitere Gesellschaften gemeldet waren.

Auf diesem Wege seien 8,2 Millionen Euro Gewerbesteuern hinterzogen worden, so die Staatsanwaltschaft. Sollten sich all diese Vorwürfe bewahrheiten, dann muss Andrea Tandler wohl für mehrere Jahre im Gefängnis bleiben. Noch gilt freilich die Unschuldsvermutung – für sie ebenso wie für ihren Geschäftspartner. Für den Prozess am Landgericht München sind acht Verhandlungstage angesetzt. Ein Urteil könnte demnach Mitte November fallen.

Verwendete Quellen
  • Reporter vor Ort
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