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Cannabis in München: Ist ein Kiffverbot im Englischen Garten sinnvoll?


Ist das Kiff-Verbot in Bayern sinnvoll?
Von Logik getrieben ist das alles nicht


Aktualisiert am 22.04.2024Lesedauer: 1 Min.
Interview
Was ist ein Pro & Kontra?

Die subjektive Sicht zweier Autoren auf ein Thema. Niemand muss diese Meinungen übernehmen, aber sie können zum Nachdenken anregen.

imago images 0444239994Vergrößern des Bildes
Das Bayerische Kabinett hat ein Kiff-Verbot für den Englischen Garten beschlossen. (Quelle: IMAGO/Wolfgang Maria Weber)

Vor wenigen Tagen hat das Kabinett den Englischen Garten zur Marihuana-Sperrzone erklärt. Die Stadt will damit ein Zeichen setzen.

Jetzt ist es fix: In Bayern wird das Konsumieren von Cannabis auf Volksfesten und Biergärten grundlegend verboten. Zudem wird der größte Park der Stadt für Kiffer gesperrt: Der Englische Garten. Dies beschloss das Kabinett zuletzt in München. Das betreffende Gesetz soll noch vor den Pfingstferien, also schon in wenigen Wochen, umgesetzt werden.

Der Beschluss ist eine Reaktion auf intensive Diskussionen in der Münchner Politik und Gesellschaft. Während vor allem die konservativen Parteien versuchen, den Gras-Konsum in der Innenstadt möglichst flächendeckend zu verbieten, gibt es insbesondere viele junge Menschen, die ihre neugewonnene "Konsum-Freiheit" auf keinen Fall aufgeben wollen. Der Englische Garten steht dabei als potenzieller Kiffer-Hotspot im Zentrum der Debatte.

Ist die Entscheidung des bayerischen Kabinetts, ein Kiff-Verbot im Englischen Garten auszusprechen, ein sinnvoller Schritt? Ein Pro & Kontra.

Pro
Carla GospodarekRegio-Redakteurin

(K)ein grünes Paradies

384 Hektar Grünfläche laden im Herzen Münchens Tag für Tag hunderte Besucher zum Verweilen ein. So idyllisch der Englische Garten auf den ersten Blick auch wirken mag, so viel Gefahrenpotenzial birgt hingegen seine Unübersichtlichkeit. Alkoholexzesse, Diebstähle, Vergewaltigungen – die Zahl der dort verübten Straftaten steigt seit Jahren rapide an. Braucht es da obendrauf noch einen Konsum-Freifahrtschein für die grüne Trend-Droge Marihuana? Wohl kaum.

Denn wenn im Englischen Garten an jeder Ecke Gras konsumiert wird, wird es nicht lange bei einem "gemütlichen" Joint hier und da bleiben. Wo viele Konsumenten sind, bleiben die Dealer nicht lange aus. Und die haben sicherlich nicht nur die Einstiegsdroge Cannabis im Gepäck. Die Familienzone könnte zum Drogenumschlagplatz mutieren. Rauschmittel wären für Heranwachsende jederzeit zugänglich – ein Verbot hingegen hält Käufer und Verkäufer im Zaum und ermöglicht den Beamten die strikte Durchsetzung einer Null-Toleranz-Politik.

Sicherlich könnte man nun argumentieren, dass Kinder im Englischen Garten auch mit der Droge Alkohol in Berührung kommen. Allerdings gilt es hier zu unterscheiden: Beobachten Kinder, wie (junge) Erwachsene trinken, ist der Reiz ausschließlich visuell. Anders ist das beim Cannabis-Konsum: der intensiv riechende Rauch verteilt sich beim Kiffen unkontrollierbar in alle Himmelsrichtungen – Kinder würden automatisch zu Passivkiffern mutieren. Dabei sind schon kleinste Mengen schädlich für deren Entwicklung, nicht umsonst darf Gras nicht in der Nähe von Kindergärten und Schulen konsumiert werden. Doch Kinder und Jugendliche finden sich im Englischen Garten nun mal nicht in eingezäunten Bereichen, sondern auf jeder Wiese und jedem Hügel.

