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München: Stadtrat Cumali Naz der SPD/Volt-Fraktion über den Migrationsbeirat


Repräsentationslücke
Kaum einer weiß um den Einfluss des Migrationsbeirats


12.02.2024Lesedauer: 3 Min.
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Wahlurne: Die Schweizer haben ein neues Parlament gewählt.Vergrößern des Bildes
Eine Frau an einer Wahlurne (Symbolbild): Bei der nächsten Kommunalwahl 2026 wird auch ein neuer Migrationsbeirat gewählt. (Quelle: Salvatore Di Nolfi/KEYSTONE/dpa)

Für fast ein Drittel der Münchner Bevölkerung ist der Migrationsbeirat die einzige Möglichkeit, politisch mitzureden. Viele kennen das Gremium nicht, dabei ist sein Einfluss größer, als manche denken.

Kaum einer weiß, wie bedeutend er eigentlich ist: Der Migrationsbeirat in München. Was nach einer kleinen Organisation klingt, ist für viele Menschen mit Einwanderungsgeschichte die einzige Möglichkeit, in der Kommunalpolitik mitzureden. Bei Kommunalwahlen haben Ausländer zwar mehr Mitspracherecht als in der Bundes- und Landespolitik, denn den Stadtrat und Bürgermeister dürfen auch diejenigen Bürger wählen, die keinen deutschen Pass haben.

Aber die Partizipation hat dennoch Grenzen, denn die Regel gilt nur für EU-Bürger: Wer kein EU-Bürger ist, Personen mit türkischem Pass zum Beispiel, hat auch bei der Kommunalwahl kein Mitspracherecht. In München betrifft das 273.000 Menschen, rund ein Viertel der Bevölkerung. Zählt man alle Bürger der Stadt, die einen ausländischen Pass haben – sowohl von innerhalb als auch außerhalb der EU –, kommt man auf ein Drittel. Zählt man diejenigen Bürger mit Migrationsgeschichte hinzu, die bereits in Deutschland eingebürgert wurden, kommt man sogar auf fast die Hälfte.

Nur drei von 80 Stadträten haben eine Migrationsgeschichte

Im Stadtrat sieht es anders aus: Von den 80 Mitgliedern haben nur drei eine Migrationsgeschichte. Einer davon ist der Stadtrat Cumali Naz von der SPD/Volt-Fraktion. Er kritisiert, wie Menschen mit Migrationsgeschichte aktuell in der Münchner Politik vertreten werden: Rund vier Prozent der Kommunalpolitiker könnten nicht die Interessen einer halben Stadt repräsentieren.

In der Tat sind die Hürden für politische Ämter groß, für Menschen mit Migrationshintergrund erst recht. Denn Integrationsprozesse, Sprachbarrieren und die soziale Herkunft können Wahlkämpfe erschweren. An dieser Stelle kommt der Migrationsbeirat ins Spiel: Das Gremium ist ein fester Bestandteil der Kommunalpolitik, auch wenn viele es nicht kennen.

Cumali Naz, über viele Jahre Vorsitzender des Münchner Migrationsbeirats.
Cumali Naz, über viele Jahre Vorsitzender des Münchner Migrationsbeirats. (Quelle: SPD/Volt-Fraktion)

Wer wählt den Migrationsbeirat?

Den Migrationsbeirat wählen alle ausländischen Staatsangehörigen, die über 18 Jahre alt sind und seit mindestens sechs Monaten in München leben. Auch Doppelstaatler dürfen wählen, ebenso wie Deutsche mit Migrationsgeschichte, die ihren deutschen Pass noch nicht länger als zwölf Jahre besitzen.

Der Migrationsbeirat besteht aus insgesamt fünfzig Mitgliedern, vierzig davon werden direkt gewählt und zehn weitere durch den Stadtrat berufen. Hinzu kommen beratende Mitglieder der Fraktionen, die allerdings kein Stimmrecht haben. Einer von Letzteren ist Naz. 12 Jahre lang, von 1998 bis 2012, war er Vorsitzender des Migrationsbeirats, der damals noch Ausländerbeirat hieß.

"Ich weiß, wo es hakt und wo unsere Schwächen sind", sagt Naz t-online. Eine davon sei die niedrige Wahlbeteiligung. Seit die Direktwahl 1991 in München eingeführt wurde, sei die Wahlbeteiligung von 20 auf knapp drei Prozent gesunken. "Die Bürger sehen anscheinend den großen Einfluss dieses Gremiums und seine Bedeutung für die Stadtpolitik nicht", sagt Naz.


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Es gibt Menschen in Deutschland, die noch nie an einer Wahlurne standen, obwohl sie hier leben, arbeiten und Steuern zahlen.


Kommunalpolitiker Cumali Naz


In der Tat muss jede Beschlussvorlage des Stadtrats, die die Migrationsgesellschaft betrifft, durch den Migrationsbeirat. Dieser reagiert mit einer mündlichen oder schriftlichen Stellungnahme. Dabei handelt es sich laut Naz selten um migrationsspezifische Angelegenheiten. Themen wie Bildung oder das Alter beträfen Bürger mit Migrationshintergrund genauso wie diejenigen ohne.

"Es gibt Menschen in Deutschland, die noch nie an einer Wahlurne standen, obwohl sie hier leben, arbeiten und Steuern zahlen", sag Naz. Das könne sich laut dem Kommunalpolitiker nur ändern, wenn mehr Menschen mit Migrationsgeschichte politisch partizipieren würden. Dazu müsse man den Migrationsbeirat bekannter machen, vor allem mit Blick auf die nächste Wahl im Jahr 2026.

Migrationsbeirat soll eigenen Öffentlichkeitsreferenten bekommen

Konkrete Schritte dazu seien zwar noch nicht geplant, allerdings will sich die SPD/Volt-Fraktion für eine langfristig angelegte Werbekampagne einsetzen. In Zusammenarbeit mit Migrantenorganisationen, Vereinen und muttersprachlichen Zeitungen sollen mehr Menschen an das Gremium herangeführt werden. Naz und seine Fraktion wollen die Stadtverwaltung beauftragen, ein entsprechendes Konzept zu entwickeln.

Für Naz ist klar: Wenn die Stadt die politische Mitsprache der Bürger mit Migrationshintergrund voranbringen will, muss sie auch Finanzmittel für Öffentlichkeitsarbeit zur Verfügung stellen. So soll die Geschäftsstelle des Migrationsbeirats, die Teil der Stadtverwaltung ist und im Gegensatz zu den Mitgliedern nicht ehrenamtlich arbeitet, einen Referenten bekommen, der sich nur um Öffentlichkeitsarbeit des Gremiums kümmert. "So eine Maßnahme kostet aber natürlich Geld", sagt Naz, "am Ende muss ihr auch der Stadtrat zustimmen".

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherche
  • Telefonat mit dem Stadtrat Cumali Naz der SPD/Volt-Fraktion
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