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Apotheker in München zu Cannabis-Verkauf: "Die Dosis macht das Gift"


Größte Cannabis-Apotheke Münchens
"Wir sind die einzig wirkliche Alternative zum Schwarzmarkt"


24.04.2024Lesedauer: 3 Min.
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Pharmareferent Manuel Käsche (links) und Apotheker Stefan Mahr wollen in ihrer Apotheke auf die positiven Seiten von Cannabis aufmerksam machen.Vergrößern des Bildes
Pharmareferent Manuel Käsche (links) und Apotheker Stefan Mahr wollen in ihrer Apotheke auf die positiven Seiten von Cannabis aufmerksam machen. (Quelle: Sarah Koschinski)

Seit der Teillegalisierung ab dem 1. April darf Cannabis nicht nur privat angebaut werden, sondern es gilt auch nicht mehr als Betäubungsmittel. Das wirkt sich positiv auf den medizinischen Gebrauch aus.

Seit der Teillegalisierung von Cannabis herrscht in Deutschland Unsicherheit, was das Thema anbelangt. Besonders der Freistaat wehrt sich mit Verboten gegen die Droge. Dabei bietet Cannabis besonders aus medizinischer Sicht viele Vorteile. Davon sind Apotheker Stefan Mahr und Geschäftsführer Manuel Käsche überzeugt.

Ob Tourette-Syndrom, Torticollis (Schiefhals) oder Schlafstörungen – das sind Diagnosen, mit denen Patienten in die Apotheke am Königsplatz mit der Abteilung Helios Cannabis in München kommen. Sie haben über Jahre mit ihren Diagnosen gelebt, konnten teilweise nicht mehr arbeiten. Doch dank des "Medizinierens" können sie wieder mit weniger Einschränkungen leben. Der Apotheker Stefan Mahr benutzt bewusst das Verb "medizinieren", statt kiffen. "Das ist der Begriff für den medizinischen Konsum von Cannabis", erklärt er. "Mit Cannabis kann man wunderbar therapieren, aber man muss wissen, was man tut."

Die Helios Apotheke macht schon mit dem zweigeteilten Logo auf ihrer gläsernen Schiebetür darauf aufmerksam, dass sich dahinter mehr als nur eine herkömmliche Apotheke verbirgt. Im vorderen Bereich gibt es eine ganz normale Apotheke, in der man alle möglichen Medikamente bekommt. Der hintere Teil widmet sich dem Thema Cannabis. Hier können sich Patienten, die ein Rezept vom Arzt haben, im Wartebereich über Monitore über die Droge informieren lassen oder sich mit anderen Wartenden austauschen. Mahr und Käsche ist es wichtig, dass ihre Kunden gut beraten werden. "Das kann schon eine Viertelstunde oder länger dauern", sagt Käsche.

2021 hat Apotheker Stefan Mahr entschieden, dass er auch Cannabis anbieten möchte. Käsche hatte als geprüfter Pharmareferent die Expertise, weshalb Mahr ihn zum Geschäftsführer für den Cannabis-Bereich gemacht hat. Heute ist ihre Filiale in München laut Käsche eine der fünf größten Cannabis-Apotheken in Deutschland. Das Konzept ihres zweigeteilten Geschäfts, also eine Fachapotheke mit medizinalem Cannabis, sei in Deutschland einzigartig. Käsche kenne diese Form so nur noch aus der Schweiz.

Dass Cannabis in deutschen Apotheken unter Vorlage eines Rezepts verkauft werden kann, sei nichts Neues, sagt Thomas Metz, Pressesprecher des Bayerischen Apothekerverbands. Neu ist laut Metz, dass die Droge seit der Teillegalisierung nicht mehr als Betäubungsmittel gilt, sondern wie andere Arzneimittel verschrieben wird. "Das bringt aus bürokratischer Sicht viele Vorteile für die Apotheke", sagt Metz. Protokollierungen, Kontrollen sowie eine separate Lagerung würden dadurch wegfallen.

Positive Wirkung der Droge darstellen

Für die 2000 Patienten, die von dem Cannabis-Angebot in der Helios Apotheke profitieren, hat sich hingegen einiges verändert. Viele von ihnen leiden seit Jahren unter diversen Beschwerden, haben alles Mögliche ausprobiert, und doch nie Erfolg gehabt. Seit der Teillegalisierung seien die Ärzte nun öfter bereit, Rezepte für Cannabis auszustellen, weil nun auch für sie ein hoher Verwaltungsaufwand wegfalle. Und auch wenn die Droge nur die Schmerzwahrnehmung, nicht aber die Ursache bekämpfe, so gibt Cannabis laut Käsche den Patienten ein Stück Lebensqualität zurück.

Und genau das ist das Ziel der beiden Männer: Mit dem Cannabis-Angebot in ihrer Apotheke wollen sie die positive Wirkung der Droge darstellen. Cannabis könne zwar zu einer psychischen Abhängigkeit führen, nicht aber zu einem körperlichen Verfall. "Die Dosis macht das Gift", sagt Käsche. "In der Apotheke bekomme ich alle möglichen Medikamente frei verkäuflich", fährt er fort und nennt als Beispiel unter anderem Schmerztabletten.

Viele Ärzte würden zu ihm kommen und sich Cannabis verschreiben lassen, um es selbst einmal auszuprobieren. Sie wollen wissen, wie es wirkt, bevor sie es ihren Patienten verschreiben. Neben Ärzten besuchen die unterschiedlichsten Leute die Cannabis-Abteilung der Helios Apotheke. "Zu uns kommt der Querschnitt der Gesellschaft – jung, alt, reich, arm", sagt Käsche.

Mehr Toleranz für Cannabis in der Medizin

Auch wenn es jeder Apotheke freisteht, Cannabis zu bestellen und zu verkaufen, ist die Anzahl der Kunden am Ende ausschlaggebend. "Je weniger Kunden man hat, desto höher sind die Einkaufspreise", sagt Käsche. "Wir können lukrativ einkaufen, weshalb wir das Cannabis günstiger anbieten." Demnach kostet das Gramm hier zwischen fünf und zehn Euro. Der Preis auf dem Schwarzmarkt liege in München hingegen bei zehn bis 15 Euro. "Wir sind die einzig wirkliche Alternative zum Schwarzmarkt", sagen Käsche und Mahr. "Das hier ist die legale Möglichkeit, mit Rezept, Cannabis zu erwerben", so Mahr.

Die beiden sind sich einig, dass Cannabis sich besonders im medizinischen Bereich nützlich machen könnte. "Die Akzeptanz dafür wird jedoch noch ihre Zeit brauchen", sagt Käsche. "Wir haben noch einen langen, steinigen Weg vor uns." Die beiden Männer haben vor allem einen Wunsch für die Zukunft: Toleranz. "Wir wünschen uns ein bisschen mehr Toleranz für Cannabis in der Medizin", so Mahr.

Verwendete Quellen
  • Reporter vor Ort
  • Eigene Recherche
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