Auch die Überbleibsel von Joints und Co. sind für Mensch, Tier und Natur schädlich. So wäre der Englische Garten in Kürze übersät mit Marihuana-Resten, Joint-Stummel und Papes – im Gegensatz zu den Pfandflaschen wird diese sicherlich niemand freiwillig aufsammeln. Der Park hätte also ein noch größeres Verschmutzungsproblem, als er angesichts der überquellenden Mülleimer ohnehin schon hat.

Um zu verhindern, dass der Englische Garten seinen Charme verliert, braucht es also ein striktes Marihuana-Verbot. Nur so kann die von den Einheimischen innig geliebte Grünflache im Herzen der Stadt ein Naherholungsgebiet für ALLE Münchner bleiben. Wer unbedingt in "freier Wildbahn" kiffen möchte, findet dazu zahlreiche andere, wesentlich kleinere Hotspots in der Stadt, in denen die Kinder besser geschützt und die Einhaltung von Regeln besser kontrolliert werden können.

Kontra
Sarah KoschinskiRedakteurin Regio München

Gesetz ohne Sinn

Dass das bundesweite Cannabis-Gesetz so in Bayern nicht akzeptiert werden würde, war erwartbar. Die teilweise Legalisierung von Cannabis war die beste Vorlage für populistische Manöver der Konservativen. Leicht ließ sich das Kiffer-Gespenst aus der Flasche oder aus der Tüte holen. Wissend, dass der brave Bürger schnell nickt, wenn mit Kinder- und Jugendschutz argumentiert und mit ausufernder Drogenszene gedroht wird. Deshalb hat das Bayerische Kabinett beschlossen, dass im Englischen Garten ein Kiff-Verbot gelten soll. Doch von Logik getrieben ist das alles nicht.

Denn andere Drogen dürfen dort ohne Weiteres konsumiert werden. Nach Lust und Laune können Raucher mit Zigaretten oder Zigarren die Luft verpesten, während neben ihnen kleine Kinder spielen oder Jugendliche die Sonne genießen. Und auch die Alkoholliebhaber kommen im Englischen Garten auf ihre Kosten, denn hier wird das Saufen bei diversen Trinkspielen glorifiziert. Ob beim Flunkyball oder Bierpong – hier gilt: Je voller, desto besser. Und das in kürzester Zeit. Auch der Familienvater kann ungeniert neben seinen Kindern auf der Picknickdecke ein Bier nach dem nächsten zischen, ohne dass es Konsequenzen hätte. An all dem Treiben spaziert der Polizist freundlich lächelnd vorbei.

Wenn aber nach dem Inkrafttreten des Kiff-Verbots jemand im Englischen Garten dabei erwischt wird, wie er Cannabis konsumiert, dann setzt es Platzverbote, Geldstrafen und böse Blicke vom trinkenden, ach ja, auch rauchenden, Publikum, das sich am besten noch über den "Gestank" beschwert. Dazu mal zwei Zahlen als kleine Info am Rande: Rund 2.000 Menschen in Deutschland sterben jährlich an sogenannten richtigen Drogen, Alkohol tötet im selben Zeitraum etwa 60.000 Bürger.

Mit Vernunft, Verantwortung und Weitsicht hat dieses Verbot nichts mehr zu tun. Anstatt sich jetzt auf die Kiffer zu stürzen, sollte die bayerische Regierung den Englischen Garten komplett von Drogen befreien, also auch von Alkohol und Nikotin, wenn sie die Menschen wirklich vor Drogen schützen will. Oder einfach alles lassen, wie es ist. Denn die Kiffer, vor denen sich die CSU fürchtet, rauchen nicht erst seit der Legalisierung ihr Gras im Englischen Garten. Die Regierung sollte sich lieber mit den wirklich wichtigen Problemen beschäftigen. Davon haben wir in München und ganz Bayern genug.

 
 
 
 
 
 
 

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Verwendete Quellen
  • Eigene Recherche
  • Mit Material der Nachrichtenagentur dpa
